Winterfest in hohen Lagen: Stechpalmen im bayerischen Voralpenland am nächsten mit französischen verwandt

  • Datum: 20.12.2021
  • Autor: HSWT
Photo beach embankment, multi-storey houses in background

Weihenstephan - Die Stechpalmen im bayerischen Voralpenland kommen offensichtlich besser mit Frost zurecht als ihre Artgenossen in Süd- und Westeuropa - darauf deuten Ergebnisse eines Forschungsprojekts der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und der Technischen Universität München (TUM) hin. Die Forscher:innen fanden heraus, dass sich die Voralpenpopulation genetisch von der in Süd- und Westeuropa unterscheidet, während sie mit jener in Südfrankreich näher verwandt ist. Und sie dringt zusehends in höhere, unwirtliche Lagen vor. Den Höhenrekord bei der Verbreitung hält ein Exemplar, das im Mangfallgebirge auf 1.300 Metern über dem Meer entdeckt wurde. Dort erträgt die Stechpalme Temperaturen von bis zu minus 25 C° sowie hohe Schneelagen.

Normalerweise bevorzugt die Stechpalme, der Baum des Jahres 2021, ein mildes, feuchtes und frostarmes Klima und ist vorwiegend im Mittelmeergebiet sowie am Atlantik im Nordwesten Europas heimisch. Doch in den Voralpen ist sie, nicht nur als Weihnachtsschmuck, fest im Brauchtum verankert. Tatsächlich bilden die Vorkommen vom Bodensee bis Berchtesgaden die einzige natürliche Verbreitung innerhalb Bayerns. Die regional unter anderem als Stechdorn, Walddistel oder Wachslaber bezeichnete Art fällt mit ihren glänzend-dunkelgrünen, am Rand meist dornigen Blättern und den roten Früchten im winterlichen Bergwald besonders auf. Forscher:innen um Prof. Dr. Jörg Ewald an der HSWT wollten herausfinden, ob der Klimawandel die Verbreitung von Ilex aquifolium, so die wissenschaftliche Bezeichnung, begünstigt. Dazu untersuchen sie sowohl die aktuelle Verbreitung der Pflanze im Voralpenraum als auch die genetische Stellung der bayerischen Populationen.

Stechpalmen der Bauerngärten entstammen dem Bergwald

Fünf Absolvent:innen der HSWT durchkämmten das Gebiet in den Voralpen systematisch und dokumentierten 250 Vorkommen exakt. Mit einem Höhenrekord von 1.300 Metern über dem Meeresspiegel im Mangfallgebirge folgt das Verbreitungsgebiet der Stechpalme erstaunlich exakt der Klimaerwärmung von 2 Grad Celsius seit dem Jahr 1850: Damals wurde im Auftrag von König Maximilian II. die höchste Stechpalme auf einer Höhe von 900 Metern verortet. Die immergrüne Baumart zählt somit zu den Gewinnern des Klimawandels. Genetische Analysen der TU München bestätigen die Hypothese, dass sich die Stechpalmen der Bayerischen Alpen genetisch von denen Süd- und Westeuropas unterscheiden - am ehesten stehen Sie Vorkommen in Südfrankreich nahe. Bis auf eine einzige Ausnahme gehörten alle im Bergwald und in benachbarten Gärten beprobten Stechpalmen zum selben Genotyp. Damit erwies sich die Annahme als richtig, dass in der Region fast nur gebietsheimische Stechpalmen wachsen und nachgepflanzt werden.

Aus ihren Erkenntnissen leiten die Forscher:innen Empfehlungen für Schutz- und Pflegemaßnahmen,  Nutzungsmöglichkeiten im Waldbau sowie für die Nachzucht gebietsheimischer Ilex ab.

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