Inklusives Planungsverständnis – Teilhabe für alle

Studierende, die für das Sensibilisierungstraining auf den Rollstuhl angewiesen sind, als auch Studierende, die eine Seheinschränkunsbrille tragen treffen sich im Hofgarten und diskutieren.
© Caroline Kunath
Die Studierenden besuchen während ihrer Exkursion die Ernst-Barlach-Grund-, Mittel- und Realschule und stehen mit Professorin Frau Schmidt und Schulleiterin in der offenen Aula. Die umliegenden Klassenzimmer sind bogenförmig um den Lichthof angeordnet und über Gänge erschlossen.

Caroline Kunath

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts spielt das Thema Inklusion eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und einem damit einhergehenden Wandel eines gesellschaftlichen Selbstverständnisses, streben wir heute eine inklusive Gesellschaft an, „in der jeder Mensch die Möglichkeit erhält, sich vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen – und zwar von Anfang an und unabhängig von individuellen Fähigkeiten, ethnischer wie sozialer Herkunft, Geschlecht oder Alter“(vgl. www.aktion.mensch.de).

Die Herstellung von barrierefreien Räumen, das heißt, die Anpassung von Stadtraum und Architektur, von Landschaft und Freiraum an die Vielfalt der Menschen mit ihren verschiedenen Fähigkeiten, stellt einen fundamentalen Baustein für ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben aller Menschen im Sinne einer inklusiven Gesellschaft dar. Die gegenwärtige Generation der Planerinnen und Planer hat die Verantwortung, die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten.

Die Lehreinheit „Inklusives Planungsverständnis – Teilhabe für alle“ ist wichtiger Bestandteil des Lehrangebots der Fakultät Landschaftsarchitektur. So fand auch in diesem Sommersemester 2023– bereits zum siebten Mal – ein sogenanntes Sensibilisierungstraining an der Fakultät Landschaftsarchitektur statt. Studierende der Studienrichtung Freiraumplanung haben in Rollstühlen, im Altersanzug, mit Rollatoren oder Blindenstöcken und Simulationsbrillen (Brillen, die verschiedene Sehhinderungen simulieren) den Hofgarten aus der Perspektive von Nutzerinnen und Nutzern mit motorischen und sensorischen Einschränkungen erlebt und wahrgenommen. Diese persönlichen Erfahrungen schärfen den Blick auf die notwendigen Planungsanforderungen von Menschen mit motorischen und sensorischen Einschränkungen und tragen so zu einer qualitativen und quantitativen Herstellung von Barrierefreiheit im öffentlichen Raum bei.
Das Sensibilisierungstraining wie auch Stadtspaziergänge in München und Umgebung werden vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e. V. (BBSB) unterstützt und begleitet.

Ebenfalls Bestandteil der Lehreinheit „Inklusives Planungsverständnis – Teilhabe für alle“ ist eine Tagesexkursion nach München. Hier besuchen die Studierenden die Pfennigparade, eine gemeinnützige Stiftung, die Menschen mit Körperbehinderung und anderen Beeinträchtigungen in allen Lebensphasen und Lebenswelten begleitet. Begleitet wurde die Gruppe dieses Mal von Herrn Schwarz und Frau Petschat, die beide selbst in einer Wohnanlage der Pfennigparade wohnen. Die Studierenden besichtigten die stiftungseigenen Einrichtungen der Pfennigparade und deren Außenlagen.

Die Schulleiterin Frau Krönner führte durch die Ernst Barlach Schule. Die Ernst-Barlach-Schule ist ein Vorbild für inklusives Bauen und zeigt, wie ein inklusives Planungsverständnis selbstverständlich und nachhaltig in gute Gestaltung transformiert werden kann.

Frau Riedmüller führte durch das Forum am Luitpold und gab den Studierenden einen Einblick in den Alltag von älteren Menschen mit Behinderungen. Beim Rundgang durch das Forum begeisterte die Theatergruppe des Kreativ Labors der Pfennigparade mit einer spontanen Theatervorstellung.

Im Anschluss an den Besuch der Pfennigparade fand eine Führung mit dem Landschaftsarchitekten Otto Bertram durch den Petuelpark statt. Dieser Park ist ein inklusiver Freiraum und in enger Zusammenarbeit mit der Pfennigparade zu Beginn der 2000er-Jahre entstanden.

Das Erleben inklusiver und gut gestalteter Räume macht den Studierenden der Landschaftsarchitektur bewusst, dass es in ihrer Verantwortung liegt, öffentliche Räume der Teilhabe für alle zu schaffen.

Prof. Birgit Schmidt
Lehrgebiet Objektplanung in der Landschaftsarchitektur, Juni 2023

  • Im Zentrum des Lichthofes befindet sich eine Boulderwand. Die Studierenden können sich diese von der umlaufenden Rampe ansehen. Die gesamte Exkursionsgruppe steht auf der Rampe und blickt teils zur Kamera, teils zur Boulderwand.
    Boulderwand für Kletterkurse in der Ernst-Barlach-Grund-, Mittel- und Realschule © Caroline Kunath
  • Die Studierenden sehen sich den Petuelpark an. Sie stehen vor dem großen, gläsernen Cafehaus im Kreis und bekommen von einem Landschaftsarchitekten die Entstehungsgeschichte erzählt.
    Besuch des Petuelparks - barrierefreie Freiräume © Caroline Kunath
  • Die Studierenden stehen vor dem Eingang einer Wohnanlage der Pfennigparade. Es sind auch Bewohner:innen im Rollstuhl bei der Exkursion dabei, die aus ihrer Sicht über die Wohnalage und die Angebote der Pfennigparade berichten können.
    Besichtigung einer Wohnanlage der Pfennigparade © Caroline Kunath
  • Die zwei Gastdozenten und Professorin Birgit Schmidt unterhalten sich im Rollstuhl. Der Mann in der Mitte des Bildes sitzt tatsächlich im Rollstuhl und berichtet über seinen Alltag. Der Mann auf der linken Seite ist blind und berichtet ebenfalls über seinen Alltag und die Krankheit.
    Besprechung im Rollstuhl mit Prof. Birgit Schmidt © Caroline Kunath
  • Am Ende des Sensibilisierungstraining kommen alle Studierende zusammen und diskutieren über das Erlebte. Prof. Birgit Schmidt steht in der Mitte des Bildes und leitet die Diskussion. Die Studierenden sitzen oder stehen im Kreis um sie.
    Abschließende Gruppendiskussion "Welche Erfahrungen und Erkenntnisse nehmen Sie mit?" © Caroline Kunath
  • Studierende testen verschiedene Seheinschränkungen mithilfe von Brillen oder Augenbinden. Dabei sind sie auf die Hilfe ihrer Kommiliton:innen angewiesen. Auf dem Bild sind zwei mal zwei Studentinnen zu sehen, die sich gegenseitig über den Campus führen. Eine Studentin versucht sich mit dem Blindenstock zurechtzufinden.
    Mit Seheinschränkung den Campus erkunden - aber nicht alleine © Caroline Kunath
  • Mühsam schiebt bzw. schiebt eine Frau einen Mann im Rollstuhl die Treppen herauf.
    Der beschwerliche Alltag im Rollstuhl © Caroline Kunath

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