• Laufzeit: 01.01.2014 – 31.05.2015
  • Schwerpunkt: Umweltvorsorge
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Natur- und Artenschutz mit der Regierung von Oberfranken und der Region Karlsbad (CZ)

Die Anforderungen an die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Planungs- und Genehmigungsverfahren mit erheblichen Umweltauswirkungen auf das Nachbarland, insbesondere im Bereich des Europäischen Arten- und Gebietsschutzes (Natura 2000) nehmen beständig zu. Bei Planungen und Vorhaben ist dabei das Nachbarland nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit bzw. aufgrund geltenden Gemeinschaftsrechts zu beteiligen. Der dafür vorgesehene rechtliche und organisatorische Rahmen führt häufig zu Unsicherheiten im Vollzug und infolge dessen zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen, im schlimmsten Fall zu Verfahrensmängeln. Eine grenzüberschreitende Beteiligung ist grundsätzlich komplex und verursacht deutlich höheren Aufwand als vergleichbare innerstaatliche Beteiligungsverfahren. Deshalb wird eine grenzüberschreitende Beteiligung häufig nur eingeschränkt durchgeführt. Dies betrifft auch den Grenzraum Bayern – Tschechien.

Titelbild Schlussbericht | Bildautoren - oben: Luchs - Jutta Böhm, Vögel - Christoph Moning, Flussperlmuschel - Peter Blum; mittlere Reihe: Christoph Moning; untere Reihe, v.l.n.r.: DB Mediathek / Volker Emersleben, Joachim Pander, Anette Fogy-Gruber

Zielsetzung

Ziel des Projekts war es, die fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Fragen des Natur- und Artenschutzes bei Planungs- und Genehmigungsverfahren zu ermitteln und dahingehend zu optimieren, dass eine hohe Qualität der Zusammenarbeit und zügige, rechtssichere Verfahren sichergestellt werden. Als Ergebnis sollte eine Handlungsanleitung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Planungs- und Genehmigungsverfahren und beim Schutzgebietsmanagement mit harmonisierten Kriterien und umweltfachlichen, auf den gesamten Grenzraum übertragbaren Standards und Verfahrenshinweisen insbesondere für lokale Akteure (Gemeinden und Landkreise) erstellt werden.

Vorgehensweise

Das Projekt gliederte sich in folgende Teilschritte: 1. Darstellung von Verwaltungsstrukturen, Verfahrensabläufen, naturschutzfachlichen Prüfverfahren sowie vorhandener Daten und Planungsgrundlagen der beiden Partnerregionen 2. Definition häufig auftretender Vorhabens- und Planungstypen (grenzüberschreitend, mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt) 3. Definition der für den Untersuchungsraum europarechtlich relevanten Arten, Hinweise für die Einschätzung ihrer möglichen Betroffenheit durch bestimmte Vorhaben (Prüfradien, Wirkräume) 4. Auswertung von Fallbeispielen (u. a. Anwendung vorgeschlagener Wirkräume, Ermittlung hemmender bzw. fördernder Faktoren für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit) 5. Bereitstellung und Austausch von fachlichen Daten zwischen den Partnerregionen 6. Handlungsempfehlungen für eine Optimierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Berücksichtigung von Naturschutz- und Artenschutzbelangen

Handlungsempfehlungen zur Optimierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Natur- und Artenschutz

Die Regierung von Oberfranken und der Bezirk Karlsbad haben gemeinsam beschlossen, die Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes bei Planungen und Vorhaben, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben können, im Sinne gutnachbarschaftlicher Beziehungen zu optimieren. Zur Sicherstellung zügiger, rechtssicherer Verfahren bedarf es daher der Abstimmung über ein frühzeitiges und einheitliches Vorgehen in beiden Institutionen, vor allem hinsichtlich der zu betrachtenden Vorhabentypen, der relevanten Arten und der Untersuchungsräume bzw. Prüfräume. Mit den Empfehlungen soll ein fachlicher Austausch auf partnerschaftlicher Ebene vorgeschaltet bzw. parallel zu den offiziellen Wegen gefördert werden. Es geht nicht darum, vorgeschriebene Verfahrenswege zu verändern. Die Handlungsempfehlungen zeigen auf, inwieweit die fachlichen Ziele, nämlich die weitgehende Berücksichtigung europäisch geschützter Arten auf dem Gebiet des Nachbarlandes sowie europäischer Schutzgebiete (FFH-Gebiete) im Grenzraum des Nachbarlandes während der Planungs- und Genehmigungsphase von Vorhaben erfolgen kann. Gleichzeitig sollen die Verfahren und die Beteiligung der Nachbarn möglichst „schlank“ ausgestaltet werden, d. h. der bürokratische und der Organisationsaufwand sollen gering gehalten werden. Diese Empfehlungen wurden mit den Projektpartnern abgestimmt. Sie beinhalten einen Vorschlag für ein „standardisiertes“ Vorgehen zur Prüfung, ob und in welchem Umfang eine Beteiligung des Nachbarn notwendig wird. Dazu erfolgte eine Festlegung von Vorhabentypen, bei deren Planung/Genehmigung grundsätzlich eine grenzüberschreitende Beteiligung erfolgen soll, eine Verständigung über zu betrachtende Arten bzw. Artengruppen, und anzulegende Prüfradien. Darüber hinaus wurden Vorschläge für eine Optimierung der organisatorischen Rahmenbedingungen für eine grenzüberschreitende Beteiligung dargestellt.

Festlegung von Vorhabentypen Grundsätzlich sind solche Vorhaben und Planungen zu betrachten, die erhebliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt mit sich bringen können, die überwiegend raumwirksam sind und die häufig auftreten. Es können Vorhaben i.e.S. oder Raumplanungen wie z. B. Flächennutzungspläne, Bebauungspläne (Bayern) oder Gebietspläne (Tschechische Republik) sein. Gemäß der Zielsetzung des Forschungsprojektes werden Empfehlungen insbesondere für Vorhaben ausgesprochen, die nicht der UVP-Pflicht unterliegen. Die Regierung von Oberfranken und der Bezirk Karlsbad haben sich in der Sitzung im Mai 2014 auf spezifische Vorhabentypen geeinigt, bei denen grundsätzlich eine Information durchzuführen und die Notwendigkeit einer Beteiligung des Nachbarn zu prüfen ist.

Feststellung möglicher Betroffenheit An die Prüfung, ob es sich um einen der festgelegten Vorhabentypen handelt, schließt sich die Prüfung einer möglichen Betroffenheit an. Ein grundsätzlicher Entscheidungsaspekt ist die räumliche Lage des Vorhabens zur Grenze. Hierzu wird eine nach Entfernung gestufte Vorgehensweise vorgeschlagen. a) Lage des Vorhabens in einer Entfernung bis zu 1 km zur Landesgrenze In diesem Fall ist in der Regel davon auszugehen, dass erhebliche Auswirkungen auf Umwelt und Arten des anliegenden Grenzraums auftreten können. Die jeweilige Institution des Landes, auf deren Gebiet das Vorhaben geplant oder durchgeführt wird (Regierung von Oberfranken oder Bezirk Karlsbad), übernimmt in diesem Fall eine aktive Rolle. Die Auswertung der naturschutzfachlichen Daten beinhaltet die Prüfung der Betroffenheit von Arten und Artengruppen, Schutzgebieten, Natura 2000-Gebieten und naturschutzfachlich bedeutsamen Gebieten. Als Grundlage dazu dienen die zwischen den Partnern vereinbarten Artenlisten, die empfohlenen Prüfräume sowie die weiteren im Vorhaben erstellten Kartengrundlagen und Datensätze. b) Lage des Vorhabens in einer Entfernung von 1 km bis zu 10 km zur Landesgrenze In dieser räumlichen Entfernung können erhebliche Auswirkungen auf Arten/die Umwelt auftreten. Ob diese tatsächlich auftreten, ist abhängig von den im Gebiet vorkommenden Arten und deren Ansprüchen, insbesondere deren Aktionsradius, aber auch von der Art des Vorhabens. Bei Vorhaben und Planungen in dieser Entfernungsstufe ist daher eine differenziertere Vorgehensweise notwendig. Um zu einer zügigen und effizienten grenzüberschreitenden Beteiligung zu kommen, wird eine „Vorabstimmung“ vorgeschlagen, die sich an das Scoping nach § 5 UVPG anlehnt. In diesem Fall übernehmen beide Institutionen eine aktive Rolle. Nur für die betroffenen Arten und den vereinbarten Untersuchungsraum erfolgt anschließend eine Untersuchung bzw. eine Stellungnahme des jeweiligen Partners. Als Grundlage dienen die zwischen den Partnern vereinbarten Artenlisten und die empfohlenen Prüfräume, die ergänzenden Hinweise zu den Vorhabentypen sowie die weiteren im Vorhaben erstellten Kartengrundlagen und Datensätze – allerdings mit dem Hinweis auf Aktualitätsprüfung, dies betrifft insbesondere Angaben zu Artvorkommen. c) Lage des Vorhabens in einer Entfernung von mehr als 10 km zur Landesgrenze Aufgrund der räumlichen Distanz sind erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt in diesem Fall seltener anzunehmen, jedoch nicht vollständig auszuschließen, z. B. für wandernde Arten oder Arten mit größerem Aktionsradius. Auch können beispielsweise Flugkorridore betroffen sein, die jenseits der 10 km Marke liegen. Die federführende Behörde muss im Einzelfall entscheiden, ob die fachliche Notwendigkeit zu einer grenzüberschreitenden Abstimmung besteht bzw. zutrifft und eine grenzüberschreitende Beteiligung vorzunehmen ist. Hinweise zur Prüfung von Arten und Artgruppen Die Prüfung einer möglichen Betroffenheit von Arten und Artengruppen erfolgt mittels der abgestimmten Artenlisten und den empfohlenen Prüfradien. Gegenstand der grenzüberschreitenden Beteiligung sind die europarechtlich relevanten Tierarten (FFH-Anhang II und IV-Arten, europäische Vogelarten) und (Schutz-)Gebiete. Im Rahmen des Projektes erfolgte in mehreren Schritten eine Abstimmung zwischen den Projektpartnern (Regierung von Oberfranken und Bezirk Karlsbad) darüber, welche Arten bzw. Artengruppen im Grenzraum tatsächlich vorkommen und regelmäßig bei grenzüberschreitenden Vorhaben zu berücksichtigen sind. Ergebnis war eine Liste mit spezifisch aufgezählten Tierartengruppen (siehe Abschlussbericht) Ergänzende Hinweise zu den Vorhabentypen als Hilfestellung für das Screening Bei Vorhaben zwischen 1 und 10 km Entfernung zur Grenze wird ein gemeinsames Screening zur Abstimmung über zu behandelnde Arten und räumlicher Betrachtungstiefe empfohlen. In den Handlungsempfehlungen werden exemplarisch Aspekte für verschiedene Vorhabentypen, die im Rahmen des Screening diskutiert werden können, genannt. In diesem Zusammenhang sind auch insbesondere Hinweise zu vorhabenspezifischen Auswirkungen auf Arten zu beachten. Optimierung der organisatorischen Rahmenbedingungen Neben der oben genannten vereinbarten fachlichen Vorgehensweise gibt es eine Reihe von organisatorischen Aspekten, die zur Optimierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern geregelt werden sollten: - Festlegung von Ansprechpartnern / Zuständigkeiten - Behördeninformation - Internetplattform - Sprachbarrieren abbauen - Abstimmung über zeitliche Abläufe - Gegenstand der Beteiligung / Inhalte des Online-Formulars - Abstimmung über die Beteiligung der Öffentlichkeit - Datenaustausch

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