Forschungseinrichtung PSC: die Moore erforschen, schützen und entwickeln
Moore zählen aufgrund ihrer nassen und damit anaeroben Bodenbedingungen zu den weltweit wichtigsten Kohlenstoffspeichern. In den letzten Jahren ist der Erhalt der Moorböden zunehmend in den politischen Fokus gerückt. Das 2022 neu gegründete Peatland Science Centre (PSC) der HSWT soll die wissenschaftliche Basis für die Moorentwicklung in Süddeutschland und international wesentlich verbessern. Mit dem PSC werden in Kooperation mit den einschlägigen Partnern aus Wissenschaft, Fachbehörden und Umsetzung regional angepasste Lösungen entwickelt.
Hintergrund Moore: Das Thema des Peatland Science Centres
Die Entstehung der Moore basiert auf einem Wasserüberschuss in der Landschaft, entweder als Grundwasser oder als Regenwasser. Die moortypische Vegetation an der Oberfläche baut schneller Biomasse auf als im wassergesättigten Boden abgebaut werden kann. Dadurch akkumuliert die organische Substanz und es bildet sich Torf. Dieser Prozess läuft in gemäßigten und borealen Breiten seit der letzten Eiszeit ab. In naturnahem Zustand wachsen die Moore seither kontinuierlich weiter.
Moore werden hier gleichgesetzt mit der Gesamtheit der organischen Böden, entsprechend internationaler Definition (FAO, IPCC) und wie in der Berichterstattung für die UNFCCC festgelegt.
Moore sind ganz besondere, wasserabhängige terrestrische Ökosysteme mit einer Vielfalt von Funktionen:
- Lebensraumfunktion: Sie bieten Habitate für viele Spezialisten und damit seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Die Moore sind daher ein Schwerpunkt für den Schutz und den Erhalt der Biodiversität.
- Archivfunktion: Aufgrund der Konservierung von Pollen im anaeroben Milieu sind sie ein Archiv für Klima- und Vegetationsgeschichte.
- Regelungsfunktion Wasser: Moore können im Landschaftswasserhaushalt eine ausgleichende Rolle spielen durch Dämpfung von Abflussspitzen und regionale Kühlung über die Verdunstung.
- Regelungsfunktion Stoffhaushalt: Das Wachstum der Moore geht mit der Einbindung von Kohlenstoff einher. Daraus entstehen sowohl pro Flächeneinheit die größten Kohlenstoffspeicher in der terrestrischen Biosphäre, als auch absolut auf globaler Ebene. Die weltweit in Mooren gespeicherte Menge Kohlenstoff wird auf 550 Milliarden Tonnen Kohlenstoff geschätzt, was 30 % des Bodenkohlenstoffs entspricht auf nur 3 % der Fläche. Damit spielen die Moore eine wichtige Rolle im globalen Klimasystem.
- Erholungsfunktion: Im naturnahen Zustand sind die Moore einzigartige Elemente der Landschaft, die Faszination und Begeisterung auslösen.
- Produktionsfunktion: Moore sind in Mitteleuropa die letzten Landschaftsbestandteile, die beginnend ca. 1750 in Kultur genommen wurden. Voraussetzung für die Nutzung war die Entwässerung für verschiedenste Zwecke: Für Torfabbau, land- oder forstwirtschaftliche Nutzung wurde das Wasser aus den Flächen mit Gräben oder Drainagen ausgeleitet. Wird ein Moorboden entwässert, werden die oben genannten Funktionen verändert und die Funktionserfüllung gefährdet. So verliert ein entwässerter Moorboden seine Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern: Der einst in ihm gespeicherte Kohlenstoff wird nun vor allem in Form von CO2 freigesetzt. So können Moore von Kohlenstoffsenken zu Emissionsquellen und damit zu Antreibern des Klimawandels werden.
Steckbrief: Moore in Bayern
Bayern steht mit ca. 220.000 ha Moorböden an fünfter Stelle der moorreichen Bundesländer. Diese Flächen sind heute zu etwa 95% entwässert und werden meist land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Die Tradition der klassischen entwässerungsbasierten Produktion auf 95% der Fläche führt nach den neuesten Ergebnissen aus dem KliMoBay-Projekt zu einem Ausstoß von jährlich ca. 6,7 Mio. t CO2-Äquivalenten. Dies entspricht um die 8% der bayerischen fossilen Gesamtemissionen.
Vor dem Hintergrund der Klimaneutralitäts-Ziele Bayerns bis 2040 müssen in allen Sektoren alle vermeidbaren Emissionen unterbunden und unvermeidbare Emissionen ausgeglichen werden. Dies ist nur unter Einbezug der Moore möglich: Einerseits als Quelle und andererseits als mögliche Kohlenstoffspeicher. Das Stichwort „nature based solutions“ fällt oft in diesem Zusammenhang.
Die Geschichte des PSC: von Kyoto bis Weihenstephan
Das Peatland Science Centre (PSC) geht auf die vor 25 Jahren begonnene Forschung des Leiters Prof. Dr. Matthias Drösler zur Klimarelevanz von Hochmooren am Alpenrand zurück. Ausgangspunkt war die Kyoto Klima-Konferenz 1997, in der die biologischen Senken als Maßnahme zum Klimaschutz sehr umstritten waren und letztlich nicht zugelassen wurden. Es fehlte eine solide Wissensbasis zur Beurteilung des Klimaschutzpotenzials von Mooren. Das lag unter anderem daran, dass die Messung und Modellierung von klimarelevanten Spurengasen in kleinräumigen Ökosystemtypen methodisch noch nicht gelöst war. Voraussetzung dafür war die Entwicklung einer haubenbasierten Messmethode, die in der Folge zum Standard für die Erfassung der Klimarelevanz von Mooren in den DACH Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) wurde.
Bis heute wurden über 40 Forschungsprojekte mit internationalem, nationalem und regionalem Fokus durchgeführt, die wesentlich dazu beigetragen haben, den Kenntnisstand zur Klimarelevanz von Mooren aufzubauen.
Das PSC wurde im Jahr 2022 mit staatlicher Förderung der Regierungsfraktionen im Bereich des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst im Bayerischen Landtag finanziell für die Aufbauphase unterstützt. Es wurde aus der Professur für Vegetationsökologie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) sowie der Forschungsprofessur Klimawandel und Moorökosysteme weiterentwickelt.
Das PSC wird die wissenschaftliche Basis für die Moorentwicklung in Süddeutschland und darüber hinaus wesentlich verbessern und regionale Lösungen anbieten. Der Klimaschutz braucht wissenschaftlich fundierte Lösungen für die Renaturierung, die Wasserstandsanhebung und die Paludikulturen (landwirtschaftliche Nutzung von nassen oder wiedervernässten Moorböden) sowie die Übertragung des Wissens in die praktische Umsetzung.
Die Ziele des Peatland Science Centres
- Weitere Erforschung und Beantwortung zentraler Fragen rund um die Ökosystemfunktionen, insbesondere Klimawirksamkeit, Wasserhaushalt, Biodiversität der Moore, deren Schutz und nasse Nutzungsstrategien (Schwerpunkt Paludikultur)
- Unterstützung des Prozesses zur Klimaneutralität in Bayern und international in Synergie mit weiteren Ressourcen (Biodiversität, Wasserhaushalt und Produktivität)
- Verstetigung der Institution und Absicherung der Moor-Forschungsstation im Freisinger Moos und der ICOS Messstandorte im Schechenfilz und in Mooseurach, denn Moorschutz ist eine Daueraufgabe, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Umsetzungspraxis
- Ausbau des Wissenstransfers und der Hochschullehre in Bezug zu Schutz und nasser Nutzung der Moore
Aufgaben des Peatland Science Centres
Das grundsätzliche Konzept des PSC beruht auf den Säulen Forschung & Monitoring, Lehre & Ausbildung, Politikberatung und Wissenstransfer. Es wird weiterhin projektbasierte Forschung im Bereich Klimarelevanz von Mooren betrieben. Die Säule Monitoring ermöglicht den Weiterbetrieb der wichtigen Langzeit-Monitoring-Infrastruktur von ICOS-Standorten (Integrated Carbon Observation System) wie Schechenfilz oder Mooseurach und der einzigartigen Automatik-Messhaube im Freisinger Moos. Das erworbene Wissen aus laufenden und vergangenen Forschungsprojekten soll nun im Rahmen des PSC verstärkt in die Lehre und in den Wissenstransfer eingebracht werden und so die Umsetzung des Moorschutzes in der Fläche beschleunigen und unterstützen.
Das Peatland Science Centre (PSC) repräsentiert den aktuellen Kenntnisstand für Klimaschutz durch Moorschutz in Synergie mit den weiteren oben genannten Ökosystemfunktionen und entwickelt diesen kontinuierlich weiter. Hier werden die Standards für messbar, berichtbar und verifizierbar (MRV) gesetzt. Zudem entwickelt das PSC dringend erforderliche, innovative und praxistaugliche Lösungen für den Klimaschutz im Moor unter Berücksichtigung der spezifischen Ausgangssituation in Bayern, Süddeutschland und angrenzender Gebiete.
Im Zuge widmet sich das Peatland Science Centre folgenden Themen:
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Regelungsfunktion Klimarelevanz von Mooren
Der Wasserstand regelt den Austausch klimarelevanter Spurengase. Bei naturnahem Wasserstand ist die Stoffbilanz positiv, es wird also mehr CO2 durch Photosynthese aufgenommen als durch Pflanzen- und Bodenatmung abgegeben. Bei Entwässerung dreht sich das Verhältnis um und die Moore werden in Abhängigkeit von den Nutzungen zu den größten CO2-Quellen. Je nach Zustand werden zudem CH4 und N2O emittiert. Daher ist im PSC die Erfassung, Modellierung und Skalierung der Effekte der Klimaentlastung von verschiedenen Landnutzungsoptionen auf Moorboden ein Forschungsschwerpunkt. Dafür werden spezifische Monitoringsysteme erstellt, die eine transparente Erfolgskontrolle der Maßnahmen ermöglichen. Dazu zählen auch Erfolgskontrollen von Wiedervernässungen, also der Nachweis der Klimaschutzleistung in der Fläche, der nur durch das PSC auf wissenschaftlichem Niveau erbracht werden kann.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, KliMoBay, MOORclimb, MOORclimb-II, MoorBewi, MooRe, MoorKulap.
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Regelungsfunktion Wasserhaushalt von Mooren / Wasserstandsmonitoring
Der Wasserstand ist der Schlüssel für die Einschätzung der Funktionserfüllung der Moore. Natürlicherweise liegt der mittlere Jahreswasserstand im Moor bei ca. 10 cm unter Flur. Dieser Wert hat sich auf Basis der langjährigen Forschung des PSC als optimal sowohl für die Etablierung einer typischen Moorvegetation als auch für die Bilanz der Spurengase und damit die Klimawirksamkeit der Moore herausgestellt.
- Wasserstandskarte: In Kooperation mit der TUM entstand im KliMoBay-Projekt eine aktuelle bayernweite Moor-Wasserstandskarte. Hier flossen alle verfügbaren Wasserstandsmessungen ein und wurden mit einem statistischen Modelelansatz auf Bayern hochskaliert.
- Wasserstandsindikation mit Vegetationstypen: Grundsätzlich sollten für die Erfolgskontrolle von Renaturierungsmaßnahmen immer Wasserstandsmessungen vor und nach Maßnahmen durchgeführt werden. Dies ist jedoch nicht immer möglich und nicht immer durchgeführt worden. Zur Abgrenzung des hydrologischen Wirkraumes nach Maßnahmen wird daher zusätzlich die Indikation von Flächen-Wasserständen mit Vegetationstypen eingesetzt. Das PSC berechnet auf dieser Basis dann die prognostizierte Klimaentlastungsleistung im Rahmen der Erfolgskontrolle der Renaturierungsmaßnahmen. Die Weiterentwicklung einer Fernerkundungs-unterstützen Wirkraumberechnung von Wasserstandsänderungen wird bis 2025 getestet.
- Regelungstechniken: Der Schlüssel für die Wiederherstellung der Ökosystemfunktionen ist die Wiedervernässung. Diese ist über verschiedene Regelungstechniken erreichbar: Rückhaltung und Grabenverschluss, regelbare Wehre (Freisinger Moos – FSM), Unterflurbewässerung (FSM, Königsmoos), Drainagenrückhalt (Versuchsstation Karolinenfeld), Überrieselung (Langenmosen), Einleitung (Günzburg).
Zugeordnete Projekte: KliMoBay, MOORclimb, MOORclimb-II, MoorBewi, MooRe, MoorKulap, MOORuse.
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Lebensraumfunktion Biodiversität in Mooren
Moore bieten Lebensraum für viele Spezialisten und damit seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Sie sind daher ein Schwerpunkt für den Schutz und den Erhalt der Biodiversität. Bei einer Nutzungsänderung (z.B. Wiedervernässung und anschließende Umnutzung zu Paludikulturen) müssen die Auswirkungen auf die Biodiversität erfasst und bewertet werden. Ergebnisse aus dem MOORuse-Projekt zeigen beispielsweise, dass verschiedene Artengruppen insbesondere der Fauna sehr von den Paludikulturen profitieren.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, MOORclimb-II, KliMoBay, Alpenmoore
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Produktionsfunktion nasse Bewirtschaftung
Die landwirtschaftliche Nutzung zielt auf Ertrag und Produktivität ab. Diese wird in Mooren mit klassischer Bewirtschaftung nur durch die Entwässerung ermöglicht. Dadurch wird aber die Funktionserfüllung der weiteren Ökosystemfunktionen gefährdet und die Moore werden zu erheblichen Quellen für klimarelevante Spurengase. Zudem führt die Entwässerung zur Moor-Sackung und damit zur Endlichkeit der Bewirtschaftung. Daher ist es das Ziel, mit einer nassen Bewirtschaftung die Produktionsfunktion zu erhalten und für die Bewirtschaftung eine dauerhafte Perspektive zu entwickeln. Hier sind nasse Grünlandbewirtschaftung und insbesondere Paludikulturen wie Rohrglanzgras, Großseggen, Schilf oder Rohrkolben mit hohen dauerhaften Produktivitäten (bis 10 t TM / ha*a) eine Alternative, die zur Bodenwerterhaltung beitragen können. Inwieweit die Paludikulturen diese Produktivität, die im MOORuse-Projekt ermittelt wurde, auch dauerhaft halten können, wird derzeit im NAPALU-Projekt erforscht.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, MoorBewi, MoLaKlim, NAPALU.
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Verwertungsmöglichkeiten
Grünland kann in der nassen Bewirtschaftungsform klassisch verwertet werden, sofern die Energiegehalte durch entsprechende Arten und Sortenwahl gegeben sind. Für Paludikulturen ergibt sich ein weites Spektrum an Verwertungsmöglichkeiten, das sowohl die energetische Verwertung (thermisch und Biogas) als auch die stoffliche Verwertung (Baustoffe, Papierersatz, Torfersatz, Pflanzenkohle etc.) umfasst. Derzeit entwickeln sich die Verwertungsmöglichkeiten sehr dynamisch, denn verschiedenste Firmen suchen nach Ersatz von Holzfaser-basierten Produkten. Einige Produkte sind bereits marktreif, andere werden derzeit weiterentwickelt. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Markteinführung liegt einerseits in einer dauerhaft verlässlichen Abnahme von Paludikultur-Biomasse und andererseits einem schnellen Aufbau von Produktionsstätten. Die Nachfrage nach Paludikultur-basierten Bauplatten, insbesondere in der Baubranche steigt und kann ein wesentlicher Treiber für die Etablierung von Produzenten-Verwerter-Netzwerken werden. Hier wurden im MOORuse-Projekt und werden im MoorBewi-Projekt in Kooperation mit der LfL die Optionen für die Etablierung von Wertschöpfungsketten erforscht.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, MoorBewi, MoLaKlim.
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Ökonomie von Mooren
Nur wenn sich die nasse Bewirtschaftung für die Landnutzer lohnt, werden relevante Flächen in diese Bewirtschaftungsformen überführt. Ein Schlüssel wird das für 2024 erwartete Moorbauernprogramm werden, das die Umstellung zur Nassbewirtschaftung finanziell abfedert. Für die Ermittlung der angemessenen Förderhöhen werden die im MOORuse-Projekt durch das PSC errechneten Deckungsbeiträge einfließen. Die Laufzeit der Förderung sollte dabei möglichst lang sein. So lassen sich einerseits eine bessere Planbarkeit für die Landnutzer erreichen und andererseits die positiven Wirkungen auf die Ökosystemfunktionen so lange wie möglich – im Optimalfall auch dauerhaft – zur Verfügung stellen. Derzeitige Ergebnisse aus dem MOORuse Projekt lassen für bestimmte Produktschienen aus den Paludikulturen eine ökonomisch tragfähige Wertschöpfung erwarten.
Zugeordnete Projekte: MOORuse
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Zertifizierung zum Moorschutz
CO2-Zertifikate können ein Mittel sein, zusätzliche Gelder aus dem privaten Sektor für den Moorschutz zu generieren und dort einzusetzen, wo bisher kein Klimaschutz durch Moorschutz stattfinden kann, weil die Finanzierung fehlt. So können solide konzipierte Zertifikate ein weiteres Werkzeug im Moorschutz sein. Dafür müssen allerdings hohe fachliche Ansprüche mit Kriterien wie Zusätzlichkeit, Permanenz, Monitoring etc. erfüllt werden. In den Projekten am PSC, die sich mit CO2-Zertifikaten aus Moorschutz beschäftigen, werden Konzepte für CO2-Zertifikate erarbeitet, die fachlich die höchsten Ansprüche nach internationalen Standards erfüllen, aber regional Anwendung finden sollen. So können sie die Umsetzung von Moorschutz-Projekten beschleunigen. Dabei werden sowohl Zertifikate für den freiwilligen Markt, als auch für die bayerische Staatsregierung entwickelt, die mithilfe von CO2-Zertifikaten ihre unvermeidbaren Emissionen ausgleichen möchte.
Zugeordnete Projekte: CO2-regio, moorbenefits 2.0 (LENK)
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Handlungsoptionen zum Moorschutz
Klimaschutz durch Moorschutz kann sehr unterschiedlich aussehen. Wichtigster Teil ist die Anhebung des Wasserstandes auf ein naturnahes Niveau, denn nur so können die Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen minimiert werden. Wie allerdings auf der Fläche gewirtschaftet wird, kann von Fall zu Fall eine individuelle Lösung erfordern. So kann eine Wasserstandanhebung auf Grünland mit einer Grünlandextensivierung einhergehen und so einen Klimaschutzeffekt haben. Die Wiedervernässung eines Ackerstandortes kann mit einer Umwandlung zu Grünland oder mit der Etablierung von Paludikulturen kombiniert werden. Denkbar ist außerdem eine Freiflächen-PV-Anlage auf wiedervernässtem Boden, aber nur unter strengen Auflagen: Die Wiedervernässung muss hierbei Bedingung für die Genehmigung einer solchen Anlage sein. Darüber hinaus müssen eine Reihe von naturschutzfachlichen Kriterien berücksichtigt werden (Wiesenbrüterschutz etc.). Ebenso möglich wäre für gewisse Flächen eine Nutzungsaufgabe und anschließende Renaturierung mit hohen positiven Nebeneffekten für die moortypische Biodiversität. So werden detaillierte Szenarien für einen räumlich und inhaltlich differenzierten Klimaschutzpfad für die organischen Böden Bayerns weiterentwickelt.
Moorflächen, die sich im Liegenschaftsbesitz des Freistaates Bayern befinden, sollen als Vorreiter und Best-Practice Beispiele zu Klimaschutzflächen entsprechend den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes entwickelt werden.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, MoorBewi
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Wissenstransfer
Das PSC ermöglicht einen kontinuierlichen Transfer des aktuellsten Standes der Technik und des Wissens zu Klimaschutz und Moorschutz für die Praxis und die Entscheidungsträger. So wird es einen anwendungsorientierten Wissenstransfer über zeitgemäße Kanäle und Plattformen geben wie beispielsweise:
- Homepage
- Factsheets
- Positionspapiere
- Social Media
- YouTube
- Vorträge
- Webinare: Peat Talks – Weihenstephaner Moorgespräche
- Tagungen
- Demonstrationsflächen
- Moorsprechstunde
Darüber hinaus wird Politikberatung durch die wissenschaftlich-fachliche Institution gewährleistet. So wird eine schnellere Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis auf mehreren Wegen unterstützt.
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Lehre und Weiterbildung
Ein Schlüssel für die Beschleunigung des Moorschutzes in der Fläche ist das entsprechende gut ausgebildete Fachpersonal. Hier wird das PSC einen Schwerpunkt in der Lehre legen. Bereits jetzt wird die Forschung des PSC in die Lehre der HSWT intensiv mit eingebunden, etwa im Masterstudiengang Climate Change Management. Hier werden die zukünftigen Expert:innen ausgebildet, die diese staatliche Mammutaufgabe in der Fläche umsetzen können.
Neben der klassischen Lehre mit Vorlesungen, Exkursionen etc. finden auch regelmäßig moorbezogene Abschlussarbeiten im Rahmen von PSC-Forschungsprojekten statt. Darüber hinaus werden hier auch Module (wie z.B. Webinare) vorbereitet, die als Weiterbildung für Fachleute im Moorbereich genutzt werden können. Über diesen Weg kann das PSC den aktuellen Stand der Technik und des Wissens auch in die Umsetzung einspeisen, wie beispielsweise über die Moormanager:innen in Bayern.
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Einsatz und Entwicklung von Spurengas-Messsystemen
Der Schlüssel für die Bewertung der „Regelungsfunktion Klimarelevanz von Mooren“ ist die Erfassung des Austausches der klimarelevanten Spurengase CO2, CH4 und N2O. Denn Klimaschutz durch Moorschutz darf nur auf belastbare Emissionswerte in Abhängigkeit von Wasserstand und Nutzung gegründet werden.
Diese Kernkompetenz des Peatland Science Centres in der Erfassung des Treibhausgas-Austauschs in Mooren geht auf die Entwicklung des manuellen Hauben-Systems bereits im Jahr 1998 zurück (publiziert in Drösler 2005). Dieses Hauben-System wurde zum Standard für die Erfassung der Klimarelevanz von Mooren im deutschsprachigen Raum. So wurde die Haubentechnik im ersten bundesweiten BMBF-Projekt „Klimaschutz Moornutzungsstrategien“ (2006-2010) von allen Partner-Institutionen eingesetzt und ebenso im darauf aufbauenden Thünen-Projekt „organische Böden“. Die Synthese-Ergebnisse dieser Projekte sind nach wie vor die Basis für die nationale Berichterstattung an die Klimarahmenkonvention. Neben der Standardisierung der Messtechnik ist das PSC aber auch in der Standardisierung der Berechnungs- und Modellierungsmethoden aktiv, um die nachfolgende Prozessierung von Konzentrationen über Flussraten zu Jahresbilanzen zu harmonisieren. Hier werden immer umfangreichere R-basierte Automatisierungen in den Berechnungsvorgängen eingeführt.
Manuelle Haubenmessungen haben den Vorteil, flexibel in jeglicher Geländesituation und ohne Stromversorgung eingesetzt zu werden. Andererseits bedarf es aber eines erheblichen Personaleinsatzes, um wöchentlich Methan- und Lachgasmessungen und 2-3 wöchentlich CO2-Messungen durchzuführen. Dennoch bleibt die zeitliche Auflösung limitiert.
Um den Personaleinsatz zu reduzieren, auch hochwüchsige Pflanzen wie Paludikulturen erfassen zu können und höhere zeitliche Auflösungen der Flussmessungen zu erhalten, sind automatische Haubenmesssysteme erforderlich. Das PSC hat im MOORuse-Projekt in Kooperation mit einer Messtechnik-Firma ein weltweit einzigartiges automatisiertes und selbstfahrendes Haubenmesssystem entwickelt, das für hochfrequente Messungen auf 36 Messplots ausgelegt ist.
In mittlerweile 4 Messgebieten setzt das PSC zudem die Eddy-Kovarianz Technik ein. Während die Haubensysteme kleine Flächen sehr genau erfassen können, und damit z.B. Maßnahmen-Effekte, wie Wasserstandsanhebung oder Nutzungsänderungen räumlich hochaufgelöst (0.5-1 m²) identifiziert werden können, hat die Eddy-Kovarianz Technik eine zeitlich sehr hohe Auflösung, aber integriert über viel größere Flächen bis zu Hektaren. Zudem sind hochwüchsige Vegetationstypen wie Wälder nur mit Eddy-Kovarianz-Technik komplett zu erfassen.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, MoLaKlim, ICOS, MoorBewi, KliMoBay
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Forschungsinfrastruktur / Messgebiete
Durch die Schaffung einer dauerhaften Forschungseinrichtung wie dem Peatland Science Centre kann das Monitoring der Moor-Forschungsstation im Freisinger Moos und der ICOS (Integrated Carbon Observation System der EU) Messstandorte im Schechenfilz und in Mooseurach abgesichert werden. Diese Messstationen wurden im Rahmen des Projektes „organische Böden“ eingerichtet. Über das PSC ist die HSWT die einzige Hochschule für angewandte Wissenschaften, die Teil des deutschen ICOS Verbundes geworden ist. Auf der Moorforschungsstation im Freisinger Moos werden verschiedene Fragestellungen erforscht, wie die Etablierungstechnik für Paludikulturen (MOORuse-Projekt), Effizienz der Unterflur-Bewässerung für die Grünlandnutzung und die Klimabilanz (MoorBewi), Effekte des zukünftigen Klimawandels auf die Moore (MOORadapt) und die erste Klimabilanzierung von Anbau-Paludikulturen mittels einer Kombination aus manuellen Hauben und der Automatikmessanlage (MOORuse). Zudem ist das PSC aktuell an verschiedensten Messflächen in Bayern aktiv:
- In Kooperation mit der LfL und der BaySG auf der Versuchstation Karolinenfeld und in Weghaus (Murnauer Moos)
- Im Schwäbischen Donaumoos bei Günzburg (MOORuse, MoorBewi)
- Im Bayerischen Donaumoos bei Lampertshofen (MOORuse, NAPALU)
Derartige Messreihen bilden die Datengrundlagen für die Moorforschung und fließen insbesondere in die immer zuverlässigere Einschätzung der Effekte des Moormanagements auf die Klimawirkung der Moore ein. Sie sind die Grundlage für aktuelle Ergebnisse des PSC wie z.B. die Mooremissionskarte Bayerns.
Zugeordnete Projekte: MOORuse, ICOS, MOORadapt, MoorBewi, MoLaKlim, NAPALU.
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Labor
Das PSC ist ausgestattet mit einem (1) Boden-Pflanze Labor, in dem klassische Parameter wie Trockenmasse, Glühverlust (Aschegehalt), Lagerungsdichte etc. bestimmt werden können. Zudem können gesättigte und ungesättigte hydraulische Leitfähigkeit bestimmt werden. Im (2) Phytokammern Labor werden derzeit in den Klimaschränken Keimversuche, beispielsweise mit Seggen als Paludikulturpflanzen durchgeführt. Im (3) Gaschromatographie-Labor (GC) werden Gasproben, die mit den Gassamellhauben an den Messplätzen im Gelände erfasst wurden, auf ihre CO2, CH4 und N2O Konzentration hin analysiert. Zudem dient das Labor (2) als Testraum für die gesamte Feld-Technik, die hier regelmäßig gewartet, kalibriert, repariert, getestet und umgebaut wird.
Forschungsprojekte
Publikationen
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Kooperationen in laufenden und abgeschlossenen Projekten
Auswahl:
- Biosphärenreservat Engadin
- Campus Alpin des KIT – Garmisch
- Landesamt für Umwelt, Augsburg – Arten- und Lebensraumschutz, Vogelschutzwarte; Regionalstelle Karlshuld; Landesagentur für Energie und Klimaschutz Regensburg
- Landesanstalt für Landwirtschaft Freising – Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau
- Landesanstalt für Wald und Forst – Freising
- Ludwig Maximilians-Iniversität München – Lehrstuhl für physische Geographie und komplexe Umweltsysteme
- Nationalpark Bayerischer Wald
- Technische Universität München – Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement
- Thünen Institut für Agrarklimaschutz – Braunschweig
- Universität Innsbruck – Institut für Geographie - Arbeitsgruppe Boden und Landschaftsökologie
- Universität Wien – Lehrstuhl für Geoökologie
- Universtität Bozen – Working Group Interdisciplinary Landscape Ecology & Ecosystem Restoration
Das Team des Peatland Science Centre
Das Peatland Science Centre (PSC) ist im fakultätsübergreifenden Institut für Ökologie und Landschaft (IÖL) angesiedelt. Hier arbeiten 14 Professor:innen an den Themen Klimaschutz, Biodiversität und Umweltvorsorge forschend zusammen. Das Team des PSC bildet die genannten Kompetenzfelder in großer Breite ab.
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