Debarking Heads (Entrindende Harvesterfällköpfe) stärken das Ökosystem Wald und entspannen den Holzmarkt durch Borkenkäferprävention

  • Datum: 23.07.2020
  • Autor: Caroline Bennemann | Gerhard Radlmayr
Das Bild zeigt eine Holzfällmaschine mit einem Debarking Head Prototyp (H480C Aggregat von der Firma John Deere) in Aktion bei der Entrindung eines Stammes im Wald.

Sogenannte Entrindungsaggregate wurden für die Plantagenwirtschaft mit Eukalyptus-Arten auf der Südhemisphäre entwickelt und sind dort auch schon länger im Einsatz. Damit ist eine Entrindung der Stämme bereits während der Aufarbeitung auf oder neben der Rückegasse möglich. Die Forschungsidee und Zielsetzung beim ersten Projekt Debarking Heads (Laufzeit 2014 bis 2017) an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf unter Leitung von Prof. Dr. Stefan Wittkopf war es, kombinierte Fäll- und Entrindungsköpfe, sogenannte Debarking Heads, unter mitteleuropäischen Waldverhältnissen zu modifizieren und zu testen. Der Hauptaugenmerk lag dabei auf der Minimierung des Nährstoffaustrags durch Holznutzung. Im Folgeprojekt, das noch bis Juli 2021 läuft, liegt der Schwerpunkt auf der Logistikkette von entrindetem Holz. In beiden Projekten ist das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) Kooperationspartner.

Dazu wurden Entrindungswalzen statt konventioneller Vorschubwalzen entwickelt, deren Umrüstung grundsätzlich an allen Aggregaten möglich ist. Der Stamm wird in voller Länge durch das Aggregat gelassen, durch die Entrindungswalzen mit schräg angebauten Stegen wird die Rinde aufgedrückt und die Entastungsmesser können die Rinde abtragen. Die Entrindungsprozente liegen im Sommer bei Saftfluss im Mittel bei 84 %, im Winter lediglich bei 56 %. Die Vorteile eines Einsatzes von Debarking Heads sind vielfältig. Die Rinde und somit die rindengebundenen Nährstoffe bleiben im Bestand und werden nicht aus dem Ökosystem ausgetragen. Durch die insektizidfreie Borkenkäfer-Prävention des Verfahrens entspannt sich der Absatzdruck bei der Holzabfuhr und -vermarktung. Weiterhin erfolgt die Verbrennung von Holz vollständiger als die von Rinde. Somit entsteht weniger Asche und Feinstaub. Nicht zuletzt werden Transportmasse und -volumen reduziert und dadurch Kraftstoff eingespart.

Ein Debarking Head im Einsatz sowie Projektergebnisse wurden bei der letzten KFW-Tagung im Sommer 2016 vorgestellt. Dies wird ebenso bei der nächsten KFW-Tagung im Sommer 2021 der Fall sein.

Borkenkäferprävention

Besonders in Borkenkäferjahren bringt der Einsatz von Debarking Heads viele Vorteile mit sich. Eine Entrindung zwischen Januar und Oktober bei weißen Stadien wird von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) aus Waldschutzgründen empfohlen. Mit den Debarking Heads ist dies einfach umsetzbar. Dadurch wird den rindenbrütenden Insekten der Brutraum entzogen, sie entwickeln sich nur begrenzt weiter und fliegen nicht aus. Das ergab eine Bachelorarbeit, bei der Rinde aus der Aufarbeitung eines Käferlochs unter zeltartige Fallen, sogenannte Eklektoren, gelegt wurde, um flugfähige Insekten zu fangen.

Verbreitung von Debarking Heads

Deutschlandweit sind derzeit rund 40 Debarking Heads im Einsatz. Eine im Rahmen des Projekts entwickelte und im Mai 2020 online gestellte Karte hat zum Ziel, alle beteiligten Unternehmen dort aufzuführen: http://dh2.kwf-online.de/

Akzeptanz der Sägeindustrie

Manche Holzabnehmer sträuben sich gegen entrindetes Holz. Die deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH) steht Debarking Heads sehr kritisch gegenüber. Dabei werden verschiedene Argumente gegen den Einsatz von Entrindungsaggregaten ins Feld geführt. Zum Beispiel wurde in den letzten Jahren die Rinde ohne Mehrkosten an die Abnehmer mitgeliefert. Mit dieser wurden dann z.B. Trocknungsanlagen in Sägewerken beheizt oder die Rinde wurde zu Rindenmulch verarbeitet und verkauft.

Exkurs: Erfolgreiche Dissertation von Joachim B. Heppelmann

Joachim B. Heppelmann war der maßgebliche wissenschaftliche Mitarbeiter von Prof. Dr. Stefan Wittkopf in den beiden Debarking Heads Projekten. Im Oktober 2015 hatte er seine Promotion begonnen und beim Rigorosum am 14. Mai 2020 erfolgreich verteidigt. Das Thema der Dissertation lautete: "Modifying conventional harvesting heads: a technical approach to in-stand debarking under Central European conditions". Corona-bedingt fand das Rigorosum online statt, zugeschaltet waren Teilnehmer aus drei Ländern und zwei Zeitzonen.

Joachim B. Heppelmann ist seit November 2019 bei der norwegischen Forschungsanstalt NIBIO (The Norwegian Institute of Bioeconomy Research) tätig und arbeitet dort als Post Doctor in dem Projekt "Tech4Effect".

Prof. Dr. Eric R. Labelle, ehemaliger Inhaber der Professur für forstliche Verfahrenstechnik an der TUM, ist sein Doktorvater und nun seit November 2019 als Professor für Holzernte und Waldarbeit an der Université Laval in Québec, Kanada, tätig.

Prof. Dr. Stefan Wittkopf, Professor für Holzenergie an der Fakultät Wald und Forstwirtschaft der HSWT, leitet die beiden Forschungsprojekte, war Betreuer dieser kooperativen Promotion seitens der HSWT und gleichzeitig einer der Prüfer der Dissertation.

  • Der Screenshot aus http://dh2.kwf-online.de zeigt eine frei zugängliche Karte mit einem Teil der Debarking Heads, die in Deutschland im Einsatz sind. Es sind jeweils Kontaktdaten des Forstunternehmers hinterlegt. Erstellt von Caroline Bennemann am 18.06.2020.
    Frei zugängliche Karte mit einem Teil der Debarking Heads, die in Deutschland im Einsatz sind. Es sind jeweils Kontaktdaten des Forstunternehmers hinterlegt. Screenshot aus der Online-Karte http://dh2.kwf-online.de, erstellt von Caroline Bennemann am 18.06.2020
  • Das Bild zeigt den Doktorhut aus Eichenfurnier für Joachim B. Heppelmann mit Modellen zu entrindendem Harvester, Fichtenpolter und Fichtenrinde sowie Bauteilen der Entrindungswalzen (braune Streifen) usw.
    Doktorhut aus Eichenfurnier für Joachim B. Heppelmann mit entrindendem Harvester, Fichtenpolter und Fichtenrinde sowie Bauteilen der Entrindungswalzen (braune Streifen) usw.

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