Wissenschaftsbasierte Bewertung der Leistungen der bayerischen Landwirtschaft im Bereich Klima und Biodiversität ("Zukunftsbauer")
Hauptziel des Vorhabens ist es, den gesellschaftlichen Wert der bayerischen Landwirtschaft wissenschaftsbasiert zu quantifizieren sowie politische Handlungsoptionen zu ermitteln, die geeignet sind, diesen Wert zu steigern. Im Fokus stehen dabei die Klima- und Biodiversitätswirkungen der bayerischen Landwirtschaft sowohl in einem lokalen als auch einem globalen Kontext.
Ausgangssituation
Die bayerische Landwirtschaft steht vor multiplen Herausforderungen, darunter ein zunehmender Veränderungsdruck in Richtung höherer Nachhaltigkeit und eine geringe Wertschätzung in der Gesellschaft. Zunehmend wird gefordert, die agrarpolitische Förderung an den öffentlichen Leistungen der Landwirtschaft auszurichten. Im Projekt Zukunftsbauer I wurden daher in der Laufzeit vom 31.03.2024 bis 31.01.2025 der gesellschaftliche Wert der bayerischen Landwirtschaft wissenschaftsbasiert quantifiziert und Maßnahmen zur Steigerung dieses Werts abgeleitet.
Klimawirkung der bayerischen Landwirtschaft
Zur Quantifizierung des Klimavorteils wurde die Klimawirkung der Erzeugung der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte in Bayern ermittelt und mit der Klimawirkung der Erzeugung im globalen Durchschnitt aller Produktionsstandorte verglichen. Dabei wurden die Produktionsemissionen und die Kohlenstoffopportunitätskosten (Searchinger et al., 2018) berücksichtigt. Letztere quantifizieren die Klimawirkung, die sich daraus ergibt, dass Fläche überhaupt landwirtschaftlich genutzt wird. Hintergrund ist der, dass Böden unter natürlicher Vegetation mehr Kohlenstoff speichern können, als wenn sie landwirtschaftlich genutzt werden.
Das Ergebnis dieser Analyse ist: Wenn die landwirtschaftlichen Produkte Bayerns anderswo auf der Welt erzeugt werden würden, entstünde ein Klimanachteil von rund 102 Mio. t CO2e pro Jahr. Das liegt v. a. an den relativ hohen Flächenerträgen in Bayern, wodurch Fläche im globalen Vergleich sehr effizient genutzt wird und dadurch weniger Landnutzungsänderungen verursacht werden. Dieser Effekt kommt insbesondere bei flächenintensiveren Produktionsverfahren wie Milch- und Rind- sowie Schweinefleischerzeugung zum Tragen. Folglich weisen diese aus globaler Perspektive in Bayern einen besonders hohen Klimavorteil auf und sollten nicht abgebaut werden. Gesamtbayerisch kommt so durch die genannte Flächeneffizienz ein Klimavorteil von ca. 79 Mio. t CO2e zustande (Kohlenstoffopportunitätskosten).
Darüber hinaus sind die Emissionen, die direkt durch die landwirtschaftliche Erzeugung entstehen, in Bayern geringer als im globalen Durchschnitt. Auch hier ist die Differenz bei den tierischen Produktionssystemen am höchsten. Die geringeren Produktionsemissionen ergeben für Bayern einen Klimavorteil von ca. 23 Mio. t CO2e.
Klarstellend sei angemerkt, dass dies nicht im Widerspruch dazu steht, dass die Erzeugung tierischer Erzeugnisse eine hohe Klimawirkung hat und geringerer Konsum derselben daher Vorteile bietet. Gleichzeitig ist es aber sinnvoll, die erforderliche Produktion am Standort Bayern zu erhalten und zu optimieren, wo diese aus Klimasicht vorteilhafter ist als im globalen Durchschnitt.
Neben dieser Analyse auf gesamtbayerischer Ebene wurde eine Analyse auf Ebene zweier typischer landwirtschaftlicher Betriebe vorgenommen. Auf einem konventionell wirtschaftenden Milchviehbetrieb in Mittelfranken mit 200 ha Ackerbau und Grünland, 120 Milchkühen und einer Biogasanlage mit einer installierten Leistung von 400 kWh ergibt sich ein Klimavorteil der Erzeugung gegenüber dem globalen Durchschnitt von 10.400 t CO2e pro Jahr, was 52,0 t CO2e/ha entspricht. Der zweite analysierte Betrieb ist ein ökologisch wirtschaftender Betrieb in Unterfranken mit 150 ha Ackerbau ohne Tierhaltung. Bei diesem beläuft sich der Klimavorteil auf insgesamt 800 t CO2e pro Jahr, entsprechend 5,4 t CO2e/ha. Hierbei wird deutlich, dass sowohl in der Tierhaltung als auch in der konventionellen Bewirtschaftung ein größerer Klimavorteil zu realisieren ist. Gründe hierfür sind der geringere Flächenbedarf bei der tierischen Erzeugung im globalen Vergleich sowie der erhöhte Flächenbedarf bei der ökologischen Bewirtschaftung bei ähnlichen Produktionsemissionen.
Handlungsoptionen zur Optimierung der Klimabilanz
Die Untersuchung von Handlungsoptionen zur Steigerung des gesellschaftlichen Wertes der bayerischen Landwirtschaft brachte folgende Ergebnisse:
Der größte Hebel liegt darin, die Futtermittel und damit einhergehend auch die Futterfläche effizienter zu nutzen. Dies kann z. B. durch die vermehrte Nutzung flächenertragsstarker Futterpflanzen, ein optimiertes Herdenmanagement, verbesserte Tiergesundheit sowie weniger Futterverluste erreicht werden. Mit den getätigten Berechnungen und Annahmen können so rund 2,5 Mio. t CO2e pro Jahr in Bayern eingespart werden. Futterzusätze zur Methanreduktion wie 3-NOP sowie ein optimiertes Dünger(lager)management sparen darüber hinaus jeweils über 1 Mio. t CO2e ein. Auf dem Acker kann durch Reduktion von Stickstoffemissionen ebenso über 1 Mio. t CO2e pro Jahr eingespart werden. Durch Nutzung von „Green-Ammonia“-Stickstoffdüngern (aus erneuerbaren Energien) anstatt herkömmlich erzeugten mineralischen N-Düngern können ca. 0,6 Mio. t CO2e pro Jahr in Bayern eingespart werden.
Fazit
Das Projekt „Zukunftsbauer I“ zeigt erstmals systematisch, dass die bayerische Landwirtschaft durch ihren im globalen Vergleich geringen Flächenbedarf und niedrigere Produktionsemissionen bereits heute einen erheblichen Klimavorteil erzielt. Durch gezielte Maßnahmen insbesondere im Bereich der Fütterungssysteme und der Düngung lässt sich dieser Vorteil noch weiter steigern.
Folgeprojekt
Im Projekt "Zukunftsbauer 2" werden die hier bearbeiteten Forschungsansätze vertieft und erweitert.
Publikationen
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Konferenzbeiträge
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Vorträge