Prüfsysteme für landwirtschaftliche Betriebe: Wie gut sind sie aktuell?

  • Datum: 13.12.2019
  • Autor: Fakultät Landwirtschaft, Lebensmittel und Ernährung
Dr. Michael Krappmann, Geschäftsführer des ZFW, erhält die Urkunde im BMWi-Wettbewerb 'EXIST-Potentiale' von Dr. Sabine Hepperle, Leiterin der Abteilung Mittelstands­­politik im BMWi - Foto: BMWi/Bildkraftwerk/Peter-Paul Weiler

Weihenstephan - Zum Thema "Schwarze Schafe in der Landwirtschaft -Wie gut sind unsere Prüfsysteme?" fand Anfang Dezember der diesjährige Praxistag der Triesdorfer Schulen statt. Organisiert wurde er dieses Jahr von der Fakultät 'Landwirtschaft, Lebensmittel und Ernährung' der HSWT. Federführend war Professor Johannes Holzner zusammen mit seinem Team. Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung durch die "Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V.".

Bei seiner Begrüßung der rund 500 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer ging Holzner auf die Aktualität des Themas ein. Gegenwärtige Skandale sowie die gesellschaftliche Stimmung werfen die Frage auf, wie gut unser Prüfsystem aufgestellt ist und wie es im Detail funktioniert.

Es herrscht Aufklärungsbedarf

Bei einer Online-Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern kam zum einen heraus, dass nur rund 3% der Befragten einen umfassenden Überblick über die für sie relevanten Vorschriften haben. Der überwiegende Teil (87%) hat noch einen teilweisen Überblick, während immerhin schon 10% angeben, keinen Überblick mehr zu haben. Bei einer weiteren Frage gaben rund 90% der Teilnehmer an, dass Sie bereits eine Kontrolle auf ihrem Betrieb hatten. Insgesamt bewerten rund 86% diese Kontrollen als sachlich und in Ordnung. Jedoch empfanden 14% der Teilnehmer diese als intransparent und ohne Praxisbezug.

Praxis des Kontrollsystems im Wandel der Zeit

Wie das Kontrollsystem umgesetzt wird, erläuterte Albert Reyhofer, beim Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) im Bereich des Prüfwesens tätig. Speziell ging er auf die Flächenkontrollen ein, wobei die automatisierte Auswertung von Luftbildern eine immer größere Rolle spielt. Mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) soll dieses Hilfsmittel intensiver zum Einsatz kommen, aktuell laufen praktische Versuche dazu.

Darüber hinaus erläuterte er, wie die Auswahl der jährlich kontrollierten Betriebe stattfindet. Dies funktioniert zum einen über verschiedene Risikofaktoren, mit denen Betriebe bewertet werden und zum anderen über wechselnde Regionen, die im Wechsel geprüft werden. Grundsätzlich werden 5% der bayerischen Betriebe einer Flächenkontrolle unterzogen. Diese findet aktuell via Luftbildauswertungen und Betriebsbesuchen statt.

In einem kurzen Ausblick stellte er auch das für die zukünftige Kontrolle geplante Monitoring vor. Hier soll es zu weniger Kontrollen vor Ort kommen und die Landwirte sollen vom System automatisierte Mitteilungen bekommen, auf die Sie reagieren können.

Die Arbeit der Prüferinnen und Prüfer

Den zweiten Vortrag des Vormittags hielt Birgit Alberts. Sie ist Leiterin des Prüfteams am 'Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weißenburg'. Dies ist eines der sechs Prüfteams, welche über Bayern an den AELF´s verteilt sind. Den Prüfteams obliegt nicht nur die Kontrolle der Flächen, sondern auch die Kontrolle nach Cross Compliance. In ihrem ausführlichen Vortrag gab Alberts immer wieder Beispiele, welche Verstöße sie und ihre Kolleginnen und Kollegen auf den Betrieben vorfinden. Grundsätzlich sind die Kontrollen sehr umfangreich und mit viel Aufwand verbunden. Allerdings legte sie Wert darauf, zu betonen, dass bei der Prüfung in manchen Punkten ein gewisser Ermessensspielraum bestehe. Dieser könne aber nachvollziehbar nicht bei gravierenden oder wiederholten Verstößen angewandt werden. Entscheidend ist ihrer Ansicht nach auch, dass der Wille des Landwirts zur Einhaltung erkennbar ist. Dazu gehöre aber auch, dass die Flächen durch den Landwirt regelmäßig auf korrekte Abgrenzung geprüft werden.

In der Kritik: Fehlende Prüfzyklen für rinderhaltene Betriebe

Dritte Redner war Dr. Ralf Zechmeister, Veterinär am Landratsamt Ansbach. Von dort aus werden die Kontrollen der Lebensmittel- und Landwirtschaftsbetriebe im Landkreis durchgeführt. Er erklärte anschaulich, wie sich das Verhältnis von Lebensmittel- zu Veterinärkontrollen darstellt. Für die Lebensmittelbetriebe gibt es klare Regelungen zur Prüfhäufigkeiten anhand von Risikoeinstufungen (AVVRüb). Diese Vorgaben fehlen für tierhaltende Betriebe zum Teil: Während es für geflügel- und schweinehaltende Betriebe ab einer gewissen Tierzahl vorgeschriebene Prüfzyklen gibt, ist dies bei rinderhaltenden Betrieben nicht der Fall. Alle Kontrollen im Rinderbereich sind nach Angabe von Zechmeister anlassbezogen - etwa bei Meldungen vom Milchprüfring, den Schlachtbetrieben oder privaten Anzeigen. Diesen Meldungen wird dann in der Regel innerhalb weniger Tage nachgegangen.

Auf Grund der nur anlassbezogenen Prüfungen kommt es laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung in einem tierhaltenden Betrieb im Schnitt nur alle 48 Jahre zu einer Kontrolle durch einen Veterinär. Diese Quote sieht auch Zechmeister sehr kritisch und würde sich hier regelmäßigere Kontrollen wünschen. Allerdings müsste hierzu auch das entsprechende Personal zur Verfügung stehen.

An der anschließenden, von Professor Holzner moderierten Podiumsdiskussion beteiligte sich das Auditorium rege mit Fragen. Etwa der, ob es bei bereits "überführten Landwirten", welche gegen Auflagen verstoßen haben, zu erhöhten Prüffrequenzen komme. Diese Frage wurde von den Rednern verneint.

Die hohe Anzahl an Gästen sowie die aktive Beteiligung an der Veranstaltung zeigten die Aktualität des Themas für Landwirtschaft und Öffentlichkeit.

Ähnliche Beiträge

zurück
Mehr