"Buen Vivir" - Leben im Einklang mit der Natur in den Mangrovenwäldern von Ecuador

  • Datum: 25.06.2019
  • Autor: Katharina Aurich und Teresa Pancritius
Federico Koelle (links), Katrin Dietrich, Freiwillige vom Schutzwald e.V. (3.v.l), Prof. Dr. Stefan Krusche (4.v.l) und zwei weitere Gäste

Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf wird internationaler. Jedes Jahr lehren und forschen hier Gastdozenten aus aller Welt einige Tage oder Wochen lang. Einer von ihnen ist Federico Koelle, Präsident der Stiftung Fundación Cerro Verde in Ecuador, die Hilfestellung leistet bei der Verbindung zwischen staatlichen Stellen, den Universitäten und den Gemeinden am Golf von Ecuador.

Er hielt kürzlich an der HSWT einen Vortrag über nachhaltige Projekte im Mangrovenwald seiner Heimat. Gefördert werden die Aufenthalte der Wissenschaftler über das Gastdozentenprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, welches das Akademische Auslandsamt koordiniert. Im vergangenen Jahr nutzten 24 Wissenschaftler diese Möglichkeit und bereicherten die Hochschule mit vielfältigen Themen.

Vortrag Federico Koelles: "Gemeinde-basierte Nutzung natürlicher Ressourcen"

Der Kontakt Koelles nach Freising kam über Professor Stefan Krusche, den Auslandsbeauftragten des Studiengangs Gartenbau, zu Stande. Der Gast aus Ecuador berichtete in seinem Vortrag - er hielt ihn auf Deutsch, da er deutsche Vorfahren hat und zudem in Frankfurt studiert hat - zum Thema "Gemeinde-basierte Nutzung natürlicher Ressourcen" über lokale Initiativen zum Erhalt tropischer Wälder in Ecuador, dem weltweit ersten Land, in dem der Schutz der Natur in die Verfassung aufgenommen worden ist. Ziel aller Beteiligten ist die nachhaltige Nutzung der 20.000 Quadratmeter großen Mangrovenwälder an der Pazifikküste. Dafür arbeiten auch Freiwillige aus der ganzen Welt vor Ort, wie Koelle berichtete.

Das Gebiet am Golf von Guayaquil an der Südwestküste von Ecuador enthält das landesweit größte Vorkommen von Mangrovenwald, einem Ökosystem, das zu den produktivsten, artenreichsten und anpassungsfähigsten der Erde zählt, jedoch stark bedroht ist. Die Bewohner der vielen kleinen Dörfer, die sich auf diesem Gebiet verteilen, leben unter einfachsten Bedingungen: Sie haben keinen Zugang zu Trinkwasser, der Platz ist begrenzt, Landwirtschaft nicht möglich, Haupteinnahmequelle ist der Fisch- und Shrimpsfang. Auf den Tisch kommt in der Regel Reis, manchmal zusätzliche ein Stück Fleisch. "Die einzige Frucht, die es dort gibt, ist die Limette, deren Saft manchmal über das Essen geträufelt wird", erzählte Katrin Dietrich, die als Freiwillige einige Zeit am Golf von Guayaquil gelebt hatte und Federico Koelle an die HSWT begleitete.

Freiwilligenprojekte am Golf von Guayaquil

Sie ist Mitglied der deutschen Umweltschutzorganisation Schutzwald e.V., die sich seit über 15 Jahren zusammen mit der Fundación Cerro Verde für die nachhaltige Nutzung der Mangrovengebiete einsetzt. Getragen wird das Engagement von der indigenen Weltanschauung inspirierten Leitidee des "Buen Vivir", des "Guten Lebens", das Lebensqualität auch als Leben im Einklang mit der Natur versteht. So sollen die Bewohner, unterstützt von außen, solidarisch Verantwortung übernehmen - und das funktioniert: Mittlerweile werden rund 70 Prozent der Mangrovenwälder von lokalen Gemeinden geschützt. Die Freiwilligen des Schutzwaldvereins, die einige Zeit in Ecuador verbringen, unterstützen die Bewohner der Küstengemeinden unter anderem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Projektkoordination, während auch umgekehrt Freiwillige aus Ecuador nach Deutschland reisen und im rheinland-pfälzischen Klingenmünster die deutsche Sprache und Kultur lernen sowie sich zum Thema Naturtourismus weiterbilden können.

Auf der Basis ihres Aufenthalts am Golf von Guayaquil verfassen immer wieder Freiwillige ihre Master- und Doktorarbeiten, unter anderem zu den Themen Abfallentsorgung und Trinkwasserversorgung, berichtete Federico Koelle. Sein Besuch an der HSWT diente auch dazu, Anknüpfungspunkte für eine Kooperation zu finden. Denkbar sei zum Beispiel, ein Projekt zu initiieren, in dem verlassene Shrimpszuchtbecken gartenbaulich genutzt werden, schilderte Krusche. Der Gemüseanbau wäre eine wichtige Ergänzung der einseitigen Ernährung der Bevölkerung. Auch ein Studierendenaustausch zwischen der HSWT und der Hochschule in Guayaquil sei denkbar, so Krusche.

Gern gesehene Gäste - Gastdozenten an der HSWT

Einer der weiteren Gastdozenten in jüngster Zeit war Augustin Rioperez von der Universität Madrid, der über die technischen Möglichkeiten, Vogelkollisionen mit Windkraftanlagen zu vermeiden, berichtete. Professor George Meshki von der Universität in Tiblissi in Georgien informierte über die Ausbildungsstruktur an seiner Hochschule. Aus der Ukraine und aus Sankt Petersburg verbrachten Wissenschaftler jeweils eine Woche an der Fakultät Wald und Forstwirtschaft, um gemeinsam mit ihren deutschen Kollegen Projekte zu erarbeiten. Außerdem kamen Forscher aus Italien, Rumänien, Kolumbien, aus Norwegen, Finnland, den USA, Benin, Angola und Äthiopien an die HSWT. Im Laufe des Jahres werden weitere spannende Themen und Kontakte folgen und die HSWT wird mit diesem Förderprogramm ihr internationales Netzwerk, von dem nicht nur Dozenten, sondern auch Studierende profitieren, erweitern und festigen.

  • Gestenreicher Vortrag
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