• Laufzeit: 01.08.2019 – 31.07.2020
  • Schwerpunkt: Weitere Forschungsfelder
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Hofnachfolge in Bayern: Situationsanalyse und Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Situation

Hintergrund

Die Sicherstellung der Generationenfolge ist eine der wichtigsten Aufgaben der Agrarpolitik zur Zukunftssicherung der Landwirtschaft in Bayern. Ziel der Agrarpolitik bleibt es, eine möglichst große Zahl an landwirtschaftlichen Unternehmen, unabhängig von Betriebsgröße, Produktionsausrichtung und Betriebsform zu erhalten bzw. zu etablieren. Dies bietet die beste Gewähr für die von der Gesellschaft gewünschte flächendeckende Landbewirtschaftung, für eine breite Streuung des bäuerlichen Eigentums und für den Erhalt attraktiver, vitaler ländlicher Räume.

In den letzten Jahren sah sich die bayerische Landwirtschaft mit bisher ungekannten Marktvolativitäten und -liberalisierungen sowie zusätzlichen gesetzlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen konfrontiert, die den landwirtschaftlichen Betrieben einerseits neue Chancen bieten, aber von diesen oftmals auch als Risiken wahrgenommen werden. Diese Umfeldänderungen führen bei vielen Betrieben zu einer Neubewertung der Zukunftsfähigkeit. Die Generationenfolge bayerischer landwirtschaftlicher Betriebe sollte daher im Status quo empirisch untersucht werden und Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation abgeleitet werden. Ein betrachtetes Themenfeld soll dabei die außerfamiliäre Hofübergabe sein.

Im Unterschied zu anderen Mitgliedsstaaten und Ländern wurde die Generationenfolge in Bayern bisher nicht als besonderes Problem wahrgenommen. Aufgrund des seit Jahren eher niedrigen Strukturwandels wurde die Bedeutung dieser Thematik evtl. verkannt. Die vorhandenen Informationen zur Thematik, etwa aus der Agrarstatistik oder aus Verwaltungsdaten, sind dazu nicht sehr umfangreich und geben wenig Einblicke insbesondere in die Hintergründe und die Rahmenbedingungen der Hofnachfolgesituation in Bayern. Um dazu verlässliche Daten zu bekommen, hatte das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf zu dieser Studie beauftragt.

Vorgehensweise und Zielsetzung

Es erfolgte eine Erhebung der aktuellen Hofnachfolgesituation der überwiegend familiengeführten Betriebe in Bayern. Dabei wurden Formen, Determinanten und Barrieren der Hofnachfolge innerhalb und außerhalb der Familie anhand einer großzahligen Onlinebefragung unter Landwirten erhoben. Befragt wurden übernehmende Hofnachfolger und abgebende Betriebsleiter:innen. Die Stichprobenziehung ist dabei in Bezug auf die Verteilung Region, Alter der Befragten und Betriebsgröße repräsentativ. Weiterhin wurden Experteninterviews mit Vertreter:innen wesentlicher Akteursgruppen mit dem Ziel geführt, Determinanten und Rahmenbedingungen der Hofübergabe in Bayern und Verbesserungsmöglichkeiten bzw. mögliche politische Maßnahmen zu explorieren. Eine Analyse vorhandener agrarpolitischer Maßnahmen und Initiativen zur Unterstützung der Hofnachfolge innerhalb und außerhalb der Familie, die Bewertung und Ableitung von ergänzenden Maßnahmen und Verbesserungen in Bayern rundete die Studie ab.

Für die als Onlinestudie konzipierte Umfrage wurden Mehrfachantragsteller:innen in Bayern mithilfe einer Zufallsauswahl selektiert. Die Befragung startete Ende November 2019 und lief bis Ende Februar 2020. Insgesamt hatten 2.221 Teilnehmende den Online-Fragebogen vollständig ausgefüllt. Die Umfrage wurde ergänzt durch Befragungen von Expert:innen aus den Bereichen Steuern, Agrarrecht, agrarsozialen Themen, Arbeitssicherheit und Gesundheit sowie der berufsständischen Vertretung der Landwirt:innen.

Wesentliche Ergebnisse der Studie

Allgemeine Hofnachfolgesituation in Bayern

Bei 45 % der befragten Betriebsleiter:innen steht momentan kein Generationswechsel an. 23 % der Befragten geben an, dass die Hofnachfolge bereits geklärt ist und 14 % geben die Bewirtschaftung voraussichtlich auf. Noch ungewiss ist die Hofnachfolge bei 18 % der Befragten.

Der klassische Hofübergabevertrag ist die am häufigsten eingesetzte bzw. geplante Hofübergabeform in Bayern.
Betriebe mit bereits geregelter Hofnachfolge (23 % der befragten Betriebe) übergeben in über 95 % der Fälle an leibliche Kinder. Außerfamiliäre Hofübergabe spielt kaum eine Rolle.

Für mehr als 80 % der Betriebe mit noch ungeklärter Hofnachfolge kommt eine Hofübergabe außerhalb der Familie nicht in Betracht, auch wenn die Bewirtschaftung aufgegeben wird oder noch ungewiss ist. Unter Aufgabe verstehen die Befragten auch Verpachtungen. Der Anteil an geplanten oder durchgeführten Hofübergaben an Personen außerhalb der Familie oder außerfamiliäre Adoptionen liegt bei unter 2 %.

Die größte Hürde für die Hofnachfolge sind die guten Verdienstmöglichkeiten für die potenziellen Hofnachfolger:innen außerhalb der Landwirtschaft; auch die hohe Arbeitsbelastung auf den Höfen stellt ein bedeutendes Hemmnis dar.

Determinanten der Hofnachfolge in Bayern

Bei den Determinanten der Hofnachfolge ist zunächst das Alter der/des Betriebsleiterin/Betriebsleiters zu nennen. In der Regel wird die Hofnachfolge ab einem Alter von 50 Jahren geklärt.

Die Hofnachfolgesituation ist in den Regierungsbezirken unterschiedlich ausgeprägt. Der Anteil der Betriebe mit noch ungeklärter Hofnachfolge ist in Oberfranken mit 23 % am größten.

Je größer der Betrieb ist, umso eher ist die Hofnachfolge bereits geklärt.

Haupterwerbsbetriebe haben zu 29 %, Nebenerwerbsbetriebe zu 19 % ihre Hofnachfolge geklärt.

Die Erstberufsausbildung der potenziellen Hofnachfolger:innen ist eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft des Betriebes. Wenn die Hofnachfolger:innen eine landwirtschaftsnahe Berufsausbildung im Erstberuf einschlagen, ist die Hofnachfolge signifikant öfter bereits geklärt.

Die meisten Betriebsleiter:innen sehen ihre Zukunft durch den zunehmenden bürokratischen Aufwand beeinträchtigt, gefolgt von Produktionsauflagen, Unbeständigkeit der politischen Rahmenbedingungen und unzureichenden Produktpreisen. Betriebe mit bereits geklärter Hofnachfolge beklagen zudem signifikant häufiger eine knappe Flächenverfügbarkeit in der Region und Erschwernisse bei Baugenehmigungen.

Entwicklungsstrategien der Betriebe im Rahmen der Hofnachfolge

Die wichtigsten Strategien zur Weiterentwicklung der Betriebe im Rahmen der Hofnachfolge sind Übergang zum Nebenerwerb und Optimierung der vorhandenen Produktionsverfahren. Erst mit deutlichem Abstand folgen mit nahezu gleicher Ausprägung Aufgabe der Tierhaltung, Wachstum (Tierzahl, Fläche), Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung und Diversifizierung. Kooperationen mit anderen Betrieben werden dagegen seltener ins Auge gefasst.

Der Übergang in den Nebenerwerb wird insbesondere von kleineren Betrieben mit 10 bis 20 ha verfolgt (54 % dieser Teilgruppe wählen die Strategie). Bei Betrieben zwischen 20 bis 50 ha ist das deutlich seltener (38 % dieser Teilgruppe). Noch seltener ist das dann der Fall, wenn die 20 bis 50 ha Betriebe mehr als 1 bis 1,5 Familien AK haben (dann wird der Nebenerwerb in 23 % der Fälle ins Auge gefasst). Bei Betrieben mit mehr als 50 ha Betriebsfläche ist der Übergang in den Nebenerwerb deutlich seltener (17,6 % dieser Teilgruppe). Noch seltener ist das dann der Fall, wenn Betriebe die größer als 50 ha sind und mehr als 1 bis 1,5 Familien AK haben (dann wir der Nebenerwerb in 8,8 % der Fälle verfolgt).

Die Strategie der Optimierung (gleiches Verfahren, aber Steigerung der Produktivität durch neue Technik etc.) findet sich bei kleineren Betrieben (5-10 ha und kleiner) kaum (11 % der Fälle dieser Gruppe). Die o.g. Strategie wird von Betrieben der Größe 20 bis 50 ha insb. dann gewählt, wenn der Eigenanteil an den Flächen größer 70 % ist (dann 21% der Fälle dieser Gruppe). Die Strategie der Optimierung wird bei Betrieben größer 50 ha insb. dann gewählt, wenn die Betriebsleiter:innen jünger als 36-40 Jahre ist (57 % der Fälle dieser Gruppe).

Insbesondere für kleinere und weniger spezialisierte Betriebe sind Einkommenskombinationen eine gute Möglichkeit, Arbeitsplätze auf den Betrieben zu erhalten.

Unterstützung bei der Hofnachfolge - Bewertung und Wünsche zu Beratungsangeboten

Die meisten der Befragten informieren sich bei Steuerberatern, der berufsständischen Vertretung, Rechtsanwälten und Notaren über die Hofnachfolge. Sehr zufrieden waren die Befragten mit den Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren.

Die befragten Betriebsleiter:innen erwarten in der Zukunft eine Zunahme an Konflikten insbesondere bei Regelungen zum Altenteil und hier insbesondere bei der Pflege im Alter und der Abfindung weichender Erben.

Die Befragten sind an einer ganzheitlichen Beratung interessiert, die alle Themen (betriebliche Situation, Konflikte, Steuern und Recht) abdeckt. Über 50 % der Befragten wünschen sich eine kostenlose Erstberatung zur Hofübergabe, bei der im weiteren Prozess dann zusätzliche Spezialisten hinzugezogen werden sollten.

Die befragten Betriebsleiter:innen wünschen sich eine proaktive bzw. frühzeitige Kommunikation zum Thema Hofnachfolge, erwarten dabei auf die jeweilige Situation des Betriebes (Größe, Spezialisierung, etc.) abgestimmte Beratungen (ÄELF, berufsständische Vertretung oder komplett privat). Dabei wünschen sich die Befragten einen Prozessbegleiter bzw. Ansprechpartner, der die entsprechenden Leistungen aus einer Hand anbietet.

Abschließende Empfehlungen

  • Einführung von Freibeträgen im Steuerrecht zur Abfindung weichender Erben (100.000 €/Kind) und zur Pflege
  • Erleichterungen hinsichtlich Bauen im Außenbereich (z.B. im Zusammenhang mit landwirtschaftsnahen Einkünften wie Ferienwohnungen) oder Umnutzung von Altgebäuden etc.
  • Erleichterung in den Ausweis- und Dokumentationspflichten; Förderung überbetrieblicher Kooperationen als mögliche Lösung, um Synergien zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe zu fördern und die Kapitalbelastung der Unternehmen zu senken.
  • Ausbau der Junglandwirt:innen-Prämie zur Förderung der Übernahme und als Anreiz für eine frühzeitige Übergabe.
  • Ergänzung der landwirtschaftlichen Ausbildung um weitere Fertigkeiten und Kenntnisse, um die Resilienz der Betriebe bzw. Betriebsleiter:innen bei zunehmenden Unsicherheiten im betrieblichen Umfeld zu erhöhen. Ein interessanter Ansatz ist die in Österreich angebotene "Doppelqualifikation". Dabei können die Auszubildenden neben dem/der einschlägigen Facharbeiter:in (im Bereich Landwirtschaft) auch gewerbliche Berufsabschlüsse und Qualifikationen in den Bereichen Gesundheit und Soziales, Ernährung und Tourismus, Büro, Handel und Handwerk erlangen.
  • Ausbau und Vertiefung eines planbaren, geregelten Weiterbildungsangebots in der Landwirtschaft, auch unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten.
  • Aufbau von staatlich angelegten Gründerzentren und Einführung einer Existenzgründerförderung für landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche Existenzgründungen.
  • Neben Seminaren zur "Hofnachfolge" auch Angebote und Förderung von Seminaren zum Thema "Vermögenssicherung" in einem bewusst breiten Ansatz.
  • Angebot von Online-Seminaren zum Thema Hofnachfolge. Ziel sollte sein, Best-Practice-Beispiele zu vermitteln, in denen Praktiker:innen Erfahrungswissen an Praktiker:innen weitergeben.
  • Herausgabe einer Broschüre, in der die Schritte der Hofübergabe, insbesondere rechtliche & steuerliche Themen, übersichtlich dargestellt sind.
  • Förderung von Seminaren zu Fragen von Betriebszweiggründungen und zur Vermarktung.
  • Angebot einer kostenlosen neutralen Einstiegsberatung (betriebsindividuelle sozioökonomische Beratung) bzw. einer Prozessberatung, die bei der Hofübergabe begleitet.

Projektleitung HSWT

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