Naturstoffe aus Blaualgen
  • Thema Forschungsportrait

Naturstoffe aus Blaualgen

Algen und Blaualgen (Cyanobakterien) zeichnen sich oft durch ausgefallene Stoffwechselprodukte aus. So enthalten die Algenöle der Fetttröpfchen in hoher Konzentration mehrfach ungesättigte Fettsäuren (w-6, w-3). Daher  interessiert man sich für sie als Ersatz für Fischöle, deren Menge im Sinken und deren Preis wegen reduzierter Fangmengen im Steigen begriffen ist. Auch sonst sind Algen ein Hort seltener Moleküle. Insbesondere die Blaualgen sind auch in Verruf geraten durch sehr toxische Moleküle, die – obwohl nur in geringer Konzentration gebildet – während Algenblüten in Gewässern zu einer Gefahr für Mensch und Tier werden können. Neurologische Ausfallerscheinungen und plötzlich auftretende Herz-Kreislauferkrankungen werden mit ihnen in Zusammenhang gebracht. So ist es nicht verwunderlich, daß Blaualgentoxine schon länger im Visier  der pharmazeutischen Forschung  sind.

Algenkultivierung wird als weitere Strategie im Bereich der Nachwachsenden Rohstoffe angesehen. Rahmen eines von der EU (ZIEL-ETZ , Interreg) geförderten  und der Professur für organisch-analytische Chemie koordinierten Projekts sollten daher einige brisante Themen der Blaualgenforschung aufgegriffen werden und unter dem Aspekt der Massenkultivierung, der Wertschöpfungskette, der vollständigen Nutzung alles produzierten Materials, der CO2 Bilanz, sowie einiger grundlagenorientierter Fragen zu Genom und Inhaltsstoffen betrachtet werden. Dazu haben Partner der tschechischen Akademie der Wissenschaften am Algenforschungszentrum Algatech in Trebon, Mitglieder der Universität Regensburg, sowie der Technischen Universität München am gemeinsamen Standort in Straubing drei Jahre lang geforscht.

Von den zahlreichen Themen seien hier nur die Bereiche genauer vorgestellt, die von Arbeitsgruppen der HSWT bearbeitet wurden. Die Arbeitsgruppen Pavel Hrouzek aus Trebon und Herbert Riepl (organisch-analytische Chemie)  beschäftigten sich mit medizinisch verwendbaren Stoffwechselprodukten. Aus den Kultivierungsbrühen von Cylindrospermum Spp. wurden  die Minutissamide  isoliert, die toxisch gegen einigen krankheitserregenden Pilze sind. Gerade diejenigen, die am geeignesten wären, sind jedoch in geringster Konzentration vorhanden. Es bestand der Verdacht, daß durch eine chemische Veränderung der Seitenketten dieses Cyclopeptids  Moleküle erhalten werden, die soweit in ihrer Wirksamkeit gesteigert sind, daß man nicht mehr auf die Isolierung der gering konzentrierten Substanz angewiesen ist. Infolgedessen wurden an Minutissamid A, einem wenig wirksamen Keton, das aber in größerer Menge isoliert werden kann, verschiedene Reaktionen angewandt, die die Fettsäurekette erheblich verlängern. Und tatsächlich konnte man eine Variante finden, bei der die Toxizität gegenüber den pathogenen Pilzen erhalten blieb und gleichzeitig die Verträglichkeit gegenüber humanen Zellen erheblich sank.

Ziel der Nachhaltigkeitsanalyse war vor allem die Bewertung der Ökobilanz einer Mikroalgen-Bioraffinerie gegenüber einem pflanzen- und erdöl-basierten Referenzsystem. Dabei wurden zwei vielversprechende Szenarien identifiziert, in denen die Mikroalgen-Bioraffinerie die globalen THG-Emissionen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren könnte: (A) eigenständiges Szenario mit vollständig erneuerbarem Strom-Mix, Holzhackschnitzeln als Wärmequelle und CO2-Abgas als Kohlenstoffquelle, und (B) integriertes Szenario, in dem die Kultivierung der Mikroalgen mit einer Klärschlammvergärung kombiniert wurde. Beide Szenarien haben gemeinsame Merkmale: (i) eine zusätzliche Kohlenstoffquelle (ii) erneuerbare Energiequellen und (iii) technologische Verbesserungen für Trocknung, Aufschluss und Membranfiltration. Das integrierte Szenario (B) wies in der Zielregion des bayerisch-tschechischen Grenzgebietes bessere Ergebnisse auf als das eigenständige Szenario aufgrund einer besserer Verfügbarkeit von Heizwärme in den Wintermonaten.

Der entwickelte Ansatz der rückwärtigen Analyse von Ökobilanzen eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Technologien, die es ermöglichen, Schlüsselparameter und ihre gewünschten Wertebereiche für geplante Bioraffinerien vorab zu identifizieren.

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