• Laufzeit: 01.07.2010 – 31.12.2013
  • Schwerpunkt: Nachwachsende Rohstoffe
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Neue Verfahren zur Spaltung, Isomerisierung und Funktionalisierung von olefinischen Fettsäuren für die Herstellung von olefinischen Spezialchemikalien

Pflanzenöle stellen heute die wichtigste Quelle von Rohstoffen zur Herstellung einer reichhaltigen Palette von Waschmitteln und Tensiden dar. Auch die Einführung von fortgeschrittenen Katalyseverfahren zur Verwendung von Ethylen aus der Petrochemie hat daran kaum etwas ändern können. Anders ist die Lage beim Einsatz für die Herstellung von Kunststoffen. Neben Linoleum wird lediglich Rilsan® in großem Umfang aus Pflanzenölen als Rohmaterial gewonnen. Rilsan® gehört zur Familie der Nylonsorten (Nylon 11). Für seine Herstellung wird in erheblichem Umfang aus dem Öl der Rizinuspflanze ein Zwischenprodukt, die ωω-Undecensäure, produziert. Somit ist diese Nylonsorte eine der wenigen Kunststoffsorten, die vollständig auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden. Dies ist jedoch ein nicht verallgemeinerungsfähiger Spezialfall, der der speziellen Chemie der Ricinolsäure geschuldet ist, denn nur sie ist thermisch spaltbar und liefert ωω-Undecensäure, eine endständig-olefinische Carbonsäure. Säuren anderer pflanzlicher Öle können das nicht.

Abb. 1: Formelbild

Die Kapazitäten dieser Verfahren sind begrenzt, obwohl kein Rohstoffmangel besteht. Damit wird dieser Prozess aber trotzdem zu einem Flaschenhals für andere Verwendungen, etwa im Bereich der Kunststoffe oder der Silicium-haltigen Additive, wo es ein bekanntes Produkt direkt auf Basis der ωω-Undecensäure gibt. Daraus erwächst die Problemstellung, die viel häufigeren Fettsäuren wie Ölsäure, die in riesigen Mengen auch aus Raps gewinnbar ist, dafür nutzbar zu machen, dass sie entweder ω-Undecensäure selbst liefern oder eine andere vergleichbare endständig olefinische Carbonsäure.

Tabelle: Iridium-katalysierte isomerisierende Silylierungsreaktionen

Ergebnisse des Forschungsprojektes

Ursache für das Interesse an der ωω-Undecensäure ist die Lage der Doppelbindung darin am Ende des Moleküls. Doppelbindungen am Ende einer Kohlenstoffkette sind erheblich reaktiver und können dann leicht für weitere Umsetzungen dienen, um sog. bifunktionelle Verbindungen herzustellen, den Ausgangsprodukten für Nylon-Sorten oder den erwähnten Additiven. Im Gegensatz dazu haben die meisten natürlichen ungesättigten Fettsäuren eine ungünstige Lage ihrer Doppelbindung. Sie liegt mitten im Molekül an der Stelle des 9. Kohlenstoffatoms oder höher. Ein Prozess zur Isomerisierung dieser internen Doppelbindung in handelsüblichen Ölsäurederivaten aus Raps oder Sonnenblumen zu einer endständigen Doppelbindung wäre daher wünschenswert (Abb.1). In einem im Februar 2011 begonnenen Verbundprojekt mit dem Fraunhofer Institut für Chemische Technologie (ICT) sowie der Firma Wacker wurden Fragestellungen zur Herstellung eines Additivs bearbeitet. Im Projektteil des Fachgebiets für Organische und Analytische Chemie am Wissenschaftszentrum Straubing wurden speziell die geschilderten Isomerisierungsprozesse untersucht. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, etwaige entstehende endständige Olefine mit Siliciumwasserstoffverbindungen abzufangen, um sie als interessante neue Produktgruppe der Ölsäurebasierten Siliziumadditive zu erschließen. Dazu wurden Edelmetallkatalysatoren hergestellt und in kleinem Maßstab auf eine Isomerisierung getestet. Bevor nach neuen Katalysatorsystemen und Abfangreaktionen zur isomerisierenden Hydrosilylierung gesucht werden konnte, mussten reine Referenzsubstanzen unabhängig synthetisiert werden, um eine fehlerfreie Identifikation der gewünschten Zielverbindungen in komplexen Produktgemischen der Isomerisierungsansätze zu ermöglichen. Insbesondere ging es dabei um die Charakterisierung dieser Eichsubstanzen und Erfassung ihrer eindeutigen gaschromatographischen und massenspektrometrischen Daten. Dazu wurde Octadec-17-ensäuremethylester, das endständige Doppelbindungsisomer des Ölsäuremethylesters, aus 11-Bromundecansäuremethylester hergestellt. Neben den gängigen spektroskopischen Methoden wurde die Identität noch zusätzlich über die Derivatisierungsreaktion mit Dimethyldisulfid abgesichert. Die entstandene Additionsverbindung zeigte charakteristische Daten, die nur dadurch entstehen konnten, dass die Doppelbindung des Ausgangsmaterials an der terminalen Position war. Octadec-17-ensäuremethylester und Triethylsilan wurden anschließend unter Iridium-Katalyse zu der Zielverbindung 18-(Triethylsilyl)octadec-17-ensäuremethylester umgesetzt. Dabei wurde das Vinylsilan als diastereomere Mischung im Verhältnis E/Z = 1:4 erhalten. Die Identität dieser Eichsubstanzen wurde zusätzlich durch NMR-Spektroskopie abgesichert. Um diese von den entsprechenden intern silylierten Isomeren unterscheiden zu können, wurden die regioisomeren 9- und 10-(Triethylsilyl)octadec-9-ensäuremethylester über die Hydrosilyierung von Stearolsäure, einer Fettsäure mit Dreifachbindung synthetisiert. Theoretisch können bei der Hydrosilylierung interner Alkine vier Isomere entstehen, bei denen die Silylgruppe an beide Kohlenstoffatome der Doppelbindung jeweils in E- oder Z-Geometrie gebunden sein kann. Weil aber von einer extrem starken Z- und geringen Regioselektivität des verwendeten Ruthenium-Katalysators berichtet wurde, sind hier vermutlich zwei regioisomere, Z-konfigurierte Carbonsäuren entstanden. Bei der Methodenentwicklung zur Katalysatorentwicklung konnte von verschiedenen Erfahrungen und literaturbeschriebenen Beobachtungen ausgegangen werden. Von Speier und auch von Behr wurden bereits vor langer Zeit diverse Platin und Kobaltverbindungen ohne viel Erfolg auf die Hydrosilylierung von Ölsäure getestet. Eine Isomerisierung wurde nur spärlich beobachtet. Eine von LU und FALCK beschriebene Methode[1] zur dehydrogenierenden Silylierung von terminalen Alkenen mit Iridium stellte sich schnell als ungeeignet in Bezug auf intern ungesättigte Fettsäureester heraus: mit einem typischen Reaktionssystem aus Ölsäuremethylester als Edukt, [Ir(OMe)(cod)]2 als Katalysator, Norbornen als Opferalken und Triethylsilan ergaben sich selbst bei Anwendung höherer Temperatur und deutlich längerer Reaktionszeit lediglich 15 % silylierte Produkte (Tabelle, Eintrag 1). Deren GC-Retentionszeit und Massenspektren waren identisch mit denen der intern silylierten Eichsubstanz, es handelte sich somit ausschließlich um eine Silyierung an der internen Position mit schlechter Ausbeute. Diese Methode erwies sich daher zunächst als uninteressant. Durch Testen verschiedener Modifikationen der Reaktion unter Beibehaltung des Iridiums als Katalysemetalls ergab sich jedoch der interessante Hinweis, dass die Ausbeuten stark vom Anteil der Base Bipyridin abhängen, wobei ein geringerer Anteil von Vorteil war. In letzter Konsequenz konnte das bedeuten, dass der komplette Verzicht auf diese Base die Reaktion nicht beeinträchtigt. Letzlich führte dieses Vorgehen zum Erfolg (Tabelle, Eintrag 3). Zwar blieb die Ausbeute an internen Produkten in etwa konstant, jedoch konnten auch zwei endständig silylierte Produkte detektiert werden, die in jeder Hinsicht identisch waren mit denen der oben beschriebenen terminalen Eichsubstanz. Die weitere Ausarbeitung der Reaktion führte zu einer hervoragenden Zusammensetzung der Reaktionsmischung aus 12 % Edukt, 6 % Stearinsäuremethylester, 13 % internes Produkt und 69 % der gewünschten terminal silylierten Produkte. Offensichtlich war der verwendete Iridium-Katalysator in der Lage, sowohl die Verschiebung der Doppelbindung ans terminale Ende, als auch die dort stattfindende Silylierung zu katalysieren und dabei gute Ausbeuten zu erzielen.[2] Als Wermutstropfen bleibt zu erwähnen, dass in Abwesenheit des Opferalkens die Silylierungs-Aktivität vollständig zusammenbricht, es blieb nur Hydrier-Aktivität übrig (Tabelle, Eintrag 4). Neben Triethylsilan wurden auch andere Silane verwendet, insbesondere mit sterisch anspruchsvollen Alkylresten. Mit Triisopropylsilan (Tabelle, Eintrag 6) konnten nur noch Spuren des gewünschten Produktes nachgewiesen werden, mit tert-Butyldimethylsilan (Tabelle, Eintrag 7) gingen Umsatz und Selektivität moderat zurück. Als Wermutstropfen bleibt zu erwähnen, dass in Abwesenheit des Opferalkens die Silylierungs-Aktivität vollständig zusammenbricht, es blieb nur Hydrier-Aktivität übrig (Tabelle, Eintrag 4). Neben Triethylsilan wurden auch andere Silane verwendet, insbesondere mit sterisch anspruchsvollen Alkylresten. Mit Triisopropylsilan (Tabelle, Eintrag 6) konnten nur noch Spuren des gewünschten Produktes nachgewiesen werden, mit tert-Butyldimethylsilan (Tabelle, Eintrag 7) gingen Umsatz und Selektivität moderat zurück. Die Betrachtung der Ergebnisse zeigte, dass die Iridium-katalysierte isomerisierende Silylierung sehr vom eingesetzten Silan abhing. Während Triethylsilan gute Ausbeuten lieferte, gab bereits Triisopropylsilan HSi(iPr)3 nur sehr mäßige Ausbeuten an Produkt. Die Ergebnisse erklären aber nicht, wieso Alkoxysilane wie HSi(OEt)3 hier völlig unreaktiv sind. Hier verbirgt sich ein tiefergehendes Problem, für das erst kürzlich ein Ansatz gefunden worden ist, indem wir vom Iridium weg und wieder zu Palladium und Platin als Metallkatalysatoren gingen.

Veröffentlichungen

[1.] Lu, B.; Falck, J. R. J. Org. Chem. 2010, 75, 1701-1705. [2.] Huber, T.; Firlbeck, D.; Riepl, H. M. J. Organomet. Chem. 2013, 744, 144-148.

Promotionen

Neue Nahtstellen zwischen Silicium- und Oleochemie: Übergangsmetallkatalysierte isomerisierende Silylierungsreaktionen an ungesättigten Fettchemikalien

Promovierende Person
Dr. rer. nat. Thimo Huber
Forschungsschwerpunkt
Nachwachsende Rohstoffe
Zeitraum
01.01.2011 – 28.04.2017
Wissenschaftlich betreuende Person (HSWT)
Prof. Dr. Herbert Riepl
Einrichtung
Standort Straubing für nachhaltige Ressourcennutzung
Fakultät Umweltingenieurwesen
Wissenschaftlich betreuende Person (extern)
Prof. Dr. Volker Sieber
Technische Universität München

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