HSWT beteiligt sich an der bundesweiten 'Aktionswoche Gebäudegrün' und demonstriert Forschungsergebnisse zu Dachbegrünung und Klimawandel

  • Datum: 13.09.2022
  • Autor: Heinz-Josef Schmitz | Gerhard Radlmayr
Das Foto zeigt das Versuchsfahrzeug TRIOBRID, mit dem die HSWT sowie weitere Kooperationspartner den Einsatz und die Kombination verschiedener Kraftstoffe untersuchen. (Foto: HSWT)

Extensive Dachbegrünungen fit für die Herausforderungen des Klimawandels zu machen war das Ziel eines mehr als 4-jährigen Forschungsprojekts zum intelligenten Bewässerungsmanagement von Gründächern am Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Im Rahmen der Aktionswoche Gebäudegrün vom 19.-24.09.2022, einer vom Bundesverband Gebäudegrün e.V. (BuGG) veranstalteten Image- und Aufklärungskampagne, bietet das Institut für Gartenbau einstündige Führungen zu dem Projekt an. Darin werden die für die Entwicklung und Erprobung des Wassermanagementsystems gebauten Dachbegrünungsmodelle vorgestellt, ein Starkniederschlagsereignis simuliert und die erzielbaren Klimaeffekte näher erläutert.

Am Dienstag, 20.09. und Mittwoch, 21.09. finden jeweils um 10.00 und um 15.00 Uhr offene Führungen ohne Anmeldung statt. Führungen für Gruppen (ab etwa 15 Personen) werden in der restlichen Woche nach individueller Terminvereinbarung angeboten (Kontakt: Dieter Lohr). Treffpunkt ist auf dem Parkplatz vor dem Bistro 'Orangerie' (Am Staudengarten 11, 85354 Freising).

Hintergrund des Projekts

Derzeit sind extensive Dachbegrünungen in der Regel als Trockenstandorte gestaltet. Die Substratschicht ist nur wenige Zentimeter stark und sehr gut wasserdurchlässig, die Begrünung besteht aus trockenheitsadaptierten Pflanzen wie Sedum. Auf Grund ihres Konstruktionsprinzips haben diese Dächer v.a. bei Starkregen nur ein geringes Wasserrückhaltevermögen. In trockenen und heißen Phasen fehlt das Wasser, um städtischen Hitzeinseln durch Verdünstungskühlung etwas entgegenzusetzen. In den letzten Jahren wurden deshalb bereits neuartige extensive Dachbegrünungen entwickelt, die eine deutlich größere Klimawirkung haben. Zum einen werden anstelle von Sedum und ähnlichen Pflanzen verdunstungsstarke Gräser und Stauden verwendet, die über Tropfschläuche mit Wasser versorgt werden. Zum anderen wird in sogenannten Retentionsdächern unterhalb des Begrünungssystems ein Gitterelement eingebaut, in dem Wasser temporär zurückgehalten werden kann.

Allerdings besteht bei diesen neuartigen Dachbegrünungssystemen ein Zielkonflikt zwischen der Maximierung des Wasserrückhalts und der Maximierung der Verdunstungskühlung. Während für ersteres das Substrat möglichst trocken sein sollte, erfordert zweiteres eine durchgängig hohe Wasserversorgung der Vegetation. Zudem stellt sich die Frage nach einem nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser, eine Herausforderung, die durch die diesjährige Sommertrockenheit verstärkt in den Fokus gerückt ist.

Zielsetzungen und Vorgehensweise

Im Rahmen des vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung und durch die ZinCo GmbH unterstützten Forschungsprojekts entwickelten die Wissenschaftler:innen der HSWT ein adaptives und sensorgestütztes Wassermanagementsystem für neuartige extensive Dachbegrünungen. Dieses sollte den Zielkonflikt zwischen Wasserrückhalt und Verdunstungskühlung lösen helfen und dabei möglichst nachhaltig mit der Ressource Wasser umgehen. Für die Bewässerungssteuerung wurde eine Entscheidungsmatrix entwickelt. Diese berücksichtigt zum einen den aktuellen Wasserversorgungszustand der Begrünung über kapazitive Fühler. Zum anderen wird dessen mittelfristige Entwicklung mittels Vorhersagedaten zur meteorologischen Wasserbilanz sowie Prognosemodellen für die Evapotranspiration von Dachbegrünungen in Abhängigkeit vom Versorgungszustand modelliert. Auch die aktuelle thermische Belastung und die zur Verfügung stehenden Wasserressourcen werden in der Entscheidungsmatrix berücksichtigt.

Mithilfe einer Parametrisierung der verschiedenen Einflussgrößen kann die Bewässerungsstrategie an das jeweils vorrangige Ziel (Wasserrückhalt, Verdunstungskühlung, Wassernutzung) angepasst werden. Bei der Entwässerung des Dachs mussten zwei Aspekte berücksichtigt werden. Einerseits wurde eine aktive Regulation des Wasserrückhalts während eines Niederschlagsereignisses erprobt, um so den Wasserrückhalt zu maximieren. Andererseits wurde die Regulation des Wasservorrats im Retentionselement optimiert. Dort kann nun das Wasser im Gegensatz zu bisherigen Retentionsdächern längerfristig gespeichert und gezielt für die Bewässerung genutzt werden. Durch eine neu entwickelte Schnittstelle zur automatisierten Auswertung der radarbasierten Niederschlagsvorhersage des Deutschen Wetterdiensts kann rechtzeitig eine entsprechende Menge Wasser aus dem Retentionselement abgelassen werden. Damit ist es möglich, insbesondere das Risiko urbaner Sturzfluten als Folge kleinräumiger Unwetter zu reduzieren.

Positive Erfahrungen

Die über zwei Jahre hinweg durchgeführten Messserien zeigen, dass mit dem Wassermanagementsystem die thermische Belastung maßgeblich reduziert werden kann. So lag die Temperatur in einem gut bewässerten Gründach 10 bis 15 °C niedriger als in einem ausgetrockneten Sedumdach. Gleichzeitig konnte durch die aktive Regulation des Regenwasserabflusses das Wasserrückhaltevermögen um ein Vielfaches gesteigert werden. In Verbindung mit Retentionselementen kann so selbst bei Extremniederschlägen die gesamte Regenmenge zurückgehalten werden.

  • Versuchsanlage im Sommer 2021 (Foto: HSWT)
  • Niederschlagssimulator (Foto: HSWT)
  • Schematischer Aufbau der Dachbegrünungsmodelle (Schema: HSWT)

Ähnliche Beiträge