• Laufzeit: 01.02.2013 – 31.12.2017
  • Schwerpunkt: Landnutzung
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Wirkung karbonisierter, organischer Reststoffe (Pyrolyse und hydrothermale Kohle) auf die Bodenfruchtbarkeit

  • Projektleitung HSWT: Prof. Dr. Elke Meinken

Die Berichte über anthropogene, fruchtbare Böden im Amazonasbecken haben weltweit zu einem Boom bei der landwirtschaftlichen Verwendung von karbonisierten Reststoffen geführt. Im Vordergrund steht dabei die Verbesserung der physikalischen, chemischen und biologischen Bodeneigenschaften und damit die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit. Das Institut für Gartenbau (IGB) untersuchte gemeinsam mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), ob sich die v.a. unter tropischen Boden- und Klimabedingungen gewonnenen Erkenntnisse auf bayerische Verhältnisse übertragen lassen. Eine bodenverbessernde Wirkung durch karbonisierte Reststoffe war nicht zu beobachten. Vielmehr konnte gezeigt werden, dass die häufig hervorgehobene P-Sorptionsfähigkeit von Pyrolysekohlen mehr auf Calciumphosphatausfällungen als auf einer Bindung von Phosphat an den Kohlepartikeln basiert. Lediglich die Aufbereitung P-reicher Reststoffe mittels Karbonisierung scheint ein vielversprechender Ansatz zu sein.

Abb. 1: HTC-Kohle (links) und Pyrolysekohle (rechts) hergestellt aus Buchenholzhäcksel (mitte)
Abb. 2: Auswirkung verschiedener Pyrolysekohlen auf die Veränderung der Chloridgehalte während einer Inkubation

Bereits im späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhundert beschrieben Forschungsreisende im Amazonasbecken anthropogene Böden, die im Gegensatz zu den dort typischen geogenen Böden sehr humus- und nährstoffreich sind. Die außerordentliche Fruchtbarkeit dieser Böden wird v.a. ihrem hohen Gehalt an pyrogenem Kohlenstoff zugeschrieben. In Anlehnung an die in Europa vorkommenden Schwarzerden werden diese Anthrosole als „Terra Preta“ bzw. „Terra Preta do Indio“ bezeichnet. Gut 100 Jahre später wurden sie von der Wissenschaft wiederentdeckt und haben damit weltweit zu einem Boom bei der Verwendung von karbonisierten Reststoffen in der Landwirtschaft geführt. Die Einbringung von stabilem polyaromatischem Kohlenstoff (black carbon) soll dauerhaft die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften des Bodens verbessern. Ein Aspekt der dabei besonders hervorgehoben wird, ist die Verbesserung der Nährstoffversorgung durch die hohe Sorptionskapazität des pyrogenen Kohlenstoffs. Im Rahmen eines vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützten Forschungsprojekts untersuchte das Institut für Gartenbau (IGB) gemeinsam mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), inwieweit sich karbonisierte organische Reststoffe positiv auf die Bodenfruchtbarkeit bayerischer Ackerböden auswirken. Am IGB wurde schwerpunktmäßig dem Einfluss auf die Nährstoffverfügbarkeit und die Nährstoffdynamik nachgegangen. Hierzu erfolgten eine Reihe Labor- und Gefäßversuche, die zum überwiegenden Teil im Rahmen studentischer Abschlussarbeiten von Studierenden der HSWT bzw. in Kooperation mit der TU München durchgeführt wurden. Die LfL untersuchte in großflächigen Feldversuchen die Wirkung auf chemische, physikalische und biologische Bodenparameter sowie den Ertrag.

Abb. 3: P-Aufnahme von Mais bei Düngung mit unterschiedlich karbonisierten Biogasgärresten
Abb. 4: Maispflanzen zu Versuchsende bei Verwendung unterschiedlich karbonisierter Biogasgärreste als P-Dünger

Karbonisierte Reststoffe: Begriffe und Definitionen

Bei karbonisierten Reststoffen sind unterschiedliche Begriffe zu trennen. Vielfach wird der englische Ausdruck „biochar“ (Wortschöpfung aus biomass und charcoal) übernommen bzw. das deutsche Wort Biokohle genutzt. Um Missverständnissen bezüglich einer Biozertifizierung zu vermeiden, hat sich in den letzten Jahren zunehmend der Begriff Pflanzenkohle durchgesetzt. Als Pflanzenkohlen werden allerdings nur karbonisierte Reststoffe verstanden, die pyrolytisch verkohlt wurden. Neben der Pyrolyse gibt es noch die Hydrothermale Karbonisierung (HTC). Dabei wird feuchte Biomasse in einem wässrigen Milieu unter Druck (ca. 20 bar) und bei Temperaturen um 200 °C karbonisiert und anschließend der HTC-Schlamm mechanisch bzw. thermisch entwässert. Mittels HTC karbonisierte Reststoffe werden entweder als HTC-Kohlen bezeichnet oder es wird der englische Begriff „hydrochar“ verwendet. Wie auf Abb. 1 zu sehen ist, kommen Pyrolysekohlen den üblichen Holzkohlen äußerlich sehr nahe, während HTC-Kohlen mehr Ähnlichkeit mit stark zersetztem Torf bzw. Weichbraunkohle haben. Neben Pyrolyse und HTC gibt es noch weitere Verkohlungsverfahren wie Torrefizierung oder Verkokung. In diesem Forschungsprojekt wurden aber nur pyrolytisch bzw. hydrothermal karbonisierte Reststoffe verwendet.

Wirkung karbonisierter Reststoffe auf die Nährstoffverfügbarkeit und Nährstoffdynamik

Im ersten Versuch wurde die Sorptionskapazität sowohl von pyrolytisch als auch von hydrothermal karbonisierten Holzhackschnitzeln in Batchexperimenten im Labor ermittelt. Des Weiteren erfolgten Untersuchungen, ob sich diese karbonisierten Reststoffe durch die Einbringung in eine mineralische Nährlösung bzw. eine Schweinegülle mit Nährstoffen anreichern lassen. Die Batchversuche ergaben für die pyrolysierten Hackschnitzel zwar keine messbare Sorption von Nitrat und Kalium sowie keine pflanzenbaulich relevante Sorption von Ammonium, aber eine sehr hohe Sorption von Phosphor. Die hydrothermal karbonisierten Hackschnitzel zeigten dagegen bei keinem der vier Nährstoffe eine erwähnenswerte Sorption. In Brutversuchen und Wachstumstesten mit Chinakohl unter Verwendung der angereicherten Materialien wirkte sich die hohe P-Sorption der pyrolysierten Reststoffe allerdings weder auf die extrahierbaren P-Mengen noch auf die P-Aufnahme der Pflanzen aus. Deshalb stand dieser Aspekt im Fokus eines zweiten Versuchs. Hierfür wurden Waldhackschnitzel bei 450 bzw. 750 °C pyrolysiert und mit einer mineralischen Phosphorlösung angereichert. In Batchversuchen zeigten beide Pyrolysekohlen erneut eine beachtliche P-Sorptionskapazität, die sich aber in einem anschließenden Gefäßversuch mit Mais und Lupine auf einem sehr P-armen Boden wiederum nicht auf die P-Aufnahme der Pflanzen auswirkte. Die Ergebnisse der ersten beiden Versuche warfen die Frage auf, ob es sich bei den in den Batchversuchen ermittelten Sorptionskapazitäten nur um methodisch bedingte Artefakte handelt. Daher wurde in aufbauenden Laborversuchen die Zusammensetzung der für die Bestimmung der Sorptionskapazität verwendeten Schüttellösung gezielt variiert. Diese Untersuchungen zeigen eindeutig, dass die in den Batchversuchen zuvor ermittelte P-Sorption im Wesentlichen auf einer Ausfällung von Calciumphosphaten in Folge eines durch die hohe Alkalität der Pyrolysekohlen verursachten Anstieg des pH-Wertes in der Schüttellösung beruht. Die Ergebnisse dieser drei Versuche wurden bereits im Forschungsbericht 2015 ausführlich vorgestellt. Zwar ließ sich in den durchgeführten Batchversuchen keine Nitratsorption nachweisen, allerdings fanden sich während der Projektlaufzeit in der Literatur Hinweise auf eine Nitratspeicherung in den Feinstporen von pyrolytisch karbonisierten Reststoffen, die mit den etablierten bodenchemischen Analyseverfahren nicht erfasst wird. Um dem nachzugehen, wurde ein Inkubationsversuch mit fünf verschiedenen Pyrolysekohlen angelegt. Der Versuch erfolgte zum einen mit Nitrat sowie analog mit Chlorid, da Änderungen bei den Nitratgehalten sowohl von einer physikalisch bedingten Speicherung in den Feinstporen als auch von Mineralisations- und Nitrifikations- bzw. Immobilisierungsprozessen verursacht sein können und damit eine eindeutige Beantwortung der Versuchsfrage nur anhand des Nitrats nicht möglich ist. Die fünf Kohlen wurden in einen gemüsebaulich genutzten Oberboden eingemischt und anschließend die Boden-Kohle-Mischungen mit Calciumnitrat bzw. -chlorid aufgedüngt. Zu Beginn und Ende der 21-tägigen Inkubation erfolgte eine Bestimmung des Nitrat- und Chloridgehalts, wobei die Proben zum einen, wie in der Bodenuntersuchung üblich, für eine und andererseits für 24 Stunden geschüttelt wurden. Weder beim Nitrat noch beim Chlorid hatte die Schütteldauer einen signifikanten Einfluss auf die extrahierbaren Mengen. Die Differenzen zwischen den extrahierten Chloridmengen vor und nach der Inkubation unterschieden sich nur bei einer Pyrolysekohle signifikant von Null (Abb. 2). Insgesamt ergaben die Versuche somit nur sehr schwache Hinweise auf eine Nitratspeicherung in Feinstporen.

P-Düngewirkung von karbonisierten Biogasgärresten

Nachdem sich die Beladung von nährstoffarmen, karbonisierten Reststoffen mit Nährstoffen als wenig zielführend erwiesen hatte, konzentrierten sich die abschließenden Arbeiten auf die Aufbereitung von P-reichen Biogasgärresten mittels Pyrolyse sowie hydrothermaler Karbonisierung. Die Grundidee bestand darin, die Transportwürdigkeit der Gärreste zu erhöhen, um so das Problem der lokalen P-Überschüsse in Gebieten mit einer hohen Dichte an Biogasanlagen zu reduzieren. Für den Versuch wurde ein getrockneter und pelletierter Biogasgärrest bei zwei Temperaturstufen (400 und 700 °C) pyrolysiert bzw. mit zwei Verweildauern im Reaktor (6 und 8 h) hydrothermal karbonisiert. Während es durch die Pyrolyse zu einer P-Anreicherung um den Faktor zwei (400 °C Pyrolysetemperatur) bzw. drei (700 °C Pyrolysetemperatur) kam, war der P-Gehalt der hydrothermal karbonisierten Biogasgärreste nur unwesentlich höher als der des unbehandelten Gärrests. Die P-Düngewirkung der karbonisierten Gärreste wurde in einem Gefäßversuch mit Mais ermittelt (s. Abb. 3). Hierbei waren der unbehandelte Gärrest sowie beide HTC-Kohlen vergleichbar mit der mineralisch gedüngten Kontrolle. Im Falle der pyrolysierten Gärreste zeigten die Pflanzen dagegen eine signifikant geringere P-Aufnahme. Zudem war die Sprossfrischmasse etwas geringer und die Pflanzen hatten erste Anthocyanverfärbungen an den Blattadern (s. Abb. 4).

Einfluss von karbonisierten Reststoffen auf die Bodenfruchtbarkeit

Die Feldversuche der LfL wurden unter Praxisbedingungen an drei Standorten angelegt (siehe Abb. 5), die sich sowohl klimatisch als auch bezüglich der Bodeneigenschaften deutlich unterschieden. Auf den Versuchsflächen wurden steigende Mengen karbonisierter Reststoffe (20 bis 60 t/ha) ausgebracht. Über die vier nachfolgenden Vegetationsperioden hinweg konnte mit Ausnahme der Corg- bzw. Ct-Gehalte keine signifikante Änderung chemischer, physikalischer oder mikrobieller Bodenparameter festgestellt werden und auch bei den Erträgen gab es keine Unterschiede.

Fazit des Forschungsprojektes

Im Gegensatz zu einer Vielzahl von Versuchen unter (sub-)tropischen Klimabedingungen auf stark verwitterten Böden konnte unter bayerischen Klima- und Bodenverhältnissen durch karbonisierte Reststoffe keine signifikante Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit erzielt werden. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass die frisch karbonisierten Reststoffe direkt in den Boden eingebracht wurden. Da dies auch bei mehreren anderen Versuchen in gemäßigten Breiten kaum positive Auswirkungen zeigte, verlagert sich die Forschung in letzter Zeit mehr hin zur Kombination von karbonisierten Reststoffen mit Kompost oder Stallmist. Solche Mischungen bzw. co-kompostierte karbonisierte Reststoffe haben in gemäßigten Breiten zu positiven Effekten geführt. Allerdings ist der aktuelle Wissensstand – ähnlich wie zum direkten Einsatz von karbonisierten Reststoffen zu Beginn des Forschungsprojektes – noch recht unübersichtlich. Gleiches gilt für die im letzten Versuch an der HSWT untersuchte Aufbereitung nährstoffreicher Biogasgärreste und ähnlicher landwirtschaftlicher Reststoffe. In beiden Fällen sind weitergehende Untersuchungen nötig, um die Potenziale für die bayerische Landwirtschaft abschließend bewerten zu können.

Publikationen

  • Dr. Dieter Lohr, Prof. Dr. Elke Meinken

    Verbesserung der pflanzenbaulichen Eignung von HTC-Kohle durch eine Co-Kompostierung (2015) Versuche im deutschen Gartenbau 2015 ‒ Gemüsebau, ePaper , S. 464-468.

Projektleitung HSWT

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