Herstellung von Copolymerisaten/Monomeren auf Terpenbasis

Promovierende Person
Dr. rer. nat. Florian Kinzl
Forschungsschwerpunkt
Nachwachsende Rohstoffe
Zeitraum
20.01.2010 – 28.10.2015
Wissenschaftlich betreuende Person (HSWT)
Prof. Dr. Herbert Riepl
Einrichtung
Standort Straubing für nachhaltige Ressourcennutzung
Fakultät Umweltingenieurwesen
Wissenschaftlich betreuende Person (extern)
Prof. Dr. Volker Sieber
Technische Universität München

Zusammenfassung

Polyurethane und Polyamide sind wesentliche Kunststoffmaterialien der großindustriellen Anwendung für Konstruktion, Verbrauchsteile (z. B. PU-Rohre, Profile, Schaumstoff in Polstermöbeln, Nylonseile) aber auch für Oberflächenbeschichtungen (Farben, Lacke und Klebstoffe). Im Gegensatz zu anderen Konstruktionskunststoffen – aus der Familie der Polyester oder Polyolefine etwa – enthalten sie Stickstoff in Form der Amid-Gruppierung. Bei der Herstellung von Nylon werden je nach Sorte langkettige Dicarbonsäuren mit Diaminen zur Reaktion gebracht. An Diaminen stehen derzeit neben Hexamethylendiamin noch Dodecyldiamin zur Verfügung. Die zur Herstellung der Polyurethane wesentlichen Monomere sind Isocyanate (1) etwa beispielsweise Cyclohexyldiisocyanat sowie Diole verschiedener Kettenlänge (Butandiol (2) oder Propandiol). Diisocyanate werden aus Diaminen hergestellt. Die Reaktion zum Urethan – und damit die Polyaddition – kann wie folgt beschrieben werden:

Im Bereich der Oberflächenbeschichtungen werden im wesentlichen die gleichen Polymere verwendet, doch mit kürzeren Kettenlängen der Makromoleküle. Weiterhin gelten zusätzliche Anforderungsmaßstäbe, denn es müssen mit der polymersierenden Masse Pigmente und andere Festkörper verrührt werden. Um homogene Farbtöne ohne Schlieren mit gleichbleibender Qualität erzeugen zu können, darf die Polymerisation nur verzögert oder auf Kommando eintreten. Zu diesem Zweck werden „Präpolymere“ hergestellt, kurze Stücke z. B. eines Polyurethans, das noch genügend Polyadditionsneigung besitzt, um nach der Einstellung durch Zusatz der Farb- und Hilfskörper, nach der Aufbringung auf das Werkstück auszupolymerisieren. Die Standardtechnik hierzu ist die Verwendung sogenannter Härter. Kurzgefasst wird die beginnende Polyaddition eines Diisocyanats mit einem Diol in einer gewissen Phase durch Zumischen eines weiteren Diisocyanats (Härter) modifiziert. Dieses Diisocyanat hat aber eine weit geringere Reaktionsfähigkeit und führt daher zur Einstellung der Kettenbildung. Zunächst entsteht ein Oligomer, das aber zu wahren Polymeren weiterpolymersiert werden kann, wenn die Bedingungen forciert werden, etwa nach dem Aufbringen. Dies ist das Prinzip der Einbrennlacke: Die Aushärtung wird später unter Temperaturerhöhung durchgeführt. Das Prinzip von Härtern beruht auf der Verwendung von Diisocyanaten mit unterschiedlicher Reaktivität der beiden Gruppen. Hierzu wird oft Isophorondiisocyanat (3, IPDI) eingesetzt.

Es zeichnet sich durch eine reaktive primäre Isocyanatgruppe aus, sowie durch eine eher retardierte sekundäre Isocyanatgruppe am Sechsring selbst. Alternativen zu IPDI – wie z. B. Zielmolekül 4 – könnten einige weitere umschrieben werden, allein die mangelnden synthetischen Methoden ihrer Zugänglichkeit stehen dem im Weg. Ziel der Promotionsarbeit von Florian Kinzl war, ausgehend von leicht zugänglichen Rohstoffen aus der Familie der Terpene, weitere Beispiele von Diaminen zu synthetisieren, bei denen stark unterschiedliche Reaktionsprofile der Diamin- und Diisocyanatgruppen bestehen. Die natürlichen zyklischen Terpene mit ihrem charakteristischen Substituentenmuster auf Basis des Isoprens bieten von Haus aus differenzierte Stellen von Reaktivität und erscheinen daher als gute Ausgangspunkte. Terpene werden aus Baumrinden (Koniferenharz) in größtem Maßstab gewonnen. Obwohl die Tonnagen nicht an die von Petrochemikalien herankommen, muss man sich maßstäblich vorstellen, dass der Bedarf an Härtern nicht in der Größenordnung der anderweitig produzierten Diisocyanate liegt. Daher liegt die Rohstoffbasis tatsächlich in der Größenordnung des Bedarfs. Die mengenmäßig häufigsten Terpene sind u. a. die Pinene (α-, β-) und der daraus hergestellte Campher (10). Gerade dieses komplexe bizyklische Keton bietet eine Fülle von Reaktivitäten, die es erlaubt, die Thematik von Diamin-Synthesen auf Basis pflanzlicher Terpene des chiralen Naturstoffpools zu bearbeiten.

Eine der untersuchten Möglichkeiten besteht in dem bicyclischen Ringsystems (7) aus der Klasse der Furoxane, das via Dinitril (6) zu einem Diamin (5) reagieren kann, das dann durch Standardmethoden der Phosgenierung in (4) überführt wird. Hier ist die geforderte differenzierte Reaktivität der Aminogruppen durch die Methylgruppe in der Nachbarschaft hergestellt. Die schwierige Reaktivität eines Amins am tertiären Kohlenstoff C1 wird jedoch dadurch vermieden, dass die Aminogruppe um ein C-Atom entfernt sitzt. Eine solche Konstellation kann besonders leicht durch Manipulation von Heterozyklen aus der Furoxanklasse wie in (7 → 6) erreicht werden. Der besondere Vorteil der Furoxane ergäbe sich, wenn Pinen mittels Stickoxidaddition direkt zu Furoxan (7) reagieren könnte. Dies wurde mit den in dieser Arbeit angewandten Methoden noch nicht beobachtet. So wurde eine länger bekannte Methode der Furoxansynthese benutzt. Dioxim (8) wird erhalten durch die Reaktion von (9) mit einem Überschuss an Hydroxylaminhydrochlorid. Die Oxidation von (8) mit Natriumhypochlorid ergibt Furoxan (7) in fast quantitativer Ausbeute. In der Arbeit wurde die eigentümliche Struktur der Furoxane als verkappte dimere Nitriloxide ausgenutzt. Dinitriloxide/Furoxane sind je nach Temperaturlevel ineinander umwandelbar, wobei in der offenkettigen Form bei Gegenwart von Trialkylphosphiten reduziert wird. Die Ringöffnung des Furoxans (7) zum Dinitril (6) erfolgt durch Erhitzen in Triethylphosphit. Die Dinitrilbildung durch Deoxygenierung ist mit hohen Ausbeuten durchführbar. Um zum Diamin 8 zu kommen, ist schließlich noch ein Reduktionsschritt notwendig. In der Arbeit wurde wurden auch Methoden intensiv untersucht, wie (6) zum Diamin (5) in hohen Ausbeuten zu reduzieren ist, da hier besondere Schwierigkeiten bestanden, wertlose cyclische sekundäre Amine zu vermeiden.