„Gemeinsam Verantwortung übernehmen" - Öko-Marketingtage vom 19. bis 20.11.2019 auf Schloss Kirchberg

Dr. Michael Krappmann, Geschäftsführer des ZFW, erhält die Urkunde im BMWi-Wettbewerb 'EXIST-Potentiale' von Dr. Sabine Hepperle, Leiterin der Abteilung Mittelstands­­politik im BMWi - Foto: BMWi/Bildkraftwerk/Peter-Paul Weiler

Über 200 Teilnehmende trafen sich am 19. und 20. November zu den II. Öko-Marketingtagen auf Schloss Kirchberg an der Jagst, um sich über Vermarktungsfragen und Herausforderungen der Bio-Branche auszutauschen.

Gemäß dem Motto „Welcome to Mainstream – gemeinsam Verantwortung übernehmen“ referierten bekannte Persönlichkeiten und Expert/-innen aus Landwirtschaft, Zivilgesellschaft, Einzelhandel und Politik zu aktuellen Themen und stellten neue Projekte vor. Die Fakultät Landwirtschaft, Lebensmittel und Ernährung der HSWT war mit Fakultätsleiter Prof. Dr.  Wilhelm Pflanz, Prof. Dr. Paul Michels und Prof. Dr. Peter Breunig vertreten, die Workshops aus drei verschiedenen Themenbereichen leiteten und die Ergebnisse im Plenum präsentierten.

Professor Paul Michels, Studiendekan für Lebensmittelmanagement, moderierte den Nachmittagsworkshop über die „Verantwortung im internationalen Handel mit Obst und Gemüse“. Die Teilnehmenden diskutierten über mehr Transparenz in der Lieferkette und bei den Produktionsbedingungen von Lebensmitteln.  Sie forderten deutlichere Regelungen bei der Kennzeichnung von Obst und Gemüse (zum Beispiel die Angabe der genauen Herkunftsregion, die Anbaubedingungen und die CO2-Bilanz), da die „True Costs" nicht ersichtlich seien. Sowohl der Handel als auch die Politik sollten hier engagierter vorgehen und klare Rahmenbedingungen schaffen, waren sich die Teilnehmenden einig. Die Verantwortung tragen alle Beteiligten, einschließlich der Verbraucher:

  • Zu beachten sei die gesamte Lieferkette. Die Bezahlung fairer Preise alleine reiche nicht mehr aus: „Beim Handel geht es nicht nur um einen fairen Mindestpreis für die Erzeuger, sondern vielmehr um die faire Aufteilung zwischen den Partnern der Wertschöpfungskette,“ lautete ein Ergebnis des Workshops.

 

  • Auch soziale Standards müssen mehr Berücksichtigung finden, wenn die Ausbeutung der Produktionsländer vermieden werden soll.

 

  • Die Teilnehmenden sammelten weiterhin Ideen zur besseren Information der Öffentlichkeit, zum Beispiel über die Nutzung der Social Media („Sinn-fluencer") und den Aufdruck von QR-Codes auf Lebensmittel, die eine Verbindung zwischen dem Erzeuger und dem Verbraucher schaffen können.

 

Professor Breunig, Studiendekan für Landwirtschaft, leitete den Workshop Alles macht öko – was macht der Preis?" über die Preisstabilität im Handel. Die Teilnehmenden stellten fest, dass die stärkere Umstellung auf Ökolandbau zu einem größeren Angebot führe, vor allem bei Getreide. Aktuell scheint die Nachfrage gleichermaßen mitzuwachsen, insbesondere nach regionaler Ware und zertifizierter Ware von Bioanbauverbänden. Die Importanteile bei Getreide gehen zwar zurück, doch sei der Wettbewerb mit EU-Ware aus Osteuropa weiterhin groß. Die Preisdifferenzierung zwischen Verbands- und EU-Ware werde weiter zunehmen, waren sich die Teilnehmenden einig. Damit stehen die Verbände in der Pflicht, aktiv an der Stärke ihrer Marken zu arbeiten.

Für Politik und staatliche Institutionen gebe es mehrere Wege, marktstabilisierend einzugreifen:

  • Bildungsmaßnahmen, eine Anpassung der Lehre, eine verstärkte Kommunikation und neue Vorgaben im Bereich der öffentlichen Verpflegung könnten stabilisierende Wirkung zeigen.

 

  • Außerdem sei auch eine neue Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik auf EU-Ebene notwendig („öffentliches Geld für öffentliche Leistung“).

Laut Einschätzung der Teilnehmenden können auch die Öko-Marktakteure zur Stabilisierung der Preise beitragen, indem sie langfristige Verträge eingehen, Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette aufbauen und mehr Preistransparenz schaffen. Darüber hinaus sollten sie starke Marken herausbilden.

 

Den Workshop über zukunftsfähige und ressourceneffiziente Öko-Fleischerzeugung" moderierte Fakultätsleiter Professor Pflanz. Aktuelle Statistiken zeigen, dass die Öko-Fleischerzeugung und der Konsum weiterwachsen werden, während der Gesamtverzehr von Fleisch langsam abnehmen könnte. Um weniger Ressourcen zu verbrauchen, wünschten sich die Teilnehmenden einen bewussteren Konsum und die Verwertung aller Teilstücke bei der Schlachtung. Zufrieden zeigten sie sich hinsichtlich der flächengebundenen Tierhaltung und der Haltung entsprechend ethologischer Ansprüche bei Öko-Betrieben, da diese das Vertrauen der Verbraucher stärken.

Kritikpunkte gab es vor allem an bei den Themen

  • Proteinversorgung: Viel Eiweiß stamme aus Importen und die Nahrungskonkurrenz unter den Menschen könne kritisch werden, deshalb seien die Verwertung von Resten, Nebenprodukten und Insektenprotein in der Zukunft wichtig.

 

  • Zweinutzung: Der Verzicht auf spezialisierte Nutzung sei auch im Rinderbereich vorteilhaft (Initiative Bruderkalb), damit auch männliche Tiere ökologisch gehalten werden und nur hochwertiges Fleisch auf den Markt komme. Problematisch sei zum Beispiel das weit verbreitete Holstein-Rind, dessen männliche Kälber nur sehr schwer ökologisch aufzuziehen und zu vermarkten seien.

 

  • Tiergesundheit: Neue digitale Möglichkeiten können bei der Vorbeugung helfen, ebenso Praktiken wie z.B. die muttergebundene Aufzucht bei Kälbern.

 

  • Verpackung: Die Wiederverwertung sei wichtig, doch dürfe die Funktion des Produktschutzes nicht darunter leiden.

An diesen Punkten müsse dringend gearbeitet werden, lautete die Schlussfolgerung der Diskussionsrunde.

 

Videos aller Vorträge der Referenten der Öko-Marketingtage können in einfacher Qualität unter folgendem Link angeschaut werden: http://www.pscp.tv/OekoMTage/www.pscp.tv/OekoMTage/

 

Autorin: Marina Beck, HSWT, marina.beck@hswt.de

  • Gruppe von Vertreterinnen und Vertretern der prämierten Hochschulen und Universitäten, auf dem Bild Prof. Dr. Alexandra Wuthig vom Verbundpartner IUBH (5. von links) und Dr. Michael Krappmann von der HSWT (4. von rechts) - Foto: BMWi/Bildkraftwerk/Peter-Paul Weiler
    Foto: HSWT
  • Insgesamt erhalten 142 Hochschulen und Universitäten eine Förderung durch den BMWi Wettbewerb 'EXIST-Potentiale' - Foto: BMWi/Bildkraftwerk/Peter-Paul Weiler
    Foto: HSWT

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