Student hebt Datenschatz: Umfangreiche Studie zu Rinderhaltung und Tierwohl in Tirol

  • Datum: 10.01.2020
  • Autor: Christine Dötzer
Prof. Dr. Mirjam Haensel und Dr.-Ing. Johannes Tippmann von der Fakultät Bioingenieurwissenschaften sind die beiden Prüfbeauftragten für Getränkeschankanlagen der HSWT. (Foto: Dr. Christian Dekant / Fachverlag Hans Carl GmbH)

Weihenstephan - Mit einer solchen Rückläuferquote hatten Masterabsolvent Sandro Gstrein und seine Mitstreiter wohl selbst nicht gerechnet: 33,6 Prozent der rund 5.300 Tiroler Landwirtinnen und Landwirte, an die der Ötztaler seinen Fragebogen geschickt hatte, sendeten Antworten zurück. Damit ist es dem Absolventen im Studiengang Agrarmanagement der HSWT gelungen, erstmals umfassende Daten zur Rinderhaltung in Tirol zu erheben - ein echter Datenschatz, der auch für die Landwirtschaftskammer Tirol wertvolle Einblicke liefert. Die Studienergebnisse stellen den Status der Tiroler Rinderhaltung dar und werfen auch einen Blick auf mögliche zukünftige Entwicklungen der Landwirtschaft im Berggebiet. Ein besonderes Augenmerk der Untersuchung lag auf der Haltungsform, also darauf, ob die Kühe in Kombinationshaltung, im Laufstall, mit oder ohne Alpung gehalten werden.

Kombinationshaltung am weitesten verbreitet

Rund 77 Prozent der befragten Betriebe halten ihre Kühe in der sogenannten Kombinationshaltung. Bei dieser Form haben die Tiere immer wieder freie Bewegungsmöglichkeiten, mindestens 90 Tage im Jahr, und sind zu bestimmten Zeiten an Standplätzen mit Fress-, Tränke- und Liegemöglichkeit angebunden. In Bergregionen wie Tirol wird diese Haltungsform häufig so umgesetzt, dass die Tiere den Sommer auf einer Alm verbringen. Rund 23 Prozent der befragten Betriebe setzen auf eine Haltung im Laufstall. Eine permanente Anbindehaltung, die durch die Tierschutzverordnung weitestgehend verboten ist, setzt nur ein Prozent der Landwirtinnen und Landwirte um.

Als Hauptgrund für die Kombinationshaltung gaben 24 Prozent der Landwirtinnen und Landwirte, die diese Haltungsform umsetzen, finanzielle Aspekte an. Bei 23,5 Prozent der Befragten liegt die Entscheidung in der Betriebsgröße begründet, für 21,4 Prozent ist die Mensch-Tier-Beziehung ein wichtiger Grund. Letztere sieht die Mehrheit der Befragten (27,5 Prozent) als größten Vorteil der Kombinationshaltung an.  

Ein etwaiges Verbot der Kombinationshaltung würde die Betriebe laut den Umfrageergebnissen vor große Herausforderungen stellen: Rund 84 Prozent der Befragten gaben an, im Falle eines Verbots der Kombinationshaltung die Kuhhaltung beziehungsweise den Betrieb aufzugeben. Ein Grund dafür dürfte sein, dass für knapp 90 Prozent der Betriebe laut eigenen Angaben ein Um- oder Neubau des Stalls die finanziellen Möglichkeiten übersteigen würde.

Tierwohl aus Menschensicht

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden auch gefragt, welche Aspekte sie für das Tierwohl als am wichtigsten erachten. Dabei konnten die Landwirtinnen und -wirte aus einem 25 Punkte umfassenden Katalog fünf Aspekte auswählen.

Die Mehrheit (13,4 Prozent) der Bäuerinnen und Bauern, die Kombinationshaltung betreiben, erachtet die Alpung als wichtigsten Aspekt für das Tierwohl. Nahezu genauso wichtig steht für sie an zweiter Stelle die Mensch-Tier-Beziehung (12,8 Prozent). Die Mehrheit der Viehhalterinnen und -halter (10,7 Prozent), die auf Laufställe setzen, sehen die Mensch-Tier-Beziehung als wichtigsten Aspekt für das Tierwohl an. Ohne wesentliche Unterschiede in der Gewichtung folgen danach die Punkte Stallklima (9,6 Prozent), Tiergesundheit (8,7 Prozent), Wasserversorgung (8,0 Prozent) und Alpung (7,8 Prozent).

Wie Gstrein anmerkt, ist jedoch zu beachten, dass die Umfrage das Tierwohl aus Sicht der Landwirte darstellt und nicht aus der Perspektive der Kühe. Denn die befragten Landwirtinnen und -wirte stellen, so Gstrein, bei der Gewichtung der Tierwohlaspekte die eigenen Bedürfnisse, also ein umgängliches Tier, über die natürlichen Bedürfnisse der Kuh.

Strategisch und inhaltlich unterstützt wurde Gstrein von der 'Rinderzucht Tirol eGen' und der Landwirtschaftskammer Tirol. Die betreuende Professorin war Dr. Dr. Eva Zeiler von der Fakultät 'Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme' der HSWT, zudem stand HSWT-Lehrkraft Paula Heine als Masterarbeits-Betreuerin zur Seite.

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Anmerkung: Sandro Gstrein studierte im Masterstudiengang Agrarmanagement, als dieser von der HSWT und der Technischen Hochschule München in Kooperation angeboten wurde. Seit dem Wintersemester 2018/19 bietet die HSWT diesen Studiengang ohne Kooperationspartner an.