Änderung des Lebensmittelverzehrs durch Ernährungsumstellung nach dem Energiedichteprinzip im Rahmen der Adipositastherapie

Promovierende Person
Anne Wagner
Zeitraum
– 07.12.2015
Wissenschaftlich betreuende Person (HSWT)
Prof. Dr. med. Johannes Erdmann
Wissenschaftlich betreuende Person (extern)

Technische Universität München

Abstract

Adipositas gilt heute als Volkskrankheit Nummer Eins mit folgenschweren Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität des Einzelnen. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von Diäten entwickelt, um die Adipositasepidemie aufzuhalten. Fast alle sind jedoch mit starken Einschränkungen und dadurch bedingter schlechter Langzeitcompliance verbunden. Dagegen zeichnet sich die Ernährungsumstellung nach dem Energiedichteprinzip, welche erst in den letzten Jahren mehr und mehr populär wurde, nicht nur durch Einfachheit und leichte Verständlichkeit aus, sondern auch durch gute Langzeiterfolge. Detaillierte Veränderungen der Essgewohnheiten im Rahmen der Ernährungsumstellung sind allerdings nur wenig bekannt. In dieser Studie wurde die Umstellung des Essverhaltens von insgesamt 100 übergewichtigen und adipösen Patienten analysiert, welche auf Grundlage des Energiedichteprinzips ihr Gewicht um 11,1 ± 0,8 kg über einen Zeitraum von 380,5 ± 23,0 Tagen verringert haben. Dafür wurden Ernährungsprotokolle über jeweils 12 Tage vor Therapiebeginn, sowie nach Ernährungsumstellung ausgewertet. Die Ergebnisse zeigten, dass die Verzehrmenge sich, bei einer Verringerung der Energiedichte der Nahrung, in weitaus geringerem Umfang reduzierte als die Energieaufnahme. Folgende Aussagen konnten aus den Daten abgeleitet werden: - Bei 21 von 32 Lebensmittelgruppen zeigten sich signifikante Veränderungen bei der Energieaufnahme, bei vier Lebensmittelgruppen aus dem niedrigenergetischen Bereich kam es zu einer Steigerung der Energiezufuhr (Desserts, Quark, Eier, Fleischwaren), ansonsten zu einer Verringerung - Die Gesamtverzehrmenge wurde bei den Hauptmahlzeiten kaum reduziert; allein beim Abendessen konnte eine relevante Verringerung der Essensmenge erzielt werden - Vor allem bei den Zwischenmahlzeiten wurden erfolgreich Kalorien eingespart; besonders bei den späten Zwischenmahlzeiten kam es auch zu einer Reduktion der Menge oder zum vollständigen Weglassen der Mahlzeiten - Brot stellte die Hauptenergiequelle dar; hier boten sich durch selteneren und geringeren Verzehr gute Möglichkeiten, Kalorien einzusparen ohne vollkommenen Verzicht zu üben - Durch eine Fokussierung der warmen Hauptmahlzeit anstelle der energiereicheren Brotzeit konnte die Energieaufnahme reduziert werden Zudem kam es zu einer Umverteilung der Lebensmittel der Brotzeit: statt der klassischen Brotzeit mit hochenergetischem Streichfett, Käse und Aufschnitt wurden vor allem Quark, Fleischwaren und Eier als Ersatzprodukte akzeptiert; von Brot konnten kleinere Portionen verzehrt werden - Als Ausgleich für Süßigkeiten und Kuchen wurden vor allem niedrigenergetische Desserts verzehrt - Der häufig empfohlene Mehrkonsum von Gemüse und Obst, aber auch von Kohlenhydratbeilagen (Kartoffeln, Nudeln, Knödel, Reis) und Suppe konnte nicht realisiert werden und erscheint somit aufgrund des ohnehin schon vor Ernährungsumstellung hohen Verzehrs und vorherrschender Lebensgewohnheiten als schwierig umsetzbar. Ein erfolgreiches Abnehmen war auch ohne die Steigerung des Verzehrs dieser Lebensmittelgruppen möglich - Die Reduktion von kalorienhaltigen Getränken führte zu einer starken Kalorieneinsparung; Die einzelnen Mahlzeiten betreffend, ließen sich folgende Ergebnisse ableiten: - Frühstück: Eine Verringerung der Energiedichte konnte effizient durch einen geringeren Verzehr der klassischen Brotzeit, sowie einen Mehrverzehr der oben genannten Ersatzlebensmittel erfolgen; auch Joghurt und Obst spielten nach Therapiebeginn tendenziell eine größere Rolle - Mittagessen: Bei ohnehin niedriger Ausgangsenergiedichte der warmen Hauptmahlzeit, welche beim Mittagessen die Hauptrolle spielte, wurden die Ernährungsgewohnheiten bei dieser Mahlzeit annähernd beibehalten - Abendessen: Beim Abendessen zeigte sich eine stärkere Fokussierung auf die warmen energieärmeren Gerichte, sowie die oben beschriebene Umgestaltung der Brotzeit - ZWM 1: Durch eine Verringerung der Lebensmittel der klassischen Brotzeit sowie der Süßigkeiten und einen gleichzeitig anteilsmäßigen Mehrverzehr von niedrigenergetischen Lebensmitteln (z.B. Gemüse, Quark, Desserts und Joghurt) konnte die Energiedichte bei der Zwischenmahlzeit am Vormittag reduziert werden - ZWM 2: Bei der Zwischenmahlzeit am Nachmittag zeigte sich ein seltenerer Verzehr süßer Speisen (wie Kuchen, Süßigkeiten, Eis, Sahne und Obst); Kuchen spielte allerdings auch nach Ernährungsumstellung die größte Rolle ZWM 3: Durch den selteneren Verzehr von hochenergetischen Lebensmitteln konnten Kalorien reduziert werden, vor allem die Reduktion der Süßigkeiten führte zu einer starken Verringerung der Energieaufnahme Insgesamt zeigen diese Daten, dass auch geringe Änderungen der Essgewohnheiten auf Basis der Energiedichte eine langfristige Gewichtsreduktion und -erhaltung ermöglichen, ohne dass ein kompletter Verzicht einzelner Lebensmittelgruppen nötig ist. In Zukunft sollten weitere Schritte unternommen werden, um das Energiedichteprinzip der Bevölkerung besser zugänglich zu machen, um somit die Volkskrankheit Adipositas endlich einzudämmen.