Wälder der Kalkalpen - Strategien für die Zukunft (StratALP)
Die Wälder der Nördlichen Kalkalpen sind aufgrund standörtlicher Ungunst und ihrer Nutzungsgeschichte auf bedeutenden Flächen in einem forstlich unbefriedigenden Zustand. Zum Teil sind sie überaltert und weisen trotz standortsgerechter Baumartenmischung im Altbestand keine ausreichende Verjüngung auf. Noch kritischer ist die Situation in strukturarmen, fichtendominierten Beständen. Hier droht im Falle von Kalamitäten der Verlust von Stabilität sowie der Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtswirkungen. Für die Forstpraxis ist die Wiederherstellung und vorausschauende Sicherung der Waldfunktionen in überalterten und strukturverarmten Beständen vordringlich. Das INTERREG-Projekt »Wälder der Kalkalpen – Strategien für die Zukunft« (StratALP) erarbeitete Strategien zur vorausschauenden Stabilisierung der Bergwälder in den Nördlichen Kalkalpen.
Projektziel
Unter Beteiligung der Universität für Bodenkultur Wien (Institut für Waldökologie), der Technischen Universität München (Fachgebiet für Waldernährung und Wasserhaushalt) und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (Fakultät für Wald und Forstwirtschaft) wurden im Rahmen des INTERREG-Verbundvorhabens länderübergreifend Lösungen für die Waldbehandlung überalterter, strukturarmer, fichtendominierter und störungsanfälliger Bergwälder auf kalkalpinen Standorten in den Nördlichen Kalkalpen erarbeitet. Hierbei wurden, aufbauend auf den Ergebnissen der Vorgängerprojekte »Standortsicherung im Kalkalpin« (SicAlp) und »Waldinformationssystem Nordalpen« (WINALP), Methoden zur Bewertung von Waldstandorten hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit für Standortsdegradation erarbeitet und in Beispielsgebieten verifiziert sowie Empfehlungen zur nachhaltigen Bewirtschaftung und Vorausverjüngung von Bergwäldern in den Kalkalpen entwickelt. Damit sollen die Waldfunktionen langfristig gesichert und die Bergwälder stabil für die Zukunft gemacht werden.
Projektinhalte
1. Risikoabschätzung für Standortsdegradation Wie empfindlich sind Waldstandorte für Standortsdegradation? Zur Abschätzung des Risikos für Standortsdegradation (z. B. Nährstoffverluste, Humusschwund) wurden Methoden zur Bewertung von Waldstandorten erarbeitet und in Beispielgebieten verifiziert. Dazu wurden alle verfügbaren Standort- und Bestandesinformationen in einem GIS zusammengeführt. Die benötigten Standortinformationen wurden aus flächigen Geodaten (z. B. Waldtypenkarte, Substratkarte, Digitales Geländemodell) abgeleitet. Hochwertige, an Punkten im Gelände erhobene Daten lieferten Informationen zur Vegetation und zum Boden. Der Zustand des aufstockenden Bestandes (z. B. Baumartenzusammensetzung, Beschirmungsgrad, Verjüngungsanteil, Stufigkeit des Bestandes) wurde mit Hilfe von Forstinventurdaten, Luftbildern und Laserscannerdaten erfasst. Für Beispielgebiete wurden alle verfügbaren Standort- und Bestandesinformationen verschnitten, um den forstlichen Handlungsbedarf sowie dessen Dringlichkeit zu bewerten. Bei beschränkter Ressourcenverfügbarkeit konnten so die einzusetzenden Mittel gezielt dort verwendet werden, wo sie die größte Wirkung entfalteten. 2. Nährstoffnachhaltige Bewirtschaftung Die Nährstoffnachhaltigkeit spielt in Bergwäldern eine besondere Rolle. Insbesondere flachgründige Karbonatstandorte im Kalkalpin können von Phosphor-, Stickstoff- und Kaliummangel betroffen sein. Zur Sicherung einer nährstoffnachhaltigen Waldwirtschaft wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Forstwirtschaft durch Steuerung der Ernteentzüge die Standortsqualität erhalten kann. Dazu wurden der Holzvorrat sowie die Rinden- und Kronenraumbiomasse aus Daten der Forstinventur (Baumart, Alter, Stammzahl, BHD, Höhe) über Biomassefunktionen abgeleitet und die Nährstoffvorräte berechnet. Für Stickstoff, Phosphor, Calcium, Magnesium und Kalium wurden einfache Nährstoffbilanzen erstellt und der Ertrag und Nährstoffentzug für typische Holzernteverfahren (Baumverfahren, Fixlängen, unterschiedliche Zopfung, mit/ohne Entastung im Bestand, etc.) gegenübergestellt. Darauf aufbauend wurden die verschiedenen Holzernteverfahren standortbezogen hinsichtlich ihres Risikos für Nährstoffverluste beurteilt. 3. Vorausverjüngung Vorausverjüngung wird für Wälder auf flachgründigen Karbonatböden als eine wesentliche vorbeugende Maßnahme gesehen, die beiträgt, aufwendige Sanierungsmaßnahmen zu vermeiden. Hierbei gilt es, negative Prozesse wie Humusschwund, Nährstoffverluste und Vergrasung gering zu halten. Das Wissen, wie und mit welchen Maßnahmen eine optimal zusammengesetzte Vorausverjüngung erzielt werden kann, ist jedoch derzeit nicht ausreichend standortspezifisch. Der Nutzen von Vorausverjüngung sollte an Beispielen dokumentiert werden. Hierzu sind vor allem Altbestände mit Verjüngung und Katastrophenflächen von Interesse, auf denen vor Eintritt des Schadensfalles bereits Vorausverjüngung vorhanden war. Quantitative Untersuchungen der Humusdynamik und des Kohlenstoff-, Wasser- und Nährstoffhaushalts lieferten die Basis für die Bewertung der Wald- und Bodenfunktionen (Erosionsschutz, Nährstoffnachhaltigkeit, Wirkung auf Abfluss und Wasserqualität). 4. Anlage von Demonstrationsflächen Wie SicAlp gezeigt hatte, ist Vorausverjüngung – speziell auch Pioniergehölze – oft in zu geringer Zahl vorhanden, um nach einer Katastrophe eine schnelle Bedeckung der Fläche zu ermöglichen, bevor es zu irreversiblen Bodenverlusten kommt. Häufig verhindern Konkurrenzvegetation und Wildverbiss das Ankommen der Verjüngung. Es wurden daher Vorausverjüngungsparzellen mit Kontrollzäunen als Demonstrationsflächen angelegt bzw. bereits etablierte Vorausverjüngungsflächen als Best practice-Beispiele untersucht. 5. Transfer in die Praxis In Bayern wurde StratALP im Projektgebiet eng mit den Aktivitäten der Bergwaldoffensive (BWO) verzahnt. Ziel der BWO ist es, den Schutzwald im Privat- und Körperschaftswald mit Hilfe vorbeugender, gezielter Pflegemaßnahmen so zu stärken, dass aufwendige Sanierungsmaßnahmen gar nicht erst entstehen. Ähnliche Bestrebungen verfolgt auf österreichischer Seite die »Initiative Schutz durch Wald« (http://www.isdw.at). In Tirol ist ein Ziel die Integration der Risikoabschätzung in die Walddatenbank. Damit wird sichergestellt, dass die Empfehlungen bei der Genehmigung von Nutzungen und der Gewährung von Fördermitteln durch die örtlich zuständigen Forstaufsichtsorgane berücksichtigt werden. Für Salzburg und Oberösterreich werden die Ergebnisse in eine Informationsbroschüre für standortsgerechte Waldbehandlung und Baumartenwahl in den Kalkalpen integriert. Für die Österreichischen Bundesforste besteht die Möglichkeit der Koppelung der Behandlungsstrategien an betriebsinterne Standortskarten und Operate. Der Transfer in die Forstpraxis wurde über einen durch Vertreter von Forstbehörden und Forstpraxis beschickten Fachbeirat und Stakeholderworkshops in den Regionen sichergestellt. Zusätzlich wurden Informationsveranstaltungen für Forstorgane und Waldbesitzer durchgeführt. Bei einer Abschlussveranstaltung wurden die erarbeiteten Strategien einem breiteren Interessentenkreis, der auch politische Entscheidungsträger umfasste, vorgestellt.
Publikationen
Reger, B., Katzensteiner, K., Mayer, M., Matthews, B., Pröll, G., Göttlein, A., Kohlpaintner, M., Weis, W., Ewald, J. (2013): StratALP macht Bergwälder fit für die Zukunft - Internationales Forschungsprojekt gestartet. LWF aktuell 95, 21-22.
Zusammenfassung
Die Wälder der Nördlichen Kalkalpen sind aufgrund standörtlicher Ungunst und ihrer Nutzungsgeschichte auf bedeutenden Flächen in einem forstlich unbefriedigenden Zustand. Das INTERREG-Projekt erarbeitete Strategien zur vorausschauenden Stabilisierung der Bergwälder in den Nördlichen Kalkalpen. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf entwickelte ein Verfahren,das Standortdaten (Gründigkeit des Mineralbodens, nutzbare Wasserspeicherkapazität, mittlere Nährstoffzahl, Bodentyp, Humusform) und aus Laserscanning gewonnene Daten zur Vertikalstruktur in einem logischen Modell verknüpft und im Maßstab 1:25.000 eine vierstufige Bewertung des Degradationsrisikos liefert, aus der forstlicher Handlungsbedarf abgeleitet wird. Bei beschränkter Ressourcenverfügbarkeit können so in der Forstpraxis die einzusetzenden Mittel gezielt dort verwendet werden, wo sie die größte Wirkung entfalten. Die Hinweiskarte eignet sich als Entscheidungshilfe für die Planung auf der Ebene größerer Betriebseinheiten.