Präsentation des kurz vor Abschluss stehenden Verbundforschungsprojekts "Alpenhumus" im TUM/HSWT-Kolloquium für Angewandte Ökologie und Planung

Die Projektverantwortlichen im Alpenhumus-Projekt beim gemeinsamen Kolloquium, von links: Verbundprojektleiter Prof. Dr. Jörg Ewald (HSWT), Teilprojektleiter Prof. Dr. Dr. Axel Göttlein (TUM), Projektwissenschaftler apl. Prof. Dr. Jörg Prietzel (TUM), Dr. Michael Kohlpaintner (TUM) und Michelangelo Olleck (HSWT).

Der landläufig als "Alpenhumus" bezeichnete Tangelhumus ist ein wichtiger Sonderstandort der Berg- und Schutzwälder in den ausgedehnten Felsregionen der bayerischen Kalkalpen. Die bis zu einem Meter mächtigen, schwarz gefärbten Humusauflagen speichern große Mengen an Wasser und Nährstoffen. Damit sichern sie das Überleben der Wälder und tragen erheblich zum Hochwasser- und Klimaschutz auf felsigen Standorten bei. Ohne den Alpenhumus verlieren Bäume dort ihr Wurzelsubstrat und die Fähigkeit, vor Muren und Lawinen zu schützen. Doch Klimawandel und Erosion gefährden diesen Standortstyp.

Ein Team der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und der Technischen Universität München (TUM) verfolgt mit dem Projekt "Alpenhumus als klimasensitiver C-Speicher und entscheidender Standortfaktor im Bergwald" die Absicht, Wissenslücken über die Entstehung, Verbreitung und den Zustand des Alpenhumus zu schließen. Anhand von Vorhersagen, wo wie viel Humus vorhanden ist, wollen die Forscherinnen und Forscher aufzeigen, was getan werden kann, um den Alpenhumus zu erhalten – und damit auch alles, was in ihm wurzelt.

Im Rahmen des gemeinsamen Kolloquiums für Angewandte Ökologie und Planung stellten die Wissenschaftler Michelangelo Olleck (HSWT), Michael Kohlpaintner (TUM) und apl. Prof. Dr. Jörg Prietzel (TUM) nun die Ergebnisse des Projekts den Studierenden und einer größeren Anzahl von eingeladenen Forstwissenschaftlern, Vertretern von Forstämtern und Praktikern aus Forstbetrieben vor. Sie konnten die eingangs gestellten Fragen des Forschungsprojekts wie folgt beantworten:

 

Wo kann man Tangelhumus in den Bayerischen Alpen finden?

  • Mächtige Humusauflagen kommen überwiegend auf rückstandsarm verwitterten Kalken/Dolomiten vor. Das Vorkommen kann grob mittels Modellen abgeschätzt werden.

Wie kann man Tangelhumus in den Bayerischen Alpen finden?

  • Auf stark kalkhaltigem Ausgangssubstrat kann säurezeigende Vegetation (Heidekraut- und Bärlappgewächse) zur genauen Lokalisation verwendet werden.

Welche Bedeutung hat er für den Wasserhaushalt?

  • Er hat eine sehr hohe Wasserspeicherkapazität (Ökosystemfunktion, dezentraler Hochwasserschutz).

Sind Ökosysteme mit Tangelhumus stickstoffgesättigt?

  • Die hier untersuchten Standorte sind stickstoffgesättigt (N-Eintrag <= N-Austrag).

Wie viel Kohlenstoff kann Tangelhumus speichern?

  • Tangelhumus kann deutlich mehr Kohlenstoff speichern als andere Waldböden in Bayern.

Wie temperaturintensiv ist Tangelhumus?

  • Hohe Q10-Werte zeigen, dass alle Bodenschichten sehr temperatursensibel sind.

Welche chemischen Humuskennwerte verändern sich systematisch mit dem Umsetzungsgrad der organischen Bodensubstanz?

  • Bei zahlreichen Kennwerten gibt es Veränderungen, zum Beispiel C/N, Delta 13C, Delta 15N, alkyl-C/O-alkyl-C, Gehalt an nicht-cellulosischen Polysacchariden, GM/AX, Gehalt an Aminozuckern

Ermöglichen chemische Humuskennwerte in morphologisch definierten Auflagehorizonten die Identifikation von Standorten mit aufbauender vs. abbauender Humusdynamik?

  • Mehrere Kennwerte ermöglichen dies, z.B. der Gehalt an nicht-cellulosischen Polysacchariden, Gehalt an Aminozuckern, Mur/Gluc, (Delta 15N). Eine Analyse dieser Parameter ist aber kompliziert.

Fazit der Untersuchungen / Empfehlung für die Praxis

Die Förderung des Biomasseeintrags (Belassen von Totholz und Kronenmaterial) sowie die Steuerung der Bodentemperatur durch eine dauerhafte vitale Bestockung, sind essentielle Steuerungsgrößen für die Erhaltung der mächtigen Humusauflagen in den Bayerischen Kalkalpen.

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Die Teilprojekte im Detail ...

Michaelangelo Olleck (HSWT) stellte die gewonnenen Ergebnisse zu Verbreitung und Lokalisation (Makroskala) in den untersuchten fünf Projektgebieten vor. Parameter waren dabei die verschiedenen Höhenstufen, Exposition sowie die verschiedenen geologischen Substrate. Sein Zwischenfazit:

  • Tangelhumus ist in der gesamten Waldstufe anzutreffen (montan-subalpin).
  • Tangelhumus kommt fast ausschließlich auf rückstandsarm verwitterten Kalken/Dolomiten vor.
  • Eine grobe räumliche Vorhersage (Suchkulisse) ist möglich.
  • Tangelhumus kommt oft kleinräumig sehr variabel vor.
  • Säurezeigende Pflanzen wie Heidekraut- & Bärlappgewächse auf Kalk/Dolomit kennzeichnen mächtige Humusauflagen.
  • Totholz spielt in der Humusbildung vermutlich eine wichtige Rolle.

Dr. Michael Kohlpaintner (TUM) präsentierte Ergebnisse der Untersuchungen auf Bestandsebene (Mesoskala). Sein Zwischenfazit in Stichpunkten:

  • sehr hohe Wasserspeicherkapazität (Ökosystemfunktion, dezentraler Hochwasserschutz),
  • N-Austrag erfolgt zum großen Teil in organischer Form,
  • die hier untersuchten Standorte sind stickstoffgesättigt (N-Eintrag = N-Austrag);
  • Stickstoff (N) scheint nicht der limitierende Faktor für den Streuabbau zu sein,
  • ungewöhnlich lange Wärme- und Trockenperioden können zu erhöhter Mineralisation in Tangel-Ökosystemen führen;
  • Tangelhumus kann deutlich mehr Kohlenstoff speichern als viele andere Waldböden;
  • die oberste Humusschicht zeigt sehr hohe Mineralisationsraten,
  • hohe Q10-Werte zeigen, dass alle Bodenschichten sehr temperatursensitiv sind.

Apl. Prof. Dr. Jörg Prietzel (TUM) beschäftigte sich im Rahmen der Alpenhumus-Projektforschung mit der Humuschemie (Mikroskala). Aus seinen Untersuchungen entwickelte er diverse Parameter, die Humusabbau bzw. Humusaufbau indizieren können und kam dabei zu dem Fazit, dass eine Identifikation von abbauender/aufbauender Humusdynamik in organischen Auflagen vermutlich möglich ist. Dazu ist jedoch eine Untersuchung weiterer Standorte mit klar identifizierter Humusdynamik erforderlich. Das Problem dabei ist, dass einfach zu ermittelnde Parameter nicht oder nur schlecht zeichnen. Daher ist eine routinemäßige großflächige Charakterisierung von Humusdynamik anhand bodenchemischer Parameter im Moment unrealistisch. Nachweisbar war ein Humusaufbau mittels chemischer Kennwerte bei längerfristig dichter Bestockung und kühlem Bestandsklima, wie sich am Validierungsstandort Seinsberg bestätigte.

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