Interviewserie | Studieren für mehr Nachhaltigkeit, Teil 2: Mehr Klimaschutz beim Bergsport

  • Datum: 16.10.2020
  • Autor: Christine Dötzer
Porträt von Stefanie Maier, aufgenommen in den Bergen.

In dieser Interviewserie stellen HSWT-Absolventinnen und -Absolventen ihre Bachelor- und Masterarbeiten vor, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Denn die Studiengänge der grünen Hochschule behandeln nachhaltige Themen in vielen Facetten.

Im zweiten Teil ein Gespräch mit Stefanie Maier, Masterabsolventin im Studiengang `Regionalmanagement in Gebirgsräumen´ der Fakultät `Wald und Forstwirtschaft´.

 

Welches Thema haben Sie in Ihrer Arbeit behandelt?

Ich habe für den Deutschen Alpenverein (DAV) Vorschläge für Maßnahmen erarbeitet, mittels derer er etwas für den Klimaschutz tun kann. Hintergrund ist, dass der DAV in seiner Hauptversammlung 2019 beschlossen hat, sich mehr für den Klimaschutz einzusetzen und zu diesem Zweck von jedem Mitglied einen Klimabeitrag einzuholen. Genau lautete mein Thema: "Kann der Deutsche Alpenverein durch die Einführung eines Klimabeitrags zur Senkung von Treibhausgasemissionen beitragen? - Maßnahmen und Umsetzungsvorschläge".

Mit den einzelnen Sektionen des DAV habe ich darüber gesprochen, welche Bereiche ihnen hinsichtlich der Klimaschutzmaßnahmen wichtig sind. Darüber hinaus habe ich selbst überlegt, bei welchen Punkten man ansetzen könnte.

Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen und warum haben Sie dieses Thema gewählt?

Ich wollte ein Thema aus der Praxis behandeln, damit meine Arbeit nicht nur in der Schublade liegt. Die Berge gehören zu meinem Leben dazu, ich gehe gern wandern und bergsteigen, im Winter auch Skitouren. Während wir telefonieren, sitze ich gerade in Südtirol und genieße den Blick auf die Drei Zinnen. Ich bin seit Kindertagen DAV-Mitglied, da lag es nahe, mich dorthin zu wenden.

Man hat mir dann verschiedene Themen für eine Zusammenarbeit vorgeschlagen. Für die Klimaschutzmaßnahmen habe ich mich entschieden, weil mir der Klimaschutz persönlich am Herzen liegt und er ein sehr wichtiges Thema unserer Zeit ist, was zum Glück auch in der Gesellschaft immer mehr so wahrgenommen wird.

Worin steckt der Nachhaltigkeitsaspekt bei Ihrem Thema?

Nachhaltigkeit ist ein Mittel zum Klimaschutz, für mich gehen die beiden oft Hand in Hand.

Sie haben für acht verschiedene Handlungsfelder insgesamt 36 Maßnahmen erarbeitet - welche davon liegen Ihnen besonders am Herzen bzw. welche davon würden Sie gerne besonders zügig umgesetzt sehen?

Ich denke, im Bereich Mobilität kann man einiges bewirken. Ein Problem beim Bergsport ist zum Beispiel die "letzte Meile": Oft gelangt man mit öffentlichen Verkehrsmitteln relativ nah an den Ausgangspunkt einer Tour - aber für die letzten Kilometer fehlt dann oft eine Lösung. Eine Idee, die ich gemeinsam mit dem DAV entwickelt habe, ist zum Beispiel eine Mobilitäts-App, die es den Mitgliedern ermöglicht, Fahrgemeinschaften zu bilden und sich für sämtliche Outdooraktivitäten zu vernetzen.

Gut fände ich auch einen Ideenwettbewerb für die DAV-Mitglieder. Ich denke, der würde zu interessanten Ergebnissen führen, da die Mitgliederschaft so heterogen ist.

Das Wichtigste ist in meinen Augen, dass der DAV nicht nur den Klimabeitrag einholt und damit dann Maßnahmen umsetzt, sondern dass er seine Mitglieder auch in die Kommunikation darüber mit einbezieht; sie so auch dazu motiviert, den Klimaschutz beim Bergsport aktiv mitzudenken. Jedes der rund 1,3 Millionen DAV-Mitglieder kann zudem als Multiplikator den Klimaschutzgedanken sowie praktische Tipps an Familie, Freunde und Sportkameraden weitergeben.

Haben Sie ein paar Tipps basierend auf Ihren Erkenntnissen: Welche Maßnahmen können Bergsportlerinnen und -sportler umsetzen, damit die Freizeitnutzung von Bergregionen mit Nachhaltigkeit vereinbar ist?

Man sollte sich bewusst sein, dass man sich in einem Naturraum bewegt und dort stets die Rolle des Gastes hat. Das fängt bei kleinen Dingen an, etwa damit, dass man seinen Müll wieder mitnimmt - was selbstverständlich sein sollte, aber trotzdem nicht von allen so gehandhabt wird.

Auch etwas mehr Verständnis für die Situation auf den Hütten wäre gut. Weil viele Gäste zum Beispiel über Preise und fehlendes Warmwasser meckern, ist es für Wirte problematisch, Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit zu etablieren. In diesem Zusammenhang ist auch das Thema Strom auf Hütten ein zweischneidiges: Natürlich wollen alle abends ihr Handy aufladen, weil man es ja zum Beispiel auch im Notfall braucht, aber auf dem Berg ist eine Stromversorgung nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit eine besondere Herausforderung - da steht nicht unlimitiert Strom zur Verfügung wie im Tal.

Haben Sie für sich selbst beziehungsweise für Ihr eigenes Leben etwas mitgenommen von der Behandlung dieses Themas? Haben Sie z.B. eigene Angewohnheiten im Sinne von mehr Nachhaltigkeit geändert?

Ich beschäftige mich privat seit etwa zwei Jahren intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit und habe mich gefragt, wo ich dahingehend beim Bergsport ansetzen kann. Zum Beispiel besitze ich einen ausgebauten VW-Bus: Wenn ich eine weite Strecke fahren muss, um eine Tour machen zu können, bleibe ich gleich das ganze Wochenende dort, damit sich die Anfahrt auch richtig lohnt.

Wie werden die Ergebnisse nun genutzt werden?

Der DAV muss in seiner nächsten Hauptversammlung ein ausgearbeitetes, fixes Konzept abgeben, um den Klimabeitrag einholen zu können. Teile meiner Arbeit, zum Beispiel die Ergebnisse der Befragung, sind verwendet worden, um dieses Konzept zu erarbeiten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden in Zukunft näher untersucht und vielleicht Teil der Umsetzung.

Wie lief die Zusammenarbeit mit dem DAV?

Ich hatte zwei Ansprechpartner beim DAV. Mit ihnen habe ich mich regelmäßig ausgetauscht. Inhaltlich hatte ich jedoch größtenteils alle Freiheiten, da das Ziel war, möglichst viele neue und kreative Ideen zu erarbeiten, die im DAV so noch nicht durchdacht worden sind.  

Gab es bei Ihren Studien Ergebnisse, die Sie überrascht haben oder die besonders hervorstechen?

Oft wurde ein Bauchgefühl, das ich zu nachhaltigen Themen hatte, durch Fakten bestätigt. Und bei meinen Recherchen habe ich generell Interessantes erfahren und noch genauer verstanden, was alles schon möglich ist, wenn man nur will: zum Beispiel, dass man Scheckkarten aus Gras herstellen kann.

Was war die größte Herausforderung, vor der Sie im Zuge Ihrer Masterarbeit standen und wie haben Sie diese überwunden?

Weil das Thema unfassbar breit ist, war es schwierig, eine Linie zu finden: Wo einsteigen beim Thema Klimaschutz, wo aufhören? Hinsichtlich der Anzahl der Maßnahmen musste ich mich selbst bremsen.

Eine weitere herausfordernde Überlegung war, wie viel Hintergrundwissen ich voraussetzen soll. Schließlich werden Mitarbeiter beim DAV mit meinen Vorschlägen arbeiten, um ein Konzept zu erstellen.

Welche beruflichen Pläne haben Sie nach dem Abschluss? Geht es dabei thematisch in eine ähnliche Richtung wie die Masterarbeit?

Vor meinem Masterstudium habe ich an der HSWT den Bachelor in Landschaftsarchitektur gemacht. Heute arbeite ich in einem Landschaftsarchitekturbüro. Ich fühle mich in beiden Fachrichtungen sehr wohl, und auch in der Landschaftsarchitektur spielt der Nachhaltigkeitsaspekt ja eine wichtige Rolle.

Ich bin vollends zufrieden in meinem derzeitigen Job, aber für die Zukunft kann ich mir gut vorstellen, dass es auch beruflich mal in Richtung Berge geht.

Haben Sie Pläne, Ihren Doktor zu machen - evtl. sogar zu einem Thema in einer ähnlichen Richtung wie die Masterarbeit?

Das kann ich mir grundsätzlich vorstellen - wenn sich was ergibt, dann gerne. Ich suche momentan aber nicht aktiv danach.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, den Master `Regionalmanagement in Gebirgsräumen´ an der HSWT zu machen?

In Landschaftsarchitektur wollte ich keinen Master machen, da ich mein Wissen in diesem Bereich eher über die praktische Arbeit im Büro erweitern möchte. Und Berge sind wie gesagt ein großer Teil meines Lebens. Einen Master wie "Regionalmanagement in Gebirgsräumen" gibt es nur an wenigen Hochschulen. Zudem wollte ich in Freising bleiben, weil es mir hier gut gefällt.

Wenn mir Nachhaltigkeit am Herzen liegt, bin ich dann an der HSWT richtig?

An der HSWT ist man generell richtig, wenn man sich für Nachhaltigkeit interessiert: Nahezu jeder Studiengang hier hat irgendwie mit Nachhaltigkeit zu tun. Auch der Großteil der Menschen an der HSWT und in Freising hat eine entsprechende Einstellung - man findet hier also leicht Leute mit einer diesbezüglich ähnlichen Einstellung wie die eigene.

 

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Anm. d. Redaktion: Der Master `Regionalmanagement in Gebirgsräumen´ läuft derzeit aus und wird nicht mehr angeboten. Ähnliche Inhalte finden sich jedoch im Master `Regionalmanagement´ sowie im neuen Master `Climate Change Management´, der im aktuellen Wintersemester zum ersten Mal angeboten wird. Nähere Infos zu den Inhalten geben die Studiengangsbetreuerin beziehungsweise der Studienfachberater, deren Kontaktdaten auf den Profilseiten der Fächer angegeben sind.

 

  • Der felsige Gipfel des Berges "Drei Zinnen" in Südtirol.
    Die Drei Zinnen in Südtirol. (Foto: Stefanie Maier)
  • Panoramablick vom Berg "Guffert".
    "Man sollte sich bewusst sein, dass man sich in einem Naturraum bewegt und dort stets die Rolle des Gastes hat", sagt Stefanie Maier über den Aufenthalt in den Alpen. So wie hier am Guffert in Tirol, den viele Wanderer aus München und Umgebung als markanten Punkt des Gipfelpanoramas kennen. (Foto: Stefanie Maier)
  • Idyllischer Blick auf die Berghütte "Schlernhaus" in Südtirol.
    Für die Situation auf den Hütten wünscht sich Stefanie Maier mehr Verständnis seitens der Wanderer. Die Ansprüche der Gäste mit Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen, ist oft nicht einfach. Im Bild das Schlernhaus in Südtirol. (Foto: Stefanie Maier)