DigiDays in Triesdorf: Blick in die digitale Zukunft der Landwirtschaft

Links vorne roter Mähdrescher groß im Bild, im Hintergrund eine Handvoll Personen auf dem Feld, denen ein Referent etwas erklärt
© HSWT

Verantwortliche des Forschungsprojekts DIABEK boten im Juni am Campus Triesdorf der HSWT mit den ersten „DigiDays“ eine Plattform für Wissenstransfer und Austausch im Bereich digitale Landwirtschaft.

Mehr als 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hochschulen, Wissenschaft, Agribusiness und landwirtschaftlicher Praxis nutzten die Gelegenheit, umfassende und unterschiedlichste Blickwinkel auf die digitale Zukunft der Landwirtschaft  einzunehmen und sich darüber auszutauschen. Die zweitägige Fachkonferenz wurde in Zusammenarbeit mit den Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf (LLA) organisiert.

Der erste Tag stand ganz im Zeichen von „Precision Farming“. Die Forschenden aus dem seit 2019 laufenden Projekt DIABEK unter Leitung von Prof. Dr. Patrick Noack präsentierten ein gemischtes Bild: Es klinge sinnvoll und plausibel, Dünger, Pflanzenschutzmittel und Saatgut differenziert nach Bodenqualität auf einem Acker auszubringen, jedoch stecke der Teufel aber auch hier im Detail, es sei auch für die Wissenschaft schwierig, die konkreten Vorteile auszumachen. Zudem sind die Effekte sehr jahresabhängig, denn ein schlechterer Boden reagiert in trockenen Jahren stärker mit Ertragsrückgängen als in feuchten. Dennoch konnten in vielen Fällen klare Vorteile dieser „teilflächenspezifischen Bewirtschaftung“ für Umwelt, Klima und den Geldbeutel der Landwirt:innen aufgezeigt werden.

Digitalisierung kann auch helfen, Umweltzusammenhänge besser zu verstehen. So wird in einem Teilprojekt ein System entwickelt, mit dem sich das Vorkommen von Insekten digital bestimmen lässt. Damit sind zielgerichtete Artenschutzmaßnahmen wie z. B. die Anlage von Blühstreifen möglich und die tatsächlichen Effekte auf Insekten besser nachvollziehbar. Auch bei der Entscheidungsunterstützung im Pflanzenbau kann z. B. eine digitale Assistenz, ähnlich wie ChatGPT, dazu beitragen, dass die Ausbringung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln noch besser an den Bedarf der Pflanzen angepasst wird, frei nach dem Motto „so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig“.

Bei den nachmittäglichen Demonstrationen zum Bereich Precision Farming konnten die Teilnehmenden die technischen und pflanzenbaulichen Herausforderungen der Präzisionslandwirtschaft direkt auf dem Feld besser verstehen lernen. Beim Kaminabend des ersten Tages gab es in lockerer Atmosphäre rege Diskussionen zu Vergangenheit und Zukunft von Digitalisierung in der Landwirtschaft zwischen Vertreter:innen aus Wissenschaft, Unternehmen und landwirtschaftlicher Beratung. Prominentester Vertreter auf dem Podium war Markwart von Pentz, ranghöchster Europäer im weltweit größten Agrartechnikunternehmen John Deere. Das Unternehmen hat sich ganz den Potenzialen von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz verschrieben und sieht dadurch sowohl neue Wachstumsmöglichkeiten als auch Chancen für Umwelt und Klima. Von Pentz sieht in der höheren Präzision und Intelligenz der Landwirtschaft von morgen eine große Chance, den globalen Zielkonflikt aus höherem Lebensmittelbedarf bei gleichzeitig geringerer Auswirkung auf Umwelt und Klima zu lösen.

Der zweite Tag der „DigiDays“ legte den Fokus auf die Zukunft. Die Expert:innen vermittelten Einblicke und gaben Prognosen ab, wie künstliche Intelligenz (KI) den Ackerbau bis 2035 verändern könnte. Prof. Dr. Torsten Schön, TH Ingolstadt, und Prof. Dr. Patrick Noack, HSWT, referierten über Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen von KI. Sie sehen KI einzig als Werkzeug, das Landwirt:innen dabei unterstützt, fundiertere und präzisere Entscheidungen zu treffen. KI soll in keinem Fall als Ersatz für menschliches Wissen und Erfahrung dienen.

Prof. Dr. Bernhard Bauer und Prof. Dr. Sabine Andert, HSWT, stellten im Anschluss digitale Perspektiven aus Sicht des Pflanzenbaus vor. Die KI-Anwendung „Spot Spraying“ zum Beispiel kann mittels Bilderkennung Unkräuter und Kulturpflanzen unterscheiden Damit können Unkrautbekämpfungsmittel vollautomatisch und punktgenau nur da ausgebracht werden, wo auch Unkräuter stehen, anstatt ein ganzes Feld mit einem Herbizid zu behandeln, was in Summe zu einer Pflanzenschutzmittelreduktion um mehr als 50 % führt. Erste Maschinen mit dieser Technologie sind gerade in der Markteinführung.

Auch die Auswirkungen von KI auf die landwirtschaftliche Betriebsführung waren Thema auf den Triesdorfer „DigiDays“. Die Diskussionsteilnehmer:innen beschäftigte die Frage, ob bald der autonome Betrieb kommt, der mit Feldrobotern und nach Anweisungen von ChatGPT gesteuert wird? Sie waren sich jedoch einig, dass KI zwar helfen kann, Betriebe effizienter zu führen, dass Menschen aber noch lange unverzichtbar bleiben. Norbert Bleisteiner, Leiter des Triesdorfer Fachzentrums für Energie und Landtechnik, machte deutlich: „Die Potenziale der Digitalisierung können nur gehoben werden, wenn wir die Menschen in der Landwirtschaft mitnehmen. Hierfür ist eine solide und kontinuierliche Aus- und Weiterbildung essenziell.“

Fazit

Die ersten Triesdorfer „DigiDays“ haben gezeigt, welche Möglichkeiten durch Digitalisierung und KI in der Landwirtschaft bestehen und welche Potenziale noch gehoben werden können. Am Ende sind diese Technologien aber auch nur ein Baustein neben vielen, um die Landwirtschaft zukunftsfest zu machen.

  • Eine Handvoll Personen steht um einen Schaukasten, der landwirtschaftliche Flächen und Bearbeitung durch Maschinen zeigt
    Besucher:innen des DigiDays begutachten ein Modell zur Digitalisierung © HSWT
  • Mann in Jeans und hellem Hemd erklärt einer Besuchergruppe etwas, im Hintergrund eine Wiese und hohe Bäume
    Markus Heinz, Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf, bei einer Führung anlässlich der DigiDays © HSWT
  • Vier Männer und eine Frau sitzen an einem Tisch vorne im Hörsaal, Frau spricht gerade in ein Mikrofon, Zuhörer sitzen mit Rücken zur Kamera
    Podiumsdiskussion bei den DigiDays, v.l.: Matthias Lech, Anna Kicherer, Frank Brunn, Matthias Nachtmann, Markwart von Pentz © HSWT
  • Drei Männer, einer mit Mikrofon sitzen am Podium und diskutieren vor den Augen der Teilnehmenden
    V.L.: Prof. Dr. Peter Breunig moderiert die Podiumsdiskussion mit Norbert Bleisteiner, Gerd Schonder, Josef Stangl (nicht mehr im Bild) © HSWT
  • Frau mit roter Hose und weißem Shirt steht in Blickrichtung zu den Zuhörern in einem Hörsaal und spricht in ein Mikrofon
    Prof. Dr. Sabine Andert, HSWT, bei ihrem Vortrag zu digitalen Perspektiven aus Sicht des Pflanzenbaus © HSWT

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