• Laufzeit: 01.11.2021 – 31.10.2023
  • Schwerpunkt: Weitere Forschungsfelder
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Ganzheitliche Optimierung des Energiesystems Vertical Farming durch Integration in Kreislaufwirtschaft (OpEn Farming)

Hintergrund

Vertical Farming (VF) erlaubt die Produktion von Lebensmitteln mit einer ganzjährig gleichbleibenden Qualität in einem hoch technisierten Umfeld nahe am Verbraucher. Es hat das Potential v.a. in Ballungszentren eine Schlüsseltechnologie zu werden, um eine nachhaltige Ernährungssicherung in Zeiten von urbanem Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Wasserknappheit sicherzustellen. Die Vorteile liegen in der Witterungsunabhängigkeit, den kontrollierten Bedingungen mit optimiertem Wasser- und Düngemitteleinsatz sowie der mehrfachen Ausnutzung der Bodenfläche. Die Lichtnutzungs-Energieeffizienz (MJ/kg Trockengewicht) ist auch den effizientesten Gewächshäusern überlegen. Allerdings werden Vertical Farming- Konzepte bezogen auf eine nachhaltige Produktionsweise kontrovers diskutiert. Der Energiebedarf und die Kosten für Beleuchtung u. Klimatisierung können nicht mit traditioneller Landwirtschaft bzw. mit Gewächshäusern konkurrieren. Hohe Investitions- und Betriebskosten stehen einer Umsetzung in großem Maßstab entgegen. Die Umweltauswirkungen sind durch den hohen Energieverbrauch und bei herkömmlicher Energieversorgung zu groß.

Zielsetzungen

Im Forschungsprojekt OpenFarming wurde Vertical Farming als ganzheitliches System betrachtet mit dem Ziel, ein optimiertes Gebäude-, Technik- sowie Energiekonzept zu entwickeln, das die Synergien mit der Produktion von Lebensmitteln aufzeigt und die Umweltauswirkungen soweit als möglich reduziert. Basierend auf einem Gebäudemodell für Vertical Farming wurde ein Simulationsmodell entwickelt, das die thermodynamischen Interaktionen zwischen Pflanze und Gebäude detailliert darstellt und in allen Produktionsstufen die Parameter Licht, Temperierung, Lüftung, Bewässerung, Nährstoffe energetisch bewertet. Ziel war es, Synergien zu erkennen und das Gesamtsystem VF energetisch zu optimieren. Dies erfolgte auf Basis realer Daten von Vertical Farms an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), der HAS University und dem Projektpartner Precede (Singapur).

Zentrale Forschungsfragen waren:

  • Reduktion des Energiebedarfs von VF durch einen optimierten Gebäudeentwurf und möglichen Synergieeffekten
  • Kann durch eine geschlossene Kreislaufwirtschaft die Umweltauswirkung gesenkt werden, um das Potential von VF als nachhaltiges System zu erhöhen?

Durch die HSWT wurden im Rahmen des Projekts Daten zu Ertrag, Ressourcenverbrauch und Pflanzenwachstum in einer Container Vertical Indoor Farm erhoben. Darüber hinaus wurde ein Blattflächenmodell entwickelt, um diese Wachstumssimulationen zu unterstützen. Die Daten dienten als Grundlage für Modellierungen und Simulationen von Systemkomponenten zur Minimierung des Energiebedarfs bei gleichzeitiger Ertragsmaximierung durch den Projektpartner TUM.

Projektdurchführung

Um diese zentralen Forschungsfragen zu beantworten, wurden im Rahmen des Projekts verschiedene neue Ansätze entwickelt und angewendet. Diese Ansätze lassen sich in drei Analyse- und Optimierungsebenen einteilen:

Pflanzenebene

Auf der Pflanzenebene wurden neue Ansätze zur Optimierung von Beleuchtungs- und Klimatisierungssystemen entwickelt, um ideale Wachstumsbedingungen für Pflanzen zu schaffen. Dies bedeutet, dass die Pflanzen optimale Lichtverhältnisse und Klimaparameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und CO2-Gehalt vorfinden müssen. Darüber hinaus war es wichtig, einheitliche Bedingungen für alle Pflanzen in einem Anbaugebiet zu schaffen, um den gleichen Ertrag und die gleiche Qualität der Pflanzen zu erzielen.

Systemdesign-Ebene (VF Gebäude)

Auf der Ebene des Systemdesigns wurden die Systemkomponenten optimiert, um den Energiebedarf (Kosten) zu minimieren und gleichzeitig den Ertrag zu maximieren. Dazu wurde ein neuartiger Optimierungsansatz entwickelt, um die vorhandene Flexibilität der Pflanzen in Bezug auf die Umweltbedingungen auszunutzen. Darüber hinaus wurden auf dieser Ebene optimierte Gebäudekonzepte, wie z.B. die Auswahl von Materialien und Wandstärken, entwickelt, um den Gesamtenergiebedarf zu reduzieren.

Ebene des integrierten Systems

Auf der Ebene des integrierten Systems werden externe Faktoren und Systeme für die Optimierung des Vertical-Farming-Systems betrachtet. Dazu gehören insbesondere Kombinationen mit anderen Systemen, wie sie in den Kreislaufwirtschaftsmodellen berücksichtigt werden, sowie Faktoren wie der Strommarktpreis oder der Strommix.

Schließlich wurde eine Ökobilanz (LCA) im Kontext des vertikalen Farming durchgeführt, wofür ein vierstufiger Prozess verfolgt wurde:

  • Der Status quo der Umweltbelastungen der vertikalen Farming wurde durch Literaturrecherche ermittelt.
  • Die Ökobilanz wurde für eine reale Fallstudie im niederländischen Venlo durchgeführt.
  • Die Umweltauswirkungen des vertikal Farming wurden mit der Ökobilanz-Implementierung für Gewächshaus und Freiland verglichen.
  • Das Szenario der Kreislaufwirtschaft und die damit verbundenen Umweltauswirkungen wurden im Zusammenhang mit der vertikalen Farming bewertet.

Ergebnisse

Auf der Pflanzenebene wurden Beleuchtungs- und Klimatisierungssysteme optimiert, um ideale und einheitliche Wachstumsbedingungen für alle Pflanzen zu schaffen. Dies umfasst optimale Licht-, Temperatur-, Luftfeuchtigkeits-, Luftgeschwindigkeits- und CO2-Bedingungen. Ein Schwerpunkt lag auf der Lösung des Problems ungleicher Lichtverteilung, um eine homogene Beleuchtung auf allen Anbauflächen zu gewährleisten. Hierzu wurde ein Beleuchtungssimulationstool entwickelt, um die Optimierungsstrategie zu unterstützen. Die Beleuchtungssimulationen erfolgten mittels der auf Raytracing basierenden Software DIALux und wurden anhand von Messungen in der VF-Box des ENS (TU München) validiert (Abb. 1).

Abbildung 1: Simulation der Beleuchtungsstärke in der VF-Box an der TUM © TU München

Darauf basierend wurde eine neue Optimierungsmethode für die optimale Steuerung von LEDs entwickelt. Diese Methode ermöglichte die Steuerung einzelner oder gruppierter LEDs zur Erreichung einer optimalen Lichtverteilung auf der Anbaufläche. Die Forschung zeigte, dass eine Homogenisierung der Belichtung in Vertical Farming-Systemen zu einer Ertragssteigerung führt. Diese kann durch Modellierung oder Wachstumsversuche quantifiziert werden. Für großskalige Vertical Farms bietet dieses Verfahren den Vorteil der Massenproduktion identischer, speziell gefertigter LED-Module. Die Dimmung erfolgt über µController-Schaltungen oder fest eingestellte Werte, was die Kosteneffizienz erhöht.

Neben Licht und Nährstoffen ist die Belüftung/Klimatisierung ein weiterer entscheidender Parameter für das optimale Pflanzenwachstum. Besonders die Luftgeschwindigkeit im Bereich der Blätter ist wichtig, da erhöhte Luftgeschwindigkeiten Krankheiten wie den Salatkopfbrand verhindern können. Eine gleichmäßige Luftgeschwindigkeit und Temperatur innerhalb der Anlage sind ebenfalls essenziell, jedoch aufgrund der Zu- und Abluftkonfiguration, des Pflanzenwiderstands und der Temperaturgradienten schwer zu erreichen. Für die Optimierung der Klimatisierung in Vertical-Farming-Systemen sind detaillierte numerische Strömungssimulationen (CFD) erforderlich. Die besten Verfahren für solche Simulationen wurden durch Literaturrecherche ermittelt. Während einige Studien Pflanzen nicht in die Simulation einbeziehen, wurde in diesem Projekt ein realistischerer Ansatz gewählt, bei dem Pflanzen als poröse Medien mit erhöhtem Luftwiderstand modelliert wurden. Diese Simulationsmodelle, erstellt mit ANSYS Fluent, wurden auf Hochleistungsrechnern (HPC) wie dem LRZ-Linux-Cluster angepasst und getestet. Die Klimatisierung zweier VF-Systeme – eines nicht automatisierten und eines vollautomatisierten – wurde untersucht (Abb. 2). Verschiedene Zu- und Abluftkonfigurationen wurden mittels CFD-Simulationen analysiert und verglichen, um die Effizienz der Klimatisierung zu verbessern.

Abbildung 2: Beispiel für die CFD-Simulationsergebnisse der TUM für das nicht automatisierte VF-System © TU München

Auf der Systemdesign-Ebene lag der Fokus auf der Optimierung von Systemkomponenten zur Minimierung des Energiebedarfs bei gleichzeitiger Ertragsmaximierung. Erweiterte Optimierungsmethoden für die LED-Platzierung und -Steuerung wurden entwickelt, die alle Kostenaspekte einbeziehen, einschließlich Installations- und Betriebskosten sowie der Verkaufspreise der Endprodukte. Diese Methoden erforderten die Integration von Pflanzenwachstumsmodellen, die den Zusammenhang zwischen Lichtverhältnissen und Pflanzenwachstum beschreiben. Ähnlich wurden auch CFD-basierte Optimierungen der Klimatisierung durchgeführt, wobei alle Systemauslegungs- und Betriebskosten sowie die Beziehungen zwischen Luftparametern und Pflanzenwachstum berücksichtigt wurden. Aufgrund der Komplexität dieser Methoden wurden alternative Optimierungsansätze entwickelt, die auf Sollwerten von Regelgrößen basieren, um die Klimasimulationen zu vereinfachen und die Kombination mit Pflanzenmodellen zu ermöglichen. Ein bedeutender Beitrag der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) bestand in der Durchführung von Salatanbauversuchen in einer Container Vertical Farm. Dabei wurden experimentelle Daten zur Modellierung des Pflanzenwachstums erhoben. Der Fokus lag auf der Veränderung des pflanzlichen Wachstums und der notwendigen Kulturzeit in Abhängigkeit von Lufttemperatur und Lichtintensität. Kopfsalat (Lactuca sativa var. Capitata 'Treslia') wurde als Modellpflanze gewählt. Die Versuche umfassten verschiedene Temperatur- und Lichtintensitätsvarianten, wobei wöchentliche Messungen morphologischer und physiologischer Parameter durchgeführt wurden. Die gesammelten Daten dienten der Entwicklung und Validierung des Pflanzenwachstumsmodells und unterstützten die Entwicklung des ganzheitlichen Optimierungsverfahrens für VF-Systeme (Abb. 3).

Abbildung 3: Blattflächenmodell (A), Morphologie der Modellpflanze nach 14 Tagen Kultur-dauer bei 23 °C (B), experimenteller Aufbau im mehrlagigen Kultursystem (C) an der HSWT © HSWT

Es wurden optimierte Gebäudekonzepte entwickelt, einschließlich der Auswahl geeigneter Materialien und Wanddicken, um den Gesamtenergiebedarf zu senken. Hierzu wurden zwei Modelle einer Vertical Farm (automatisiert und nicht automatisiert) berücksichtigt (Abb. 4).

Abbildung 4: 3D-Modell der automatisierten Version des Vertical Farming Anbauregals durch die TUM © TU München

Es wurde deutlich, dass der Wachstumsbereich erhebliche überschüssige Wärme erzeugt, was durch den hohen Kühlbedarf deutlich wurde. Um diese Wärme effektiv zu nutzen und den Gesamtenergiebedarf zu senken, erwies sich die Kopplung mit anderen Systemen, wie beispielsweise Büroräumen, als vielversprechender Ansatz.

Auf der Ebene des integrierten Systems wurden die Beiträge einer Vertical Farm zu Umweltkategorien quantifiziert. Der hohe Anteil an der Beleuchtung und der Klimatisierung wurde deutlich (Abb. 5).

Abbildung 5: Beiträge einer VF an Umweltkategorien © HSWT

Eine Ökobilanz-Fallstudie für die Bright Box in den Niederlanden ergab einen CO2-Fußabdruck von 9,42 kg CO2/kg Frischprodukt bei einem Stromverbrauch von 15 kWh und dem niederländischen Strommix. Bei Verwendung des schwedischen oder nordischen Strommix sank der CO2-Fußabdruck auf 0,8 bzw. 1,3 kg CO2/kg Frischprodukt. Die größte Reduzierung wurde bei Nutzung von Windenergie erreicht (Abb. 6).

Abbildung 6: Optimierung des CO2-Fußabdrucks der Bright Box als Beispielhafte VF durch die Wahl des Energieträgers © HSWT

Im Vergleich zu Gewächshäusern oder Freilandanbau zeigte VF mit dem niederländischen Strommix in den meisten Umweltschadens-Kategorien höhere Auswirkungen. Bei Verfügbarkeit erneuerbarer Energien konnte VF jedoch mit konventionellen Anbaumethoden konkurrieren.

Weiterer Forschungsbedarf

Die im Rahmen dieses Projekts erzielten Ergebnisse, einschließlich der neu entwickelten Methoden und Konzepte, bilden eine wertvolle Grundlage für weitere Forschungsaktivitäten zu Vertical-Farming-Systemen. Einige der möglichen zukünftigen Erweiterungen der vorgestellten Arbeiten sind im Folgenden beschrieben:

  • Beleuchtung und Klimatisierung: Im Rahmen des Projekts wurden verschiedene Methoden zur Analyse und Optimierung der Beleuchtung und Klimatisierung in Vertical-Farming-Systemen entwickelt. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Schaffung idealer Wachstumsbedingungen für die Pflanzen und damit auf der Maximierung des Ertrags. Die Kostenaspekte wurden jedoch nicht direkt berücksichtigt, so dass einer der ersten zukünftigen Schritte darin bestehen würde, alle relevanten Kosten in die Optimierungsverfahren einzubeziehen, um auch den wirtschaftlichen Nutzen zu quantifizieren.
  • Experimentelle Validierung: Obwohl im Rahmen des Projekts eine gewisse Validierung der Simulationsmethoden durchgeführt wurde (z. B. für Lichtsimulationen), besteht noch Bedarf an weiteren experimentellen Tests und Validierungen der vorgeschlagenen Methoden. Dies gilt insbesondere für die entwickelten CFD-Simulationsmodelle, die für die Lüftungsanalyse und -optimierung verwendet werden.
  • Die Bewertung der Nachhaltigkeit des vertikal Farming erfordert weitere Untersuchungen der wirtschaftlichen Leistung und der sozialen Indikatoren. Die Ökobilanz könnte für die soziale und wirtschaftliche Analyse weiter ausgebaut werden.

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