Die Kunst des Gedenkens − Seminar Grabgestaltung und -pflege an der HSWT

  • Datum: 31.10.2019
  • Autor: Dieter Neumaier | Rita Meixner
Das Herbstsortiment für den Friedhof bietet eine ausgesprochen große Auswahl an robusten Pflanzen − auch jenseits von Stiefmütterchen.

Passend zum bevorstehenden Fest Allerheiligen fand an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) im Oktober ein Seminar für den Freizeitgartenbau zum Thema Grabgestaltung, -pflege sowie Bestattungs- und Friedhofskultur mit rund 30 Teilnehmenden statt. Der Referent Dieter Neumaier (HSWT) beleuchtete im Rahmen des Seminars die verschiedenen Aspekte der Grabpflege und zeigte zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Neben dem umfangreichen Pflanzensortiment − sowohl für klassische Grabbepflanzungen als auch für außergewöhnliche Gestaltungen − ging er auf den Wandel in der Bestattungskultur sowie auf die verschiedenen Motivationen für die Grabpflege ein, die sich von der Ehrerweisung für den Verstorbenen bis hin zur persönlichen Trauerbewältigung erstrecken.

Harmonische Grabgestaltung

Ziel der Grabgestaltung ist ein harmonisches Gesamtbild, das sich aus Grabstein, Grabeinfassung und einer farblich abgestimmten Bepflanzung zusammensetzt. Rahmen- bepflanzungen, Bodendecker und die Saisonbepflanzung sollten nach gärtnerischen Vorstellungen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Insbesondere bei Gehölzen, die als Rahmenbepflanzung fungieren und auf dem Grab möglichst klein bleiben sollten, ist anzuraten, diese im Fachhandel − also in Gärtnereien, Friedhofsgärtnereien oder Baumschulen zu erwerben − um tatsächlich schwachwüchsige Sorten zu erhalten. Außerdem ging der Referent auf die speziellen Krankheiten und Schädlinge an Buchs ein und zeigte verschiedene Alternativen wie Spindelstrauch, Ilex oder schwachwachsende Eiben. Durch Berücksichtigung des goldenen Schnitts und einer asymmetrischen Höhenabstufung gelingt es, eine Tiefenwirkung bei der Grabbepflanzung zu erzielen. Aus dem Staudensortiment gibt es viele Arten, die auf dem Grab mit wenig Pflege auskommen und doch ein gepflegtes Bild als Bodendecker abgeben. Die besonderen Akzente und Highlights auf dem Grab setzt man mit der saisonalen Wechselbepflanzung, wobei sich gerade in Verbindung mit Gräsern oder Blattschmuckpflanzen in Silber oder Dunkelrot ausgesprochen lebhafte Kombinationen realisieren lassen. Die Pflege der auf dem Grab verwendeten Pflanzen unterscheidet sich kaum von denen im Hausgarten. Mit ausreichender Bewässerung, angepassten Düngegaben, gelegentlichem Rückschnitt und regelmässiger Unkrautbekämpfung schafft man es ganzjährig einen gepflegten Gesamteindruck zu vermitteln. Wer diesen Arbeitsaufwand nicht leisten möchte, der kann für Einzelaufgaben oder für die Gesamtpflege einen professionellen Friedhofsgärtner beauftragen.

Bestattungskultur im Wandel

Friedhofs- und Bestattungskultur befinden sich bereits seit einiger Zeit in einem deutlichen Wandel. Der stetige Trend von der Sargbestattung hin zur Urnenbestattung, welche momentan rund zwei Drittel aller Bestattungen ausmacht, ist ungebrochen. Außerdem kommt hinzu, dass sich viele Menschen eine alternative Bestattung wünschen − also nicht auf dem durch Friedhofssatzung reglementierten Friedhof − sondern etwa eine Baumbestattung im Wald, eine letzte Ruhestätte in einem Naturfriedhof oder eine Seebestattung. Die insgesamt zu beobachtende Abwendung von den großen Kirchen scheint diese Nachfrage zu beschleunigen, christliche Symbolik verschwindet und freie Trauerredner haben geradezu Hochkonjunktur. Außerdem ist eine Zunahme an anonymen Bestattungen und eine steigende Anzahl an Sozialbestattungen zu beobachten. Die Friedhofsgärtner versuchen mit gärtnergepflegten Grabfeldern, z. B. Memoriam Garten® oder NaturRuh® attraktive und kostengünstige Alternativen in Teilbereichen des Friedhofs anzubieten, um damit dem Wunsch vieler Angehörigen nach pflegearmen oder sogar pflegefreien Grabgestaltungsmöglichkeiten zu entsprechen.

Unabhängig von der gewählten Form der Bestattung, appellierte Dieter Neumaier (HSWT) bei der abschließenden Begehung auf dem Freisinger Sankt Georg Friedhof an die Anwesenden, den Friedhof als ein Kulturgut zu sehen, welches Würde, Kultur und Natur in Einklang bringt. Friedhöfe sind ein Spiegelbild der Gesellschaft und nicht nur ein Trauer- und Erinnerungsort, sondern auch ein wichtiger Begegnungsort − und das insbesondere in Trauerphasen, aber auch darüber hinaus.

Dieter Neumaier (HSWT) ging in seinem Vortrag auf die verschiedenen Aspekte der Grabpflege ein und beleuchtete den Wandel in der Bestattungskultur.
Dieter Neumaier (HSWT) ging in seinem Vortrag auf die verschiedenen Aspekte der Grabpflege ein und beleuchtete den Wandel in der Bestattungskultur.

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