Prof. Dr. iur. Tanja Barton
Was fasziniert Sie am Beruf der HAW-Professorin?
Definitiv das Arbeiten mit jungen Menschen! Die Studierenden in einer sehr besonderen Lebensphase fachlich wie menschlich zu begleiten, das fasziniert mich jedes Semester aufs Neue.
Die Studierenden können zum ersten Mal frei entscheiden, was sie wo studieren wollen, von zu Hause ausziehen, ihr Leben selbst organisieren, ihre Zukunft eigenständig gestalten, viele neue Leute und Einflüsse kennenlernen. Das sind sehr besondere Zeiten im Leben, die prägen. Ein Teil dessen zu sein in der „Hochschulfamilie“ der HSWT mit all ihren Möglichkeiten finde ich ganz besonders toll! Meine Aufgabe ist es, ihnen im Fachgebiet Recht Input zu geben, von dem sie noch länger etwas haben – als Juristin und Mensch. Das ist definitiv eine faszinierende Aufgabe!
Was schätzen Sie an der HSWT besonders?
„Mehr als studieren, Zukunft gestalten!“ – das war und ist unser bester Werbeclaim (und noch viel mehr) aus meiner Sicht. Darum geht es an der HSWT. Darum geht es im Leben. Das ist unsere Mission.
Die konsequente Ausrichtung auf die „grünen Fächer“, der weitläufige „grüne Campus“, die familiäre Atmosphäre und der Faktor Mensch im Mittelpunkt. Dafür treten wir tagtäglich an und ein.
Die Herausforderungen der Zukunft sind riesig. Manchmal erscheinen sie übermächtig. Aktuell ist das die Corona-Pandemie. Darüber hinaus beschäftigen uns im Kernbereich Klimawandel, Umweltschutz, Welternährung, Artenschutz und Wasserversorgung … um nur einige zu nennen. Da bedarf es einer Hochschule für angewandte Wissenschaften wie der HSWT, die das erkennt.
Mit unserer Ausrichtung packen wir DIE Zukunftsfragen unserer Zeit an: kompetent, wissenschaftlich und praktisch. An der HSWT ist Studieren nicht Selbstzweck, sondern eben "Zukunft gestalten". Die Studierenden sollen am Ende "fit sein", um selbst beruflich wie privat beitragen zu können, dringliche Probleme zu lösen und Herausforderungen zu meistern – denn völlig zu Recht sagt nicht nur Greta Thunberg: „Change is coming – whether we like it or not.“
Was war Ihr persönlicher Weg zur HAW-Professur? Wo haben Sie Praxiserfahrung außerhalb der Hochschule gesammelt?
Ich bin zum WS 2011/12 an die HSWT gewechselt, als Mutter zweier Kleinkinder und nach sieben Jahren als Rechtsanwältin im „Life Sciences“-Bereich in der größten Kanzlei Münchens mit rund 150 Rechtsanwält:innen. Meine Zeit als Anwältin war eine sehr spannende Zeit und ich stehe noch immer in sehr gutem und engen Kontakt zu meiner ehemaligen „law firm“, einer deutsch-britisch-amerikanischen Sozietät in München.
Zuvor habe ich am „Institut für Umwelt- und Technikrecht“ der Universität Trier als Wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet und über „Biopatente“ promoviert. Mein Rechtsreferendariat habe ich am Oberlandesgericht der Freien und Hansestadt Hamburg verbracht mit Stationen u.a. im Bayerischen Wirtschaftsministerium und Europäischen Patentamt in München.
Neben dem Jurastudium in der ältesten Stadt Deutschlands, Trier an der Mosel, habe ich dort auch die Fachspezifische Fremdsprachenausbildung für Juristen abgelegt (FFA) im Anglo-Amerikanischen und Französischen Recht mit zahlreichen muttersprachlichen Dozent:innen vom Europäischen Gerichtshof und anderen Institutionen und Firmen in Luxemburg.
An internationalen Kontakten war und bin ich schon immer interessiert und habe z.B. ein Jahr mit Erasmus in Orléans/Frankreich studiert und zahlreiche Auslandserfahrungen gesammelt, u.a. in Brüssel, USA, Frankreich, Luxemburg und zuletzt 2016 gemeinsam mit meiner Familie während meines Praxissemesters in Singapur.
Welche Herausforderungen haben Sie während Ihrer Zeit als Professorin erfolgreich gemeistert?
Kleiner Scherz vorab: eine unendliche Vielzahl von Sitzungen in der Selbstverwaltung der Hochschule (ich bin seit gut 10 Jahren gewähltes Fakultätsratsmitglied, war bereits 5 Jahre Studiendekanin des Bachelor-Studiengangs „Management erneuerbarer Energien“ u.v.m.). Ich denke, jede:r, der/die sich in der Selbstverwaltung der Hochschule engagiert, weiß, was ich meine …
Aber nun zu anderen Herausforderungen. Meine sehr breit aufgestellte Professur für Recht ist sicherlich eine dieser Herausforderungen. Als einzige Juristin an der Fakultät AE bin ich in allen drei Bachelor-Studiengängen und in zwei Master-Studiengängen für alle rechtlichen Haupt- und Nebenfächer zuständig. Das geht vom Wirtschaftsrecht über das Recht der erneuerbaren Energien und "Climate Protection Law" im internationalen und europäischen Bereich bis hin zum Agrar- und Umweltrecht und Nebenfächern wie Marken- und Wettbewerbsrecht oder Verbraucherschutzrecht im Lebensmittelsektor.
Ein ehemaliger Kollege aus der Großkanzlei meinte mal beim Blick auf meinen Fächerkanon: „Meine Güte, Du deckst ja die Themen von 5 Fachanwälten gleichzeitig ab!“. Auch wenn man Schwerpunkte setzen kann und das Rad nicht ständig neu erfinden muss, ist es eine große Herausforderung bei diesem großen Fächerkanon stets „am Ball zu bleiben“ und aktuell zu sein. Dem stelle ich mich gern. In den ersten zwei Jahren war es zugegeben sehr hart, jetzt läuft die Sache „rund“ und ich kriege es sehr gut hin, denke ich.
Eine weitere Herausforderung ist sicherlich auch das „Multitasking“ und die Vielzahl unterschiedlicher Rollen im Leben zwischen Familie und Beruf. Hier kann ich nur jeder Frau und Mutter raten, sich ein gut funktionierendes Netzwerk zu bilden – und natürlich geht es mit Kindern (insbesondere mehreren Kindern) nicht ohne einen ebenso für Kinder engagierten Partner. Bei uns zu Hause helfen alle mit, damit es „rund läuft“ – und das ist eine gute Erfahrung. Ich halte viel von Erziehung durch beide Elternteile und Erziehung von Kindern zur Selbständigkeit.
Die Kreativität und Freiheiten des Berufs der Hochschulprofessorin bringen meiner Meinung nach auch sehr viel, um Herausforderungen des Alltags zu meistern. Das Arbeiten in der Privatwirtschaft, aber auch „normalen“ Behörde bedeuten vielfach deutlich mehr Gebundenheit an vorgegebene Abläufe und Routinen und somit mehr „Fremdbestimmung“ im Vergleich zur Professur. Die Freiheiten im Arbeitsablauf sind hier einfach sehr hoch, fachlich wie organisatorisch. Ich habe immer viel gearbeitet für den Beruf, der mir Spaß macht, egal ob an der Uni, in der Großkanzlei oder an der HSWT – aber am liebsten natürlich möglichst frei und selbstbestimmt. Das schließt eine gute „Work-Life-Balance“ nicht aus, sondern ausdrücklich ein.
Was ist Ihre wichtigste Empfehlung an Frauen, die sich für dieses Berufsbild interessieren?
Wichtigster Punkt: Als Frau endlich aufhören „tief zu stapeln“ und auf die eigenen „blind spots“ zu fokussieren. Nobody is perfect! Stattdessen: Konzentration auf die eigenen Talente, Fähigkeiten und Ziele! Ich hatte nie die Überlegung, dass ich irgendetwas beruflich nicht erreichen kann, weil ich auch heiraten, eine Familie haben und Mutter sein will. Und das ist auch gut so. Das habe ich aber insbesondere von älteren Kolleginnen und Freundinnen in meinem Leben schon oft anders gehört. Insofern bin ich vielleicht die Vertreterin einer neuen Generation.
Meine persönliche Empfehlung: tun, was man wirklich will; selbstbewusst rangehen, gut sein im Job (meist automatisch, wenn Voraussetzungen 1 und 2 erfüllt sind …); nicht unterkriegen lassen; nicht zu streng mit sich selbst sein; neugierig bleiben, Konfliktmanagement lernen, mit Rückschlägen konstruktiv umgehen; „soft on people, hard on facts“; unverzagt bleiben, Humor nicht vergessen – und nachhaltig weiterentwickeln!
In diesem Sinne: Herzlich Willkommen an unserer Hochschule, der HSWT! HAW-Professorin zu sein, ist ein toller Beruf und eine tolle Berufung. Ihr könnt viel bewegen!