Thomas Lohrer
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Thomas Lohrer

„Es macht mir Spaß, Wissen für verschiedene Lerntypen aufzubereiten“

Man kann Thomas Lohrer durchaus als Pionier der digitalen Methoden in der Wissensvermittlung bezeichnen. Zu einer Zeit, als in Deutschland nur knapp sechs Prozent der Bevölkerung ein Smartphone besaßen und sich mit Spotify der erste große Audio-Streamingdienst gerade mal die Kinderschuhe zuband, veröffentlichte der studierte Gartenbauer wöchentlich seinen Podcast „Pflanzenschutz im Gartenbau“. Rund 140 Folgen gingen in den Jahren 2008 bis 2011 online, bei den European Podcast Awards 2010 wurde die Sendung in der Kategorie „Non Profit“ für Deutschland auf Platz zwei gewählt. „Um die Jahrtausendwende hatte ich angeregt, im Studiengang Gartenbau ein neues Wahlfach zum Thema Neue Medien anzubieten: Wie recherchiere ich Daten im Netz, wie fotografiere ich digital, solche Dinge. In diesem Zusammenhang habe ich mich sehr intensiv mit neuen Formaten beschäftigt und dabei unter anderem Podcasts entdeckt“, erinnert sich der Leiter des Pflanzenschutzlabors der HSWT und betont: „Ohne das engagierte, abteilungsübergreifende Team und die intensive Unterstützung seitens der EDV wäre es nicht möglich gewesen, den Podcast umzusetzen.“

Seiner Zeit oft voraus

Nicht nur Podcasts nutzt Thomas Lohrer in der Wissensvermittlung, er bereitet Inhalte generell bevorzugt multimedial auf und ist dabei nicht selten Vorreiter. „Von Anfang an war es mir wichtig, Wissen möglichst effektiv abrufbar zu machen und für verschiedene Lerntypen aufzubereiten. Je mehr ich mich mit den verschiedenen Möglichkeiten beschäftigt habe, desto häufiger habe ich mir gedacht, Mensch, da müsste man doch auch dieses und jenes einbauen können, und so wurde es immer multimedialer“, sagt er. Die stete Weiterentwicklung von Technik und Internet tat ihr Übriges dazu. Den Anfang machte eine CD mit Informationen zu Pilzkrankheiten an Gemüse für Studierende und Fachleute, es folgte ein Online-Kurs zu Schaderregern an Gehölzen, dann fanden erste Online-Kurse im Blended-Learning-Format für Beschäftigte im Gartenbau statt.

Nicht immer waren die Zielgruppen sofort offen für die neuen Angebote, Lohrer und sein Team leisteten wertvolle Überzeugungsarbeit. „Was haben wir uns damals die Finger wundtelefoniert, um die Vorzüge unserer Online-Kurse schmackhaft zu machen“, erinnert sich Lohrer schmunzelnd. Für ihn ist klar: „Man muss die Leute da abholen, wo sie stehen.“ Das gilt auch für den kostenfreien Onlinekurs zum Pflanzenschutz, den Lohrer gemeinsam mit seinem Team als OPEN vhb-Kurs für die Virtuelle Hochschule Bayern konzipiert hat und der im vergangenen Jahr als zukunftsweisendes digitales Bildungsmedium mit der Comenius-EduMedia-Medaille ausgezeichnet wurde. Das schönste Feedback ist für Lohrer aber dasjenige, welches er direkt von Nutzerinnen und Nutzern bekommt: „`Ihre Stimme kenne ich doch´, hat mich mal jemand auf einer Pflanzenschutztagung angesprochen. Es stellte sich heraus, dass er ein treuer Hörer meines Podcasts war.“

Pflanzenschutz als Steckenpferd

Seit 1994 ist Thomas Lohrer an der HSWT angestellt, beziehungsweise war er zunächst an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau tätig, die später über die Forschungsanstalt für Gartenbau in die Hochschule integriert wurde. Er schätzt hier unter anderem die Freiräume, die es ihm erlauben, in unterschiedliche Bereiche reinzuschnuppern und Ideen auszuprobieren. „Hinzu kommt das tolle Team“, erzählt der gebürtige Bonner, „in dem ich übrigens der einzige Mann bin.“

Sein Steckenpferd war schon immer der Pflanzenschutz, bereits während seines Studiums in Osnabrück und Hannover fokussierte er sich vor allem auf diesen Bereich. Bereits früh verband er diese Leidenschaft mit der Fotografie und der Redaktion von Texten, was ihn bis heute begeistert. So ist im Laufe der Jahre eine ganze Reihe an Fachbüchern zu Schaderregern und Nützlingen erschienen.

Schädlinge in der virtuellen Welt

Und in welche Richtung werden sich die neuen Medien in Sachen Pflanzenschutz entwickeln? „Ich denke, da wird sich insbesondere bei der Diagnose und der Wissensvermittlung noch einiges tun. So kann ich mir gut vorstellen, dass in nicht allzu ferner Zukunft eine Fachperson, die beispielsweise einen Schädlingsbefall diagnostizieren soll, die Pflanze mit einer Spezialbrille in einer Augmented oder Virtual Reality begutachten wird. In der Lehre ist Blended Learning mit seinen unterschiedlichen Facetten ja schon heute sehr weit verbreitet und ich denke, in diese Richtung wird es auch weitergehen.“

Jenseits der Arbeit geht es bei Thomas Lohrer eher analog zu, und zwar unter anderem auf dem Tanzparkett. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin übt er sich seit rund fünf Jahren in den Standardtänzen und in ausgefalleneren Paartänzen wie West Coast Swing. „Dabei kann ich eigentlich gar nicht tanzen, ich bin doch ein Kopfmensch“, lacht der 57-Jährige. Wenn er nicht selbst übers Parkett fegt, sitzt er gerne beim Kabarett im Publikum, auch für Theater und Volkstheater begeistert sich der Rheinländer bereits seit frühen Kindertagen. Es gibt also einiges, worauf sich Thomas Lohrer nach dem Ende der derzeitigen Coronasituation freut – denn auf einer Onlineplattform über Pflanzenschutz lernen funktioniert zwar gut, Tanz und Theater brauchen aber Holzboden.