Gut vernetzt zum Doktortitel: Promovieren im Verbundkolleg | Teil 2

  • Datum: 16.12.2020
  • Autor: Christine Dötzer
Prof. Dr. Matthias Drösler hinter einem Rednerpult bei einer wissenschaftlichen Tagung

13 HSWT-Promovierende haben sich bereits im Verbundkolleg "Life Sciences und Grüne Technologien" des Bayerischen Wissenschaftsforums (BayWISS) vernetzt, seitdem dieses 2019 mit der HSWT als Sitzhochschule gegründet wurde. Sie machen mit Unterstützung des BayWISS-Verbundkollegs eine Verbundpromotion.

Warum haben sie sich dafür entschieden und wie profitieren sie davon? Was erforschen sie? Zu diesen und weiteren Fragen haben wir mit zwei von ihnen gesprochen. Im zweiten Teil der Mini-Serie kommt Carla Bockermann zu Wort. 

Hintergrund: Was ist die Verbundpromotion?

Bei dieser Form der kooperativen Promotion betreuen Lehrende von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) Doktorandinnen und Doktoranden gemeinsam und auf Augenhöhe. Insbesondere für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an HAWs soll dadurch der Weg zur Promotion vereinfacht werden.

Im Verbundkolleg "Life Sciences und Grüne Technologien" vernetzen sich angehende sowie erfahrene Forscherinnen und Forscher aus bayerischen HAWs und Universitäten. Es fördert Promovierende spezifisch, ergänzend zu Promotionsprogrammen an den betreuenden Hochschulen. Das bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst unterstützt das Verbundkolleg finanziell.
 
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Frau Bockermann, warum haben Sie sich dazu entschlossen, zu promovieren?

Hauptsächlich aus Eigeninteresse am wissenschaftlichen Arbeiten. Nach jedem Abschluss, also nach dem Abitur, dem Bachelor und dem Master, habe ich ein bis zwei Jahre gearbeitet, um in der "echten Welt" etwas zu lernen und zu bewegen. Immer wieder zog es mich zurück an eine Uni oder Hochschule. Der Hauptfaktor ist für mich das Arbeiten im akademischen Umfeld und der damit verbundene Zugang zu fundiertem Fachwissen und der Austausch mit anderen Wissenschaftlern. Nach kurzen Einblicken in die Politik- und Projektberatung ist mir noch klarer geworden: Wer mit wissenschaftlichen Zahlen arbeitet, um zu beraten, sollte unbedingt wissen, woher die Zahlen kommen und wie sie zu interpretieren sind. Besonders wenn im Betätigungsbereich mit viel Gegenwind zu rechnen ist.

Besonders reizvoll am grundsätzlichen Konzept "Promotion" ist für mich auch, die Zeit zu haben, sich wirklich mit etwas auseinanderzusetzen. Das fehlt ja eigentlich in ziemlich jedem anderen Lebens- und Arbeitsbereich – ein definitiver Luxus.

Warum wollten Sie an der HSWT promovieren?

Nach längerer Suche nach sinnvollen Forschungsprojekten in Europa bin ich auf die Stellenausschreibung im MOORuse Projekt gestoßen. Vor allem der Praxisbezug und die Interdisziplinarität haben mein Interesse geweckt, denn es ging nicht um Grundlagenforschung, sondern um die Erarbeitung direkter Umsetzungsvorlagen für Politik und Landwirtschaft. Das schien für mich die perfekte Mischung aus Wissenschaft und Praxis.

Welches Thema behandeln Sie im Zuge Ihrer Promotion?

Mein Thema fällt in den Forschungsbereich der Minderung von Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft sowie der Anpassungsmöglichkeiten der Landwirtschaft an den zu erwartenden Klimawandel. Konkret befasse ich mich mit Messungen der Treibhausgase Kohlendioxid, Lachgas und Methan aus landwirtschaftlich genutzten organischen Böden im Freisinger Moos. Da die Landwirtschaft auf trockengelegten Mooren zu vergleichsweise disproportional hohen Umwelt- und Klimaschäden führt, testen wir, ob moorschonende Nutzungsalternativen - mit anderen Pflanzenarten und einem höheren Wasserstand - aus Sicht des Biodiversitäts- und Klimaschutzes sinnvoll wären.

Warum haben Sie dieses Thema gewählt?

Das Thema war im Rahmen des Projektes und der Stelle vorgegeben. Eigeninteresse an nachhaltiger Landwirtschaft und am Klimawandel sowie mein Forschungshintergrund in der Klimawissenschaft hatten mich auf das Projekt aufmerksam werden lassen.

Was waren Ihre Beweggründe für eine Mitgliedschaft in BayWISS?

Mein Anliegen war es, Teil einer internen Grad School zu sein und somit eine Lobby zu haben, bessere Einblicke in Abläufe der Promotion zu erhalten und Unterstützung bei Herausforderungen zu bekommen.

Welche Vorteile hat Ihnen BayWISS bislang konkret gebracht?

Vernetzung, zweckgebundene finanzielle Unterstützung, Austausch mit Gleichgesinnten, Sichtbarkeit. Zudem habe ich mit der Koordinatorin eine sehr kompetente Ansprechperson für alle auftretenden Themen und für individuelle Beratung. Im Verbund stellt man schnell fest, dass scheinbar individuelle Probleme meist systembedingt sind und daher ganz anders angegangen werden können und sollten.

Hat BayWISS Sie auch bei der anfänglichen Realisierung Ihres Promotionsvorhabens unterstützt?

Nein, dafür kam das Promotions-Kolleg für mich zu spät. Allerdings hoffe ich, dass es mir bei der finalen Realisierung hilft.

Wem würden Sie eine Mitgliedschaft in BayWISS empfehlen und warum?

Jeder beziehungsweise jedem, die oder der vorhat, an der HSWT zu promovieren. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Promotion nicht gleichzusetzten ist mit der wissenschaftlichen Projektbearbeitung beziehungsweise Doktorandinnen und Doktoranden nicht mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Aufgabenbereiche ähneln sich zwar zu großen Teilen, beide Gruppen haben aber definitiv spezifische Aufgaben. Eine Grad School kann hoffentlich helfen, die Unterschiede für Doktorand, Betreuer und Institution sichtbarer zu machen. BayWISS ist aber auch deshalb interessant, weil es verschiedene Disziplinen in seinen Veranstaltungen zusammenbringt. Damit noch mehr Leute von dem Angebot profitieren können, würde ich es begrüßen, wenn BayWISS sprachlich nicht nur auf Deutsch beschränkt wäre.

Eine Doktorarbeit, zwei Betreuende - wie muss man sich das in der Praxis für Sie als Promovierende vorstellen?

Derzeit noch so, dass ich eigentlich nur Zugang zu meinen HSWT-Betreuern habe. Glücklicherweise gibt es in unserer Forschungsgruppe einen wissenschaftlichen Mittelbau, der die Betreuung zusätzlich leisten kann. Das ist anscheinend eher selten der Fall und könnte durch die HSWT meiner Meinung nach mehr gefördert werden. Der Austausch mit meinem Erstbetreuer an der TUM wird sich sehr wahrscheinlich ändern, sobald die Veröffentlichungen meiner Ergebnisse anstehen. Nach der Datenauswertung und vorläufigen Ergebnisinterpretation kommt den beiden offiziellen Betreuern eine wichtige Rolle im Prozess der Überarbeitung und thematischen Diskussionsausrichtung zu. Ich denke, auch hier kann die Grad School sehr gut unterstützen, um die Zusammenarbeit und den Austausch zu vereinfachen, aber auch im Sinne der Effizienz zu überprüfen.

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