Startups @ HSWT | Teil 17: kräuterkraft

Rund 20 Gartenbaustudierende der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf stehen in zwei Reihen hintereinander vor den Kleingewächshäusern im Kleingarten für Gemüse und halten jede:r einen Blumentopf in der Hand. Sie wollen mit Gartenarbeit Spenden zugunsten der Ukrainehilfe einwerben. (Foto: HSWT)

In dieser Interviewserie präsentiert die HSWT Startups, die von oder unter Mitarbeit von Studierenden oder Alumni der HSWT ins Leben gerufen wurden. Die Serie stellt die Unternehmen und ihre Produktideen vor, ihre Arbeitsweise und wie sie Herausforderungen meistern.

In Teil 17 berichten Nadine und Sebastian über ihr Startup 'kräuterkraft'. Die Gründer:innen erhalten Untertützung vom Food Startup Inkubator Weihenstephan.

Eure Produktidee in ein paar Sätzen erklärt:

kräuterkraft fokussiert sich auf die Produktion von 'natural organic powerfoods' aus vorwiegend regionalem beziehungsweise heimischem Anbau. Wir sind der Meinung, dass wir keine Superfoods aus der Ferne benötigen, denn unsere Heimat beherbergt genügend 'hidden champions', denen wir eine Bühne geben wollen.

Wir entstauben altes Kräuterwissen, rücken die Kraftkräuter ins Zentrum unserer Entwicklungen und kreieren so genussvolle Produkte für einen gesunden Alltag. Unser erstes Initialprodukt sind die smooteas® und eine weitere spannende Produktentwicklung, die die Kraft der Kräuter mit sich bringt, befindet sich im Rahmen des FSIWS in Arbeit.

Was macht euer Produkt einzigartig?

Die smooteas® sind ein neuartiges Superfoodpulver und vereinen das Beste aus zwei Welten: das 'SMOO' vitaminreicher Früchte und Gemüse mit dem kraftvollen 'TEA' frischer Kräuter. Hierbei werden gefriergetrocknete Bio-Zutaten in einem speziellen Verfahren besonders fein gemahlen, sodass sie universell einsetzbar sind.

Sie sind heiß und kalt ein Genuss sowie in der Dosierung überraschend vielseitig: Ein Teelöffel reicht, um einen Liter Wasser mit einem erfrischenden Vitaminkick zu aromatisieren. Ein wenig mehr ergibt ein kraftvolles Geschmackserlebnis. Ganz ohne den Müll von Teebeuteln oder aufwendiger Smoothie-Zubereitung, denn die wertvollen Inhaltsstoffe werden mitgetrunken. Ein aromatisches Kraftpaket, das sinnvoll in jeden Alltag passt.

Wie kamt Ihr auf diese Idee?

Angestoßen durch ernährungsbedingte Krankheiten im Familienkreis, begleitet Nadine das Thema gesunde Ernährung schon ihr ganzes Leben lang. Sie entwickelte eine besondere Faszination für die Kraft der Lebensmittel und Kräuter. Während verschiedener Stationen wie den ROBINSON Clubs und Kempinski konnte sie ihre Leidenschaft für 'Ernährung & Genuss' ausleben. Jedoch kam immer wieder die Frage auf: "Wie kann man mehr Gesundheit in den individuellen Alltag der Menschen bringen und das noch mit Genuss?" Denn oftmals fehlt dafür die Zeit im stressigen Arbeitsleben.

Ausschlaggebend war dann die Geburt von Nadines Tochter, die den Blick für natürliche Heilmittel schärfte und die Beschwerden ihres Mannes bei Männergrippe, da er keine öden Tees in nervigen Beuteln wollte, sondern etwas "Gesundes, Schmackhaftes und Hilfreiches". Mit dem selbst angeeigneten Wissen und den langjährigen Erfahrungen aus Zeiten in der F&B Konzeptionierung begann sie zu experimentieren. Et voilà – die Idee von 'kräuterkraft' und den smooteas® war geboren.

Welche Aspekte sind Euch bei Produkt, Verpackung und Vertrieb in Hinblick auf eine mögliche Markteinführung besonders wichtig?

Unser Fundament besteht aus den Bausteinen 'Gesundheit, Geschmack und Nachhaltigkeit auf Menschen- und Umweltebene'. Wir versuchen diese Elemente bestmöglich in unserem Handeln zu verknüpfen, was leider nicht immer einfach ist. So haben es Startups generell sehr schwer, überhaupt den ersten Schritt zu gehen – beispielsweise aufgrund von Mindestbestellmengen bei Herstellern, Abfüllern oder Verpackungsproduzenten.

Das Thema Verpackung ist für uns ein wichtiges Thema. Hier wollen wir – wie bei vielen anderen Bausteinen auch – so nachhaltig wie möglich agieren. Hier gilt es viele Aspekte wie Produktschutz, MOQ, Produktdesign und -handhabung, aber auch Kundenwahrnehmung und rechtliche Anforderungen zu vereinen. Von Anfang an alles nach seinen Wünschen zu gestalten ist als junges Startup kaum möglich. Wichtig ist dann eine offene und transparente Kommunikation sowohl intern als auch extern, um klar darzustellen, wo die Reise hingehen soll. Aktuell nutzen wir beispielsweise Verpackungen aus Mono-Kunststoff, die vollständig recycelbar sind.

Welche Schwierigkeiten musstet Ihr im Prozess der Produktentwicklung überwinden?

Auf die Idee folgte eine Experimentierphase in der eigenen Küche, bevor dann die ersten Prototypen im Familien- und Freundeskreis erfolgreich getestet wurden. Dann haben wir externe Expert:innen und Netzwerke herangezogen, um die Idee weiter zu prüfen. Besonders herausfordernd war dabei die Spezialvermahlung im größeren Stil. Diese war letztlich nur über geeignete Subunternehmen möglich und bedeutete den Abschied von dem Gedanken „organisches Wachstum aus der Küche heraus“.

Die Suche nach Subunternehmen, die unter anderem alle Anforderungen hinsichtlich Zertifizierungen erfüllten und bereit waren, auch kleine Mengen zu verarbeiten, gestaltete sich nicht einfach. Testläufe für unterschiedliche Rezepturen konnten demnach auch nicht so problemlos und schnell durchgeführt werden wie geplant. Es zeigte sich, dass das Angewiesen-Sein auf Subunternehmen eher suboptimal ist.

Außerdem erschwerte das Coronajahr 2020 das Vorankommen extrem, alle Vorhaben wurden stark ausgebremst und das Kapital für die Erstproduktion schmolz dahin. Auf der Suche nach Lösungen stießen wir auf die Möglichkeit des Crowdfundings, was uns die Finanzierung der Erstproduktion ermöglichen sollte. Wir entschieden uns im März 2021 zur Durchführung einer sehr intensiven und lehrreichen Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform startnext. Diese konnten wir schließlich erfolgreich abschließen und die Erstproduktion im Mai 2021 anstoßen.

Durch mehrere Rückschläge im Sourcing der Rohstoffe (nasses Wetter, dadurch eine um zwei Monate verzögerte Minzeernte) und in der Produktion hat sich der Launch der smooteas® schließlich bis November verzögert. Nichtsdestotrotz haben wir die Zeit genutzt, um unser Unternehmen weiter intensiv voranzutreiben (Homepage, Social Media Kanäle, neue Produkte etc.) und unsere Vision weiter zu verfolgen.

Wie habt Ihr euch motiviert, wenn es mal nicht so rund lief?

Als junges und neues Food-Startup hat man es besonders zu Beginn nicht gerade einfach. Der Markt ist hart umkämpft – das durften wir in den letzten Monaten mehrfach selbst erfahren. Wenn es mal nicht so läuft, sollte man sich daher auch mal erlauben, frustriert zu sein und offen darüber zu reden. Dabei hinterfragt man Sachen und nimmt gleichzeitig eine neue Perspektive ein. Das hilft andere Herangehensweisen und Lösungen zu erkennen. Auch mal eine Pause machen, rausgehen in die Natur, den Kopf frei bekommen und sich auf die Vision konzentrieren, hilft enorm und stößt neue Energien an. Es ist eine unglaublich fordernde, aber dennoch sehr erfüllende Aufgabe! Das höhere Ziel, einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Gesundheit zu leisten, spornt uns aber jeden Tag aufs Neue an.

Die Zusammenarbeit im Team war beziehungsweise ist sicherlich nicht immer einfach, oder? Wie habt Ihr diese gestaltet, sodass es gut funktioniert?

Nadine: In der Entstehungsphase von 'kräuterkraft' habe ich Sebastian, einen Freund meines Mannes, um Hilfe für mein Logo gebeten. Er hatte auch schon für meinen Mann, einen selbstständigen Schreiner, ein Logo entworfen. Danach standen immer mehr Design-Aufgaben an, bei denen ich Sebastian um Hilfe bat. Er war begeistert von der gesamten Produktidee und so nahm die Zusammenarbeit Fahrt auf. Die Aufgabenbereiche waren von Beginn an klar verteilt. Die Zusammenarbeit wurde Schritt für Schritt intensiver bis zur Entscheidung, gemeinsam als Gründerteam die Crowdfunding-Kampagne anzugehen, die als Feuertaufe hinsichtlich des Teamworks angesehen werden kann und die wir mit Bravour gemeistert haben! Wir haben das Glück, auf einer Welle zu sein und durch die Freundschaft ist auch eine wichtige Vertrauensbasis vorhanden, sodass man offen über alles sprechen kann – das hilft enorm.

Sebastian: Durch die bereits bestehende Freundschaft ist das Vertrauen in die andere Person natürlich mehr vorhanden, als wenn man sich jemand fremdes ins Boot holt. Die Zeit hat zudem gezeigt, dass jeder von uns zu 100% hinter der Idee und Vision des Unternehmens steht und man sich aufeinander verlassen kann. Wenn man sich in manchen Punkten nicht einig ist, wird darüber offen diskutiert – das bringt oftmals sogar neue Ideen und Ansätze. An anderer Stelle muss man einfach auf die Expertise des anderen vertrauen. Das hat bisher super funktioniert!

Was war für euch der triumphalste beziehungsweise emotionalste Moment bislang?

Oh da gibt es einige, aber die Phase des Crowdfundings war bisher die emotionalste aufgrund der heftigen und kurz aneinandergereihten Ups & Downs. Wir hatten uns die Phase des Crowdfundings als wirklich intensiv und fordernd vorgestellt – aber das, was folgte, übertraf unsere Erwartungen in vielerlei Hinsicht. Zuerst das große Staunen über so viele Unterstützer:innen gleich zu Beginn, dann das sogenannte „Tal der Tränen“ und schlussendlich der von Euphorie geprägte Countdown – alles war dabei.

Wir mussten uns wirklich ranhalten und die nötige Reichweite hart erarbeiten, da nicht alle unsere Pläne direkt aufgegangen sind. Dadurch hatten wir zahlreiche schlaflose Nächte. Und dann das Gefühl, als es endlich so weit war: pure Freude und Erleichterung, geprägt von großer Dankbarkeit! Crowdfunding ist immer ein Gemeinschaftsprojekt.

Tauscht Ihr euch mit anderen Startups aus beziehungsweise vernetzt euch? Wie?

Das Ökosystem der Food-Startups, wie wir es erleben, ist besonders dynamisch, offen und unglaublich stark. Dank großartiger Organisationen und Institutionen wie Crowdfoods aus Konstanz, dem FSIWS in Freising, den Food & Beverage Innovators aus Österreich und vielen mehr, die regelmäßig großartige Events ins Leben rufen, fällt das Netzwerken und der Austausch nicht schwer. Jedes Startup hat doch über kurz oder lang und je nachdem, an welcher Stelle es steht, mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Da ist es fantastisch, wenn man den ein oder anderen hilfreichen Tipp oder Kontakt austauschen kann.

Welche Tipps könnt Ihr anderen Startup-Gründer:innen in der Lebensmittelbranche oder anderswo geben?

Alles ist ein Prozess! Eine Idee muss nicht zwingend ausgereift sein, sondern entwickelt sich im Tun sowie im offenen und konstruktiven Austausch mit vielen Menschen weiter!

Ups & Downs gehören dazu! Wichtig ist, die Vision immer vor Augen zu haben und bei Tälern innezuhalten und diese als Chance zur Reflexion und Optimierung anzusehen.

Stolz sein auf das Geleistete! Oftmals ist man in der alltäglichen Arbeit so gefangen, dass man vergisst, was man schon alles geleistet hat. Daher ist es vollkommen okay, sich selbst und seinem Team mal auf die Schulter zu klopfen und stolz auf das zu sein, was man bisher vollbracht hat!

Welche Pläne habt Ihr für die Zukunft eures Startups?

In fünf Jahren sehen wir kräuterkraft als Unternehmen mit einem kraftvollen und motivierten Team, das leidenschaftlich weiter an der gemeinsamen Vision arbeitet. Bis dahin haben wir ein unglaublich innovatives und vielseitiges Produktportfolio mit natürlichen, nachhaltigen und durchdachten Produkten aufgebaut, die Menschen in verschiedenen Lebenssituationen bei einer ausgewogenen und gesunden Lebensweise unterstützen.

Mit unserem Engagement haben wir uns außerdem einen Namen in Ernährungsbildung gemacht und mehr Menschen geholfen, sich einem gesunden, nachhaltigen Lebensstil zu widmen. Wir freuen uns schon sehr auf die weitere Reise!

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Info: Food-Startup-Inkubator der HSWT

Anfang Juni 2019 hat die HSWT den Food-Startup-Inkubator Weihenstephan (FSIWS) ins Leben gerufen. Dieser ermöglicht es Studierenden sowie Mitarbeiter:innen der HSWT und der am Campus Weihenstephan verbundenen Einrichtungen, ihre Unternehmensideen im Lebensmittelbereich zur Marktreife zu bringen. Hochschulexterne Gründer:innen können über den FSIWS fachkompetente Studierende aus allen Bereichen der Lebensmittelwertschöpfungskette als Partner:innen oder Mitarbeiter:innen gewinnen, etwa im Rahmen von Abschlussarbeiten oder mit den Studierenden als Mitgründer:innen.

Links:

Startups @ HSWT | Teil 16: www.hswt.de/presse/news/article/startups-hswt-teil-16-djoon.html

  • Nadine Kösler-Krautz und Sebastian Merk, das junge Startup-Team von kräuterkraft aus dem Bodenseeraum (Foto: kräuterkraft)
  • Fein gemahlene Superfoodpulver mit der von kräuterkraft eigens gestalteten Kraft-Bottle aus recyceltem Altglas (Foto: kräuterkraft)

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