Biomasse-basierte Produkte aus Konsumentensicht - ausgewählte europäische Länder im Vergleich.

Promovierende Person
Dr. rer. pol. Stefan Kurka
Forschungsschwerpunkt
Nachwachsende Rohstoffe
Zeitraum
15.05.2007 – 11.07.2012
Wissenschaftlich betreuende Person (HSWT)
Prof. Dr. Klaus Menrad
Einrichtung
Fakultät Gartenbau und Lebensmitteltechnologie
Standort Straubing für nachhaltige Ressourcennutzung
Wissenschaftlich betreuende Person (extern)
Prof. Dr. Florian von Wangenheim
Technische Universität München

Abstract

Im Rahmen dieser Dissertation wurde das Verbraucherverhalten gegenüber biomasse-basierten Konsumentenprodukten in Deutschland, den Niederlanden und Schweden untersucht. Ein besonderer Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf der Messung von Zahlungsbereitschaften mithilfe einer direkten Abfrage und einem Discrete-Choice-Experiment. Mittels einer ordinalen Regressionsanalyse und einer Latent-Class-Analyse wurden diejenigen Faktoren bzw. Personen identifiziert, die eine erhöhte Zahlungsbereitschaft für biomasse-basierte Konsumentenprodukte bei den Probanden aufweisen. Nach der Einleitung im 1. Kapitel wurde im 2. Kapitel zunächst der Untersuchungsgegenstand definiert und beschrieben. Dabei wurde ein Überblick über den Markt von biomasse-basierten Produkten gegeben. Insgesamt wurde dabei zwischen acht Produktgruppen (z.B. biomasse-basierte Reinigungsmittel oder Kunststoffe) unterschieden. Um das Konsumentenverhalten gegenüber biomasse-basierten Produkten in den Kontext generellen Käuferverhaltens richtig einzuordnen, wurden in Kapitel 3 die für diese Dissertation relevanten theoretischen Grundkonzepte des Verbraucherverhaltens erläutert, die die Grundlagen des 5. Kapitels bildeten. Neben dem SOR-Modell und aktivierenden bzw. kognitiven Prozessen und Determinanten des Konsumentenverhaltens, wie der Einstellung oder dem Wissenskonstrukt, wurde der Preis als wesentlicher Einflussfaktor des Konsumentenverhaltens und die theoretischen Grundlagen zur Zahlungsbereitschaft dargestellt. In Kapitel 4 wurden die in dieser Arbeit angewandten Methoden vorgestellt. Diese umfassen insbesondere Methoden zur Zahlungsbereitschaftsmessung, die ordinale Regressionsanalyse sowie Discrete-Choice-Experimente. Zur Auswertung von letzterem wurde ein konditionales Logit-Modell geschätzt und die Latent-Class-Analyse genutzt. Im 5. Kapitel wurden die empirischen Ergebnisse dieser Dissertation dargestellt. Nachdem Mitte 2008 die Datenerhebung der schriftlichen Befragung abgeschlossen war, flossen die Informationen von über 500 Probanden aus Deutschland, den Niederlanden und Schweden in die Datenanalyse ein. Wohl aufgrund des relativ langen Fragebogens sowie der Neuartigkeit des Erhebungsgegenstands, wurde der Fragebogen insbesondere von höher gebildeten Personen ausgefüllt. Neben der Bewertung genereller Einstellungsitems waren Fragen über Kaufhäufigkeiten von biomasse-basierten Produktgruppen in dem Fragenbogen integriert. Daneben beinhaltete dieser Multiple-Choice-Fragen über das Wissen gegenüber biomasse-basierten Produkten. Bei den Einstellungsitems gaben die Probanden an, insbesondere auf ökologische, nachhaltige und gesundheitsrelevante Aspekte zu achten. Ferner konnte festgestellt werden, dass ein vergleichsweise großer Teil der Probanden ankreuzte, Produktgruppen auf Basis von Biomasse selten bzw. noch nie gekauft zu haben, wobei noch am häufigsten biomasse-basierte Textilien, Reinigungsmittel oder Kosmetika erworben wurden. Schließlich konnte anhand der Wissensfragen über biomasse-basierte Produkte ermittelt werden, dass der größte Teil der teilnehmenden Personen über einen durchschnittlichen Wissensstand verfügt. Die Ergebnisse dieser drei Themenkomplexe flossen als unabhängige Variablen in die Modelle der ordinalen Regression und des Discrete-Choice-Experiments ein bzw. waren bei den Kreuztabellen von Relevanz. Hinsichtlich der Zahlungsbereitschaftsmessung wurden vier Produkte (Spülmittel, Shampoo, Fruchtsaft und ein Mobiltelefon) gewählt, die von einem Großteil in der Bevölkerung in den untersuchten Ländern benutzt bzw. gekauft werden. Wenngleich es sich um Produkte mit relativ geringen Marktanteilen handelte, waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung Spülmittel und Shampoo mit biomasse-basierten Inhaltsstoffen bereits auf dem Markt. Bei einem Orangensaft und einem Mobiltelefon waren jeweils eine biomasse-basierte Kunststoffflasche bzw. ein Gehäuse aus Biomasse die Produktattribute von besonderem Interesse. Diese hatten zum Zeitpunkt der Datenerhebung die Marktreife noch nicht erreicht. Bei der Eruierung der Zahlungsbereitschaft durch direkte Fragen für das Spülmittel und das Shampoo mit biomasse-basierten Inhaltsstoffen konnte, im Vergleich zu konventionellen Produkten, eine Mehrpreisbereitschaft bei knapp über der Hälfte der befragten Verbraucher ausgemacht werden, obwohl diese limitiert ist. Ein weiteres Ziel dieser Dissertation war es, die zahlungsbereitschaftsbeeinflussenden Faktoren der untersuchten Produkte zu identifizieren. Auf Basis der Ergebnisse der direkten Preisabfragen beim biomasse-basierten Spülmittel und Shampoo wurde in diesem Zusammenhang eine ordinale Regressionsanalyse durchgeführt. Dieses Verfahren erlaubt es, Wahrscheinlichkeiten für die Zugehörigkeit zu einzelnen Zahlungsbereitschaftsgruppen in Abhängigkeit von unabhängigen Variablen zu schätzen. Sowohl im Falle des biomasse-basierten Spülmittels als auch des Shampoos konnte ermittelt werden, dass vor allem eine positive Einstellung hinsichtlich ökologischer und gesundheitsrelevanter Aspekte die jeweilige Zahlungsbereitschaft erhöht. Daneben würden Konsumenten, die auch generell bei anderen Produkten weniger preisorientiert einkaufen, Aufpreise für biomasse-basierte Produkte akzeptieren. Ferner erhöhen bereits vorhandene Produkterfahrungen die Zahlungsbereitschaft. Speziell beim biomasse-basierten Spülmittel ist zudem besonders bei jüngeren Personen (<49 Jahre) und Personen mit höherem Bildungsniveau die Wahrscheinlichkeit erhöht, Aufpreise für dieses Produkt zu bezahlen. Darüber hinaus zählen insbesondere Niederländer, aber auch Deutsche zu dieser Gruppe. Beim Shampoo steigert ein höheres Einkommen die Zahlungsbereitschaft für dieses biomasse-basierte Produkt. Deutsche gehören allerdings hier weniger zum Kreis der Konsumenten, die höhere Preise für biomasse-basiertes Shampoo akzeptieren. Auch sind es weniger die Pioniere unter den Konsumenten, als vielmehr die späteren Folger, die Aufpreise für dieses Produkt bezahlen würden. Während bei einer ordinalen Regression die Ausprägungen der abhängigen Variablen berücksichtigt werden, können bei einem Discrete-Choice-Experiment die Teilnutzenwerte einzelner Produkteigenschaften gemessen werden. Die Durchführung eines Discrete-Choice-Experiments für den Orangensaft ergab, dass die Probanden generell eine biomasse-basierte Kunststoffflasche der Glasflasche und dem Tetra Pak Karton vorziehen würden. Hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft waren es insbesondere die Niederländer, die für einen Orangensaft in dieser Verpackung deutlich höhere Preise bezahlen würden. Obwohl eine biomasse-basierte Kunststoffflasche somit den Wert des Orangensaft steigert, stellte der Fruchtsaftgehalt ein ebenso bedeutendes Produktattribut dar, was sich in einer noch höheren Zahlungsbereitschaft widerspiegelt. Beim Mobiltelefon konnte ebenso festgestellt werden, dass ein biomasse-basiertes Produktattribut die höchste Präferenz bei den Gehäusetypen darstellt. Es muss allerdings an dieser Stelle von einer gewissen Überschätzung der Zahlungsbereitschaft der Probanden für ein biomasse-basiertes Gehäuse ausgegangen werden. Im Rahmen des Discrete-Choice-Experiments konnten durch die Latent-Class-Analyse für den Orangensaft vier und für das Mobiltelefon fünf Verbrauchersegmente identifiziert werden. Beim Orangensaft wurden die Gruppen als „LOHAS“, „Glasflasche präferierend & regionale Einkäufer“, „Tetra Pak bevorzugende Egoisten“ und „Biomasse-basierte Kunststoffflasche präferierend & unwissend“ bezeichnet. Für das Mobiltelefon wurden die einzelnen Segmente als „Biomasse-basiertes Kunststoffgehäuse präferierend & nachhaltig“, „Ausstattungsversiert & jung“, „Edelstahl präferierend & unumsichtig“, „Kunststoff präferierend & preisbewusst“ und schließlich „Gesundheitsbewusste Ausstattungs-Puristen“ benannt. Insbesondere bei der Verbrauchergruppe der „LOHAS“ und der „Biomasse-basierte Kunststoffflasche präferierend & unwissend“-Gruppe konnten in diesem Zusammenhang die vergleichsweise höchsten Zahlungsbereitschaften für biomasse-basierte Produktattribute bei dem Fruchtsaft ausgemacht werden. Bei dem Mobiltelefon waren es vor allem Mitglieder der Gruppen „Biomasse-basiertes Kunststoffgehäuse präferierend & nachhaltig“ und „Gesundheitsbewusste Ausstattungs-Puristen“, die einen verhältnismäßig hohen Aufpreis für eine biomasse-basierte Kunststoffschale akzeptieren würden. Abschließend wurde untersucht, ob es stets dieselben Konsumenten sind, die für biomasse-basierte Produkte (bzw. Produktattribute) mehr zu bezahlen bereit sind oder ob eine erhöhte Zahlungsbereitschaft vielmehr von den jeweiligen Produkten abhängig ist. Nach einem Vergleich der Zahlungsbereitschaftsangaben bei den vier untersuchten Produkten konnte festgestellt werden, dass eine erhöhte Zahlungsbereitschaft insbesondere von den jeweiligen Produkten abhängt und weniger von einzelnen Personen, die konsequent für „alle“ Produkte mit biomasse-basierten Produkteigenschaften eine hohe Zahlungsbereitschaft aufweisen. Ebenso konnte bei einem direkten Vergleich der vier Produkte hinsichtlich der Einflussfaktoren, die eine entsprechende Zahlungsbereitschaft für biomasse-basierte Produkte bzw. Produktattribute begründen, festgestellt werden, dass vergleichsweise hohe Zahlungsbereitschaften bei Personen ausgemacht wurden, die generell auf ihre Gesundheit achten, vergleichsweise umweltfreundlich sind und generell weniger „preissensibel“ einkaufen. Zudem resultieren insbesondere die Angaben der Niederländer in eine vergleichsweise hohe Aufpreisbereitschaft für Produkte mit biomasse-basierten Produktattributen.