• Laufzeit: 01.04.2015 – 31.03.2017
  • Schwerpunkt: Ernährung
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung eines kalorienarmen Fruchtsaftgetränkes mit optimaler antioxidativer Wirkung (Stevia-in-vitro)

  • Projektleitung HSWT: Prof. Dr. Dirk Rehmann

Abstract In vorliegendem Projekt wurde seitens der HSWT ein Verfahren zur Herstellung von Frucht-, insbesondere Beerensaft zur Steigerung des antioxidativen Potenzials entwickelt. Dabei erwiesen sich neben einer Enzymbehandlung der Fruchtsaftmaischen im Vergleich zu einem Standardverfahren insbesondere eine Feinzerkleinerung zu einem Püree in einem frühen Stadium des Herstellungsprozesses sowie zwei thermische Behandlungsschritte in Form einer Hitzebehandlung der Rohware und einer Maischeerhitzung vor der Enzymbehandlung als zielführend. Letztlich konnte das antioxidative Potenzial der Rohware über den Herstellungsprozess gesteigert und mittels ausgewählter Pasteurisationsbedingungen über mindestens 4 Monate konserviert werden. Zusätzlich wurde gezeigt, dass eine Zugabe von Steviablatt-Extrakten das antioxidative Potenzial fruchtartenbedingt ebenfalls verbessern kann. Die Beurteilung des antioxidativen Potenzials der Endgetränke erfolgte im Projekt sowohl chemisch als auch in Kooperation mit dem Projektpartner Institut Kurz erstmals auf zellulärer Ebene. Die erzielten Ergebnisse lieferten wertvolle Ergebnisse zur Verbesserung der technologischen Herstellung antioxidantien-reicher Fruchtsäfte.

Funktionelle Lebensmittel liegen aufgrund aktueller Verbraucherwünsche nach Wohlbefinden und Gesundheit seit einiger Zeit im Trend und verzeichnen jährlich einen steigenden Absatz. In den Fokus rücken hierbei auch antioxidantienreiche Produkte, z. B. Getränke, aufgrund ihrer Fähigkeit, freie Radikale in-vitro zu neutralisieren. Eine Problematik stellt jedoch die objektive Messbarkeit der „Antioxidativität“ dar. Messmethoden zur Bestimmung des antioxidativen Potenzials basieren v. a. auf chemischen Reaktionen. Diese chemischen Messmethoden (z. B. die Analyse einzelner Bestandteile oder ORAC-Test) liefern grundlegende Informationen über die antioxidative Kapazität bzw. Fähigkeit in-vitro-freie Radikale zu neutralisieren und sind somit ein erster Schritt zur Beurteilung. Jedoch können diese chemischen Messmethoden nur schwerlich eine Aussage über die antioxidative Aktivität in-vivo bzw. innerhalb des menschlichen Körpers treffen. Dies führte zu der Entwicklung des sog. CAA-Tests (= cellular antioxidant activity), einem biologischen Modell, das die Reaktion innerhalb menschlicher Zellen beurteilt und damit wichtige Zusatzinformationen liefert, wie die Aufnahme und Umsetzung antioxidativer Stoffe und deren Verteilung innerhalb der Zellen. Viele Studien im Fruchtsaftbereich quantifizieren das antioxidative Potenzial ausschließlich anhand chemischer Methoden. Um jedoch den Herstellungsprozesses für antioxidantienreiche Getränke zielgerichtet zu optimieren, erscheint die Betrachtung auf biologischer Ebene zielführender, insbesondere da bereits nachgewiesen wurde, dass chemische und biologische Messmethoden häufig nicht miteinander korrelieren.

Abb. 1: Begriffsdefinition des antioxidativen Potenzials

Vorgehen

Insbesondere bei Beerensäften sind phenolische Inhaltsstoffe, Ascorbinsäure und andere potenziell antioxidativen Inhaltsstoffe v. a. in den Schalen der Früchte lokalisiert. Auch wenn ein großer Anteil davon bei der Saftherstellung in den Saft übergeht, verbleiben immer noch wertvolle Inhaltsstoffe im Trester. Es sollte daher untersucht werden, mehr dieser wertvollen Inhaltsstoffe bei der Fruchtsaftherstellung über verschiedene Maischevorbehandlungs- und Hitzebehandlungsmethoden in das Endgetränk zu überführen. Am Ende sollte ein optimierter Herstellungsprozess stehen, um ein Endgetränk mit gesteigertem antioxidativen Potenzial herstellen zu können. Zusätzlich galt es eine Stevia-Zugabe zu integrieren, um den Kaloriengehalt zu reduzieren und damit einen weiteren Zusatznutzen zu integrieren.

Abb. 2: Beurteilung des antioxidativen Potenzials dreier Beerensäfte unterschiedlicher Maischevorbehandlungsmethoden
Abb. 3: Fließschema des im Projekt entwickelten Herstellungsverfahren für Beerensäfte mit optimaler antioxidativer Wirkung

Ergebnisse

Erste Versuche dienten v. a. dazu, Rohwaren auszuwählen, die von Natur aus über ein hohes antioxidatives Potenzial verfügen. Da Äpfel mengenmäßig eine herausragende Stellung in der Verarbeitung der deutschen Fruchtsaftindustrie einnehmen, wurden zunächst Untersuchungen mit unterschiedlichen Apfelsäften durchgeführt. Es zeigte sich jedoch, dass selbst als besonders polyphenolreich beworbene Apfelsorten oder rotfleischige Sorten im Vergleich zu Beeren nur einen Bruchteil an antioxidativem Potenzial liefern, insbesondere bei Betrachtung der antioxidaitven und somit biologischen Aktitivät. Deutlich vielversprechender verliefen Untersuchungen von Beerensäften, wobei unter den getesteten Bedingungen v. a. die Beerenarten Aronia > schwarze Johannisbeere > Heidelbeere > Himbeere das höchste antioxidative Potenzial lieferten. Im Folgenden lag der Fokus auf ersten Maischevorbehandlungsmethoden, welche anhand der drei Beerenarten schwarze Johannisbeere, Himbeere und Heidelbeere untersucht wurden. Hierbei wurden, aufbauend auf ein Standardverfahren (none), die Auswirkungen zweier zusätzlicher Verfahrensvarianten untersucht. Eine Maische-Enzymierung (enzyme treatment) ist bei der Herstellung von Beerensaft bereits ein weit verbreiteter Verfahrensschritt zur Steigerung der Ausbeute und Erhöhung bioaktiver Komponenten im Endgetränk. Es sind zahlreiche Enzympräparate erhältlich, meist mikrobiellen Ursprungs, welche die Zellwandstrukturen zerstören. Die Auswirkungen auf die biologische antioxidative Aktivität sind bislang jedoch nicht bekannt. Darüber hinaus wurde zusätzlich zur Maische-Enzymierung eine vorgelagerte 5 minütige Maische-Erhitzung auf 85 °C (enzyme + heat treatment) und damit eine Thermoplasmolyse, ein thermisch bedingtes Aufplatzen der Zellen, untersucht. Gemäß Abbildung 2 verbessert insbesondere eine Maische-Enzymierung das antioxidative Potenzial. Untersuchungen anhand der chemischen Messmethoden Gesamtpolyphenolgehalt und ORAC-Test zeigten, dass eine kombinierte Behandlung aus Maische-Enzymierung und -Erhitzung am effektivsten ist. Untersuchungen auf Basis des biologischen CAA-Tests zeigen dagegen eine vergleichbare Verbesserung der antioxidativen Aktivität durch die beiden Verfahrensvarianten Maische-Enzymierung und -Erhitzung im Vergleich zum Standardverfahren. Somit konnte erstmals nachgewiesen werden, dass insbesondere eine Enzymbehandlung von Beerensaftmaischen die intrazelluläre antioxidative Aktivität innerhalb menschlicher Zellen verbessert. Darüber hinaus wurden bekannte Vorteile der Maische-Enzymierung bestätigt: der Ertrag, Extrakt- sowie der Vitamin C Gehalt wurden durch diese Verfahrensvariante gesteigert, die Trübung im Endgetränk gesenkt und die Viskosität signifikant reduziert, wodurch die Prozesszeit beim Pressen verringert werden kann. Die genauen Ergebnisse können in der erschienen Veröffentlichung detailliert nachgelesen werden.

Darauf aufbauend wurden zahlreiche weitere Maische-Hitzebehandlungen intensiv untersucht sowie eine thermische Behandlung der tiefgefrorenen Rohware. Gerade die thermische Behandlung der Rohware zeigte anhand dreier untersuchter Beerenarten positive Effekte auf das antioxidative Potenzial bei gleichbleibenden charakteristischen Safteigenschaften und wurde in das letztlich zu entwickelnde Herstellungsverfahren integriert. Dieser thermische Behandlungsschritt setzt sich aus einem 2-stufigem Übergießen der Rohware mit 95 °C heißem Wasser für 2 und 1,5 min zusammen (=Blanching). Ebenfalls positive Effekte bzgl. des antioxidativen Potenzials im Endgetränk zeigte eine Zerkleinerung der Maische zu einem Püree vor dem Maische-Erhitzungsschritt. Ultraschallbehandlungen von Beerenmaischen erwiesen sich dagegen nicht als zielführend. Das letztlich resultierende, im Projektziel angestrebte Herstellungsverfahren setzt sich somit aus den Prozessschritten gemäß Abbildung 3 zusammen.

Stevia rebaudiana Bertoni ist ein natürliches Süßungsmittel, das dazu beitragen kann, die Kalorienmenge zu reduzieren. Stevia ist zudem eine potenzielle Quelle an antioxidativen Inhaltsstoffen. Es wurde bereits im Vorfeld recherchiert, dass von den auf dem Markt verfügbaren aufgereinigten Steviolglykosid-Produkten kein antioxidatives Potenzial zu erwarten ist. Daher wurden in diesem Projekt direkt oder mit Extrakten aus getrockneten Stevia-Blättern aus ökologischem Anbau gearbeitet. Zusätzlich wurden unterschiedliche Zugabezeitpunkte während des Herstellungsprozesses dreier unterschiedlicher Beerensaftgetränken untersucht. Die Auswirkungen fielen in Abhängigkeit der Beerenart unterschiedlich stark aus. Insbesondere für Himbeersaftgetränke konnte eine Zugabe des Steviablatt-Extraktes bei einer Reduzierung des Zuckergehaltes um 10 % das antioxidative Potenzial sowohl auf chemischer als auch auf biologischer Ebene signifikant verbessern. Die Untersuchungen zeigten somit, dass ein Stevia-Zusatz nicht nur aufgrund einer Reduzierung des Zuckergehaltes ernährungsphysiologisch wertvoll sein kann, sondern zusätzlich das antioxidative Potenzial von Fruchtsaftgetränken verbessern kann und dadurch einen Einsatz von Stevia bei der Herstellung natürlich gesüßter Getränke weiter begünstigt.

Publikationen zum Forschungsbericht

Bender, C.; Killerman, K. V.; Rehmann, D.; Weidlich, H. H. (2016): Effect of mash enzyme and heat treatment on the cellular antioxidant activity of black currant (Ribes nigrum), raspberry (Rubus idaeus), and blueberry (Vaccinium myrtillus) juices. In: CyTA – Journal of food, DOI: 10.1080/19476337.2016.1247914

Publikationen

  • Cecilia Bender, Dipl.-Ing. (Univ.) Karina Killermann, Prof. Dr. Dirk Rehmann, Helmut H. Weidlich

    • Berechtigungen:  Open Access
    • Berechtigungen:  Peer Reviewed

    Effect of mash enzyme and heat treatments on the cellular antioxidant activity of black currant (Ribes nigrum), raspberry (Rubus idaeus), and blueberry (Vaccinium myrtillus) juices (2016) CyTA - Journal of Food 15 (2), S. 277-283. DOI: 10.1080/19476337.2016.1247914

    The aim of this study was to determine the effect of mash enzymatic maceration and heating treatments before pressing on the antioxidant activities in selected berry juices. Total phenolic contents were determined by the Folin–Ciocalteau assay, antioxidant activities were determined by means of the oxygen radical absorbance capacity (ORAC) assay, and the intracellular antioxidant potentials were determined through the cellular antioxidant activity (CAA) assay. Blueberry juices exhibited the highest antioxidant activity, followed by black currant and raspberry juices. The mash enzyme treatment with Pectinex® Ultra Color enzyme preparation, improved the antioxidant activities in vitro. ORAC values correlated with CAA values (R2 = 0.91) and a slightly positive correlation was observed between Folin–Ciocalteau and CAA assays (R2 = 0.56). The findings support the observation that the mash enzymatic treatment of macerated fruits enhances their antioxidant activity. Considering the chemical assays (ORAC and total phenolic content), a combined treatment with heating to 85°C followed by mash enzymatic treatment was the most effective. Considering a biological model through the CAA assay, however, a comparable improvement in antioxidant activity resulted from the enzymatic and the combined treatments. Overall, the data showed that maceration enzymatic treatment improves the intracellular antioxidant activity in HepG2 human cells. To the best of our knowledge, this is the first report on the effect of the antioxidant potential of mash enzymatic and heating treatments assessed by means of a cellular approach.

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